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Dune - Frühe Chroniken 02 - Das Haus Harkonnen

Dune - Frühe Chroniken 02 - Das Haus Harkonnen

Titel: Dune - Frühe Chroniken 02 - Das Haus Harkonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Herbert , Kevin J. Anderson
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immer längere Gespräche mit ihr.
    Trotzdem war sein Herz noch nicht wieder zum Leben erwacht. Er wusste von Kaileas Verrat, vom Mord an ihrer Hofdame, und dass die Frau, die er einmal geliebt hatte, aus dem Fenster gesprungen war. Aber er empfand keinen Hass auf sie, keinen Wunsch nach Rache ... nur eine lähmende Betrübnis. Der Funke des Lebens und der Leidenschaft war aus seinem Blick verschwunden.
    Doch Jessica wollte nicht aufgeben, und sie wollte auch nicht zulassen, dass er sich aufgab.
    Sie stellte ein Vogelhäuschen auf dem Balkon vor seinem Fenster auf, und Leto beobachtete die Zaunkönige, Steinsperlinge und Finken. Bestimmten Vögeln, die regelmäßig kamen, gab er sogar Namen. Für einen Mann, der keine Bene-Gesserit-Ausbildung hatte, war seine Fähigkeit, einfache Geschöpfe zu unterscheiden, beeindruckend.
    Eines Morgens, fast einen Monat nach der Explosion des Drachenschiffs, sagte er zu Jessica: »Ich will Victor sehen.« Seine Stimme klang eigenartig, tief und sehr bewegt. »Jetzt habe ich die Kraft dazu. Bring mich bitte zu ihm.«
    Ihre Blicke trafen sich. In seinen holzrauchgrauen Augen erkannte Jessica nichts, was ihr einen Ansatz gegeben hätte, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.
    Sie berührte seinen Arm. »Er ... sieht viel schlimmer als Rhombur aus. Sie müssen das nicht tun, Leto.«
    »Doch, Jessica ... ich muss es tun.«
     
    * * *
     
    In der Gruft dachte Jessica, dass die konservierte Leiche des kleinen Jungen beinahe friedlich wirkte. Vielleicht weil Victor im Gegensatz zu Rhombur an einem Ort war, wo er keinen Schmerz mehr empfand.
    Leto öffnete die Siegel und erschauderte, als ihm der eiskalte Nebel der Kryokammer entgegenschlug. Er legte seine rechte Hand auf die kalte bandagierte Brust des Jungen. Was er zu seinem toten Sohn sagte, blieb sein Geheimnis, da er keinen Laut von sich gab und seine Lippen sich nicht bewegten.
    Jessica bemerkte Letos tiefe Trauer. Er konnte nie mehr mit Victor zusammensein; er konnte nichts mehr tun, um dem Jungen ein guter Vater zu sein.
    Sie legte einen Arm um Letos Schulter, um ihn zu trösten. Ihr Herz pochte rasend, sodass sie sich mit einer Bene-Gesserit-Technik beruhigen musste. Trotzdem gelang es ihr nicht, denn sie hörte ein aufgeregtes Raunen in den tiefsten Regionen ihres Geistes. Was hatte das zu bedeuten? Es konnten nicht die Echos der Weitergehenden Erinnerungen sein, da sie noch keine Ehrwürdige Mutter war. Aber sie spürte, dass die alten Schwestern besorgt waren. Etwas beunruhigte sie so sehr, dass sich der Tumult bis in Jessicas Bewusstsein auswirkte. Was geht hier vor sich?
    »Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr«, sagte Leto wie in Trance. »Das Haus Atreides ist verflucht ... seit den Tagen des Agamemnon.«
    Sie drängte Leto widerstrebend aus der Totengruft und wollte ihn besänftigen, ihm sagen, dass er sich irrte. Sie wollte den Herzog daran erinnern, wie viel seine Familie geleistet hatte, wie sehr sie im ganzen Imperium respektiert wurde.
    Aber sie brachte kein Wort heraus. Sie hatte Rhombur, Victor und Kailea gekannt. Sie konnte Letos Befürchtungen nicht zerstreuen.

98
     
    Wir sind jederzeit Menschen und tragen die gesamte Last des Menschseins.
    Herzog Leto Atreides
     
     
    Der Wind peitschte den Regen gegen die Fenster von Letos Zimmer, während er von schweren Gedanken gequält wurde. Das Unwetter prasselte gegen die Steinwände, und es pfiff durch eine Ritze im Fensterrahmen. Der Sturm passte zu seiner Stimmung.
    Leto war allein in der Suite und saß zitternd in einem großen Sessel, der ihn zu erdrücken drohte. Hinter geschlossenen Augen stellte er sich Victors Gesicht vor, das schwarze Haar des Jungen, seine unersättliche Neugier, das fröhliche Lachen ... und die kleine herzogliche Jacke mit den übergroßen Schulterstücken, die er zum Zeitpunkt seines Todes getragen hatte.
    Während sich Letos Augen an die Dunkelheit gewöhnten, sah er überall im Zimmer drohende Schatten. Warum konnte ich meinem Sohn nicht helfen?
    Er ließ den Kopf hängen und sprach laut, als würde er sich mit Geistern unterhalten. »Wenn es nur irgendetwas gäbe, das ich für Victor tun könnte, würde ich sämtlichen Besitz der Atreides verkaufen.« Sein Kummer war überwältigend.
    Ein Geräusch drang in seine Gedanken, ein Pochen an der verschlossenen Tür. Es war so laut und energisch, dass es nur Thufir Hawat sein konnte. Leto bewegte sich langsam, kraftlos und unter Schmerzen. Seine Augen waren verquollen und gerötet. Normalerweise

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