Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
politische oder militärische Schachzüge gegen das Haus Richese. In einem überfüllten Raum hatte Piter de Vries zum ersten Mal Jessica gesehen, eine hübsche junge Frau, die im sechsten Monat mit einem neuen Atreides-Erben schwanger war. Das eröffnete völlig neue Möglichkeiten ...
»Mein lieber Baron«, schrieb er in einer Harkonnen-Geheimsprache, »ich habe festgestellt, dass die Konkubine Ihres Erzfeindes Leto Atreides zur Zeit im Palast weilt. Die Frau des Imperators hat sie unter ihre Fittiche genommen, angeblich als ihre Hofdame, aber dafür kann ich mir keinen vernünftigen Grund vorstellen. Sie scheint keine Verpflichtungen zu haben. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass sowohl diese Hure als auch Anirul Bene-Gesserit-Hexen sind.
Ich möchte einen Plan vorschlagen, der erhebliche Auswirkungen haben dürfte – auf der einen Seite Stolz und Zufriedenheit für das Haus Harkonnen, auf der anderen Schmerz und Leid für das Haus Atreides. Was könnten wir uns mehr wünschen?«
Er dachte wieder nach und beobachtete die Blutstropfen, die von der Decke fielen. Neben ihm auf dem Schreibtisch lag ein geöffneter Nachrichtenzylinder. Er schrieb weiter. »Es ist mir gelungen, meine Anwesenheit vor ihr zu verbergen. Diese Jessica fasziniert mich.«
Lächelnd erinnerte er sich, wie Letos Konkubine Kailea und ihr erstgeborener Sohn Victor im vergangenen Jahr ums Leben gekommen waren. Die Harkonnens hatten gehofft, dass der Herzog angesichts dieser zweifachen Tragödie wahnsinnig wurde, dass dem Haus Atreides auf immer das Rückgrat gebrochen wurde. Bedauerlicherweise schien sich Leto jedoch recht gut erholt zu haben. Sein jüngster Angriff auf Beakkal deutete darauf hin, dass er aggressiver und entschlossener war als je zuvor.
Aber wie viel zusätzliches Leid konnte ein fast zerstörter, verbitterter Mann ertragen?
»Jessica beabsichtigt, im Palast zu bleiben und hier ihr Kind zur Welt zu bringen. Obwohl sie ständig von den anderen Hexen bewacht wird, glaube ich, dass ich eine Gelegenheit finden könnte, mich in ihre Gemächer zu schleichen und das Neugeborene zu töten – und wenn Sie möchten, auch die Mutter. Mein Baron, überlegen Sie nur, wie sehr das Ihren Todfeind verletzen würde! Aber ich muss mit äußerster Behutsamkeit vorgehen.«
Er schrieb den Brief in kleineren Buchstaben weiter, damit die gesamte Nachricht auf ein Blatt Kristallpapier passte. »Daher habe ich einen glaubwürdigen Vorwand fabriziert, warum ich mich für einen längeren Zeitraum auf Kaitain aufhalten muss, damit ich diese interessante Frau weiter beobachten kann. Ich werde Ihnen regelmäßig Berichte schicken.«
Er unterzeichnete den Brief mit einem kunstvollen Schnörkel und legte ihn in den Nachrichtenzylinder, den er anschließend versiegelte. Mit dem nächsten verfügbaren Heighliner würde er nach Giedi Primus geschickt werden.
Leidenschaftslos blickte er zur Decke hinauf, wo er hinter der Verkleidung eine Leiche versteckt hatte. Der unfähige Harkonnen-Botschafter Kalo Whylls hatte ihm mehr Schwierigkeiten als erwartet gemacht, also hatte de Vries etwas häufiger zugestochen, als nötig gewesen wäre. Sein Blut war aus klaffenden Wunden geströmt – und hatte eine ziemliche Sauerei angerichtet.
De Vries wandte sich wieder den Gegenständen auf dem Schreibtisch zu und inspizierte ein Dokument, das ursprünglich vom Imperialen Minister für Hofetikette stammte, ein unbedeutendes Schreiben an irgendeinen Beamten von Kaitain. Niemand würde den Verlust bemerken. Seine saphofleckigen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als der Mentat ein offizielles Dekret verfasste, das er dem Kammerherrn des Imperators aushändigen würde. Darin hieß es, dass man den bisherigen Harkonnen-Botschafter nach Giedi Primus »zurückberufen« hatte. Piter de Vries setzte seinen eigenen Namen darunter, da er »beauftragt« worden war, vorübergehend den frei gewordenen Posten zu übernehmen.
Als alles seine Richtigkeit hatte, kennzeichnete er das Dokument mit dem offiziellen Siegel des Barons. Dann bereitete er sich auf den nächsten Schritt vor ...
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Im Grunde sind wir alle auf der Reise – oder auf der Flucht.
Graf Dominic Vernius
Im versiegelten Tank am höchsten Punkt des riesigen Heighliners der Dominic-Klasse schwamm Steuermann D'murr in orangefarbenem Gewürzgas.
Er wusste nicht, warum er so beunruhigt war, während die Gilde-Besatzung das Schiff be- und entlud. Der Zeitfluss fühlte sich für ihn anders als
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