Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Decks hörte er, wie die unruhige Jagdgesellschaft in ihren gepanzerten Uniformen umherschlurfte. Die Männer hatten Waffen mit Zielfernrohren mitgenommen. Sie schwatzten und lachten und waren bereit für die nächtliche Jagd.
Rabban war ebenfalls da oben.
Um dem jungen Duncan »eine faire Chance« zu geben, wie sie sich ausdrückten, hatte man ihn mit einem stumpfen Messer bewaffnet (damit er sich nicht verletzte, wie sie sagten), dazu eine Taschenlampe und ein kurzes Seil. Mehr brauchte ein achtjähriger Junge nicht, um einem Trupp professioneller Jäger der Harkonnens in ihrem eigenen Jagdrevier zu entkommen ...
Oben saß Rabban in einem warmen und gepolsterten Sitz und lächelte, als er an das verängstigte und hasserfüllte Kind im Frachtraum dachte. Dieser Duncan Idaho könnte gefährlich wie ein wildes Tier sein, wenn er größer und stärker wäre. Rabban musste anerkennen, dass der Junge für seine geringe Größe äußerst zäh war. Es war bewundernswert, wie er den Elite-Ausbildern der Harkonnens in den Eingeweiden von Barony entkommen war, vor allem der Trick mit der Suspensorröhre.
Der Kreuzer entfernte sich immer weiter von der Gefängnisstadt, fort von den ölverschmutzten Industrieanlagen, zu einem hoch gelegenen Wildreservat mit dunklen Kiefern und Sandsteinklippen, Höhlen, Felsen und Bächen. Die künstlich angelegte Wildnis beherbergte sogar einige Exemplare genetisch veränderter Fauna, brutale Raubtiere, die genauso gierig auf das zarte Fleisch eines kleinen Jungen waren wie die Harkonnen-Jäger.
Der Kreuzer landete auf einer geröllübersäten Wiese; das Deck neigte sich im steilen Winkel, bis die Stabilisatoren das Fahrzeug wieder in die Waagrechte brachten. Rabban schickte mit seinem Armbandgerät ein Signal.
Vor dem Jungen öffnete sich zischend die hydraulische Tür und befreite ihn aus seiner Zelle. Die kalte Nachtluft biss ihm in die Wangen. Duncan überlegte, ob er einfach ins Freie stürmen sollte. Er könnte schnell losrennen und sich im Kieferndickicht verstecken. Dort würde er sich in die trockenen braunen Nadeln eingraben und sich in einen ersehnten Schlaf fallen lassen.
Aber Rabban wollte, dass der Junge fortlief und sich versteckte; er wusste, dass er nicht weit kommen würde. Vorläufig musste Duncan nach seinem Instinkt handeln und sich von seiner Intelligenz beherrschen lassen. Es war noch zu früh für überraschende und gefährliche Aktionen.
Duncan wollte am Kreuzer warten, bis die Jäger ihm die Regeln erklärt hatten, obwohl er sich ziemlich genau denken konnte, was von ihm erwartet wurde. Die Arena war größer, die Jagd langwieriger und das Risiko dramatischer ... aber grundsätzlich ging es um dasselbe Spiel, für das er bereits in der Gefängnis Stadt ausgebildet worden war.
Hinter ihm glitt die obere Luke auf und offenbarte zwei Gestalten im Gegenlicht: einen Mann, in dem er den Jagdhauptmann aus Barony wiedererkannte, und der breitschultrige Mann, der Duncans Eltern getötet hatte. Rabban.
Der Junge wandte sich von der plötzlichen Helligkeit ab und sorgte dafür, dass seine Augen an die offene Wiese und das Dickicht der schwarznadligen Bäume angepasst blieben. Es war eine sternenklare Nacht. Er spürte einen stechenden Schmerz, der von seiner früheren harten Übung herrührte, aber er versuchte, jeden Gedanken daran aus seinem Geist zu verbannen.
»Die Forst-Wachstation«, sagte der Jagdhauptmann zu ihm. »Hier ist es wie Ferien in der Wildnis. Genieße es! Das ist ein Spiel, mein Junge – wir lassen dich hier frei, geben dir einen Vorsprung, und dann beginnen wir mit der Jagd.« Er kniff leicht die Augen zusammen. »Aber du solltest keine Fehler machen. Hier ist es anders als bei deinen Übungen in Barony. Wenn du verlierst, wirst du getötet, und Rabban wird deinen präparierten Kopf zu seinen anderen Trophäen an die Wand hängen.«
Der Neffe des Barons verzog die dicken Lippen zu einem breiten Grinsen. Rabban zitterte vor Aufregung und Vorfreude, und sein sonnenverbranntes Gesicht rötete sich.
»Und was ist, wenn ich entkomme?«, erwiderte Duncan mit heller Stimme.
»Das wirst du nicht«, antwortete Rabban.
Duncan fragte nicht weiter. Wenn er den Mann zu einer Antwort zwang, hätte er ihn sowieso nur angelogen. Falls ihm die Flucht gelang, müsste er sich seine eigenen Spielregeln schaffen.
Sie warfen ihn auf die frostige Wiese hinaus. Er hatte nur seine dünne Kleidung und die abgenutzten Schuhe dabei. Die nächtliche Kälte traf ihn wie
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