Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Leto hielt den anderen Arm des ixianischen Prinzen fest, während Zhaz das Kennwort abfragte. Schließlich erschien eine Botschaft auf dem Bildschirm des biometrischen Scanners. Bestätigt: Graf Dominic Vernius.
»Zutritt gestattet«, sagte Rhombur ins Mikrofon. »Kommt herein. Mutter, was ist geschehen?«
Kailea wirkte erschüttert, als hätte sich plötzlich der Boden vor ihren Füßen geöffnet und all ihre Pläne für die Zukunft verschlungen. Die Neuankömmlinge rochen nach Schweiß, Rauch und Furcht.
»Deine Schwester wollte die Suboiden ermahnen, wieder an die Arbeit zu gehen«, sagte Shando, und eine Spur von Humor trat in ihre schmerzvolle Miene. »Das war keine gute Idee.«
»Aber einige wollten es wirklich tun ...« warf die junge Frau ein, während rote Zornesflecken zwischen den Rußspuren auf ihren Wangen erschienen.
»Bis einer eine Maula-Pistole zog und das Feuer eröffnete. Gut, dass der Mann nicht daran dachte, genau zu zielen.« Shando berührte die offene Wunde in ihrem Arm und zuckte vor Schmerz zusammen.
Dominic stieß die Wachen zur Seite und riss ein Medkit auf, um die Verletzungen seiner Frau zu versorgen. »Es ist gar nicht so schlimm, meine Liebe. Schon bald werde ich die Narben mit Küssen bedecken können. Aber du hättest dich niemals in solche Gefahr begeben dürfen.«
»Auch nicht, um Kailea zu retten?« Shando hustete, und Tränen funkelten in ihren Augen. »Du hättest dasselbe getan, um unsere Kinder zu schützen – selbst für Leto Atreides. Und wage nicht, mir zu widersprechen!«
Dominic wandte den Blick ab und nickte widerwillig. »Trotzdem regt es mich auf, wie nahe du dem Tod warst. Dann wäre mir nichts mehr geblieben, wofür ich hätte kämpfen können!« Er strich ihr übers Haar, und sie drückte seine Hand gegen ihre Wange.
»Doch, sehr viel, Dominic. Du hättest immer etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt.«
Als Leto das Gespräch verfolgte, erkannte er, was eine hübsche junge Konkubine dazu getrieben hatte, ihren Imperator zu verlassen, und warum ein Kriegsheld Elroods Zorn in Kauf genommen hatte, nur um sie heiraten zu können.
Draußen im verborgenen Korridor gingen die Soldaten wieder in Stellung und verriegelten die Zugangstür. Auf dem Überwachungsbildschirm sah Leto die anderen, die ein gewalttätiges Vordringen der Rebellen abwehren sollten und Laskanonen, Sensoren und sonische Verteidigungswaffen im Zugangstunnel aufbauten.
Rhombur war erleichtert, endlich seine Familie wiederzusehen, und umarmte Mutter, Vater und Schwester. »Alles wird wieder gut«, sagte er. »Ihr werdet sehen.«
Lady Shando wirkte trotz ihrer Verwundungen stolz und tapfer, obwohl salzige Spuren unter ihren Augen verrieten, dass sie Tränen vergossen hatte. Kailea blickte sich befangen zu Leto um, dann schlug sie die Augen nieder. Sie machte nun einen geschlagenen und zerbrechlichen Eindruck, nachdem sie ihre bisherige Unnahbarkeit verloren hatte. Er hätte sie gerne getröstet, aber er wagte es nicht. Im Augenblick schien alles zu unsicher, zu furchteinflößend.
»Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, Kinder«, sagte Dominic und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Die Situation verlangt nach verzweifelten Maßnahmen.« Sein kahlgeschorener Schädel war mit fremdem Blut beschmiert – dem eines Freundes oder Feindes? fragte sich Leto. Das zerfetzte Helix-Symbol baumelte an seinem Revers.
»Dann ist jetzt nicht die Zeit, uns Kinder zu nennen«, sagte Kailea mit überraschender Kraft. »Wir wissen, dass dieser Kampf kein Spiel ist.«
Rhombur stand aufrecht und in selbstbewusster Haltung neben seinem breitschultrigen Vater. Er wirkte plötzlich gar nicht mehr verhätschelt und füllig. »Und wir werden mithelfen, Ix zurückzuerobern. Vernii ist unsere Stadt, wir dürfen sie nicht aufgeben.«
»Nein, ihr drei werdet hierbleiben.« Dominic hob die breite, schwielige Hand, um Rhomburs Protest schon im Keim zu unterdrücken. »Die höchste Priorität hat die Sicherheit der Erben. Über diesen Punkt wird nicht diskutiert. Jeder Widerspruch hält mich nur länger von meinen Leuten fern, und im Augenblick sind sie dringend auf meine Führung angewiesen.«
»Ihr seid noch zu jung zum Kämpfen«, sagte Shando zu Rhombur und Leto. Ihr zartes Gesicht war hart und unerschütterlich geworden. »Ihr seid die Zukunft eurer beiden Häuser.«
Dominic kam zu Leto und schaute ihm in die Augen, als würde er den Atreides-Sohn erstmals als Mann betrachten. »Leto, dein Vater könnte es mir
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