Dune Legenden 01 - Butlers Djihad
weiterverarbeitet.
Trotzdem ergab keine der Antworten Sinn. Es existierten keine zwei menschlichen Individuen, deren Gehirne völlig identisch waren, auch nicht, wenn sie unter ähnlichen Bedingungen aufwuchsen, oder wenn sie als Zwillinge auf die Welt gekommen waren. Eine verwirrende Menge überflüssiger Variablen! Kein Aspekt ihrer Physiologie war bei allen Exemplaren gleich ausgeprägt.
Überall nur unerträgliche Abweichungen und Ausnahmen!
Dennoch hatte Erasmus gewisse Muster bemerkt. Menschen wiesen zahllose Unterschiede und Überraschungen auf, aber als Spezies verhielten sie sich gemäß allgemeiner Regeln. Unter bestimmten Bedingungen, vor allem in beengter Umgebung, reagierten sie mit Rudelverhalten. Dann folgten sie blind anderen und gaben ihre Individualität auf.
Manchmal waren Menschen todesmutig, manchmal waren sie Feiglinge. Es faszinierte Erasmus besonders, wenn er »Panikexperimente« an Massen durchführte, wenn er sich in die Zuchtbaracken begab und einige von ihnen abschlachtete. Unter solchen extremen Stressbedingungen kam es zwangsläufig vor, dass bestimmte Individuen sich als Anführer hervortaten – Menschen, die über mehr innere Kraft als die anderen verfügten. Am liebsten tötete Erasmus solche Personen, um zu beobachten, wie die anderen darauf mit zunehmender Verzagtheit reagierten.
Vielleicht war seine Gruppe von Testobjekten in den vergangenen Jahrhunderten stets zu klein gewesen. Er musste vielleicht noch Zehntausende sezieren und untersuchen, bevor er zu fundierten Schlussfolgerungen gelangen konnte. Eine monumentale Aufgabe, aber als Maschine besaß Erasmus einen unbegrenzten Vorrat an Energie und Geduld.
Mit einer Sonde seines Roboterkörpers berührte er die Wange des größeren der beiden Mädchen und fühlte nach dem gleichmäßigen Puls. Jeder Blutstropfen schien ihm seine Geheimnisse vorzuenthalten, als hätte sich die gesamte Spezies in seltener Einigkeit gegen ihn verschworen. Würde man Erasmus eines Tages für den größten Narren aller Zeiten halten? Die flexible Sonde glitt in ein Fach unter seiner Haut zurück, doch zuvor hinterließ er noch einen Schnitt im Gesicht des Mädchens – in voller Absicht, aus purem Trotz.
Als er diese Zwillinge aus den Arbeiterhütten holen ließ, hatte ihre Mutter ihn verflucht und ihn als Monstrum bezeichnet. Menschen konnten so engstirnig sein und sahen einfach nicht die Bedeutung seiner Arbeit, den größeren Zusammenhang.
Mit einem Strahlskalpell schnitt er in das Kleinhirn des Mädchen (das 1,09 Zentimeter kürzer und 0,07 Kilogramm leichter als das andere war – insofern waren sie doch nicht identisch). Darauf steigerten sich die Hirnaktivitäten ihrer bewusstlosen Schwester – eine sympathetische Reaktion. Faszinierend. Obwohl die Mädchen keinen direkten Kontakt zueinander hatten, weder körperlich noch durch Maschinen. Konnte die eine Schwester Schmerzen der anderen spüren?
Er tadelte sich für seine schlechte Planung dieses Experiments. Ich hätte die Mutter auf denselben Tisch legen sollen.
Seine Gedanken wurden von Omnius unterbrochen, der über den nächsten Wandbildschirm zu ihm sprach. »Dein neues Sklavenweibchen ist eingetroffen, ein letztes Geschenk vom Titanen Barbarossa. Sie wartet im Wohnzimmer auf dich.«
Erasmus hob die blutigen Metallhände. Er hatte sich darauf gefreut, die auf Giedi Primus gefasste Frau in Empfang zu nehmen, die angeblich die Tochter des Viceroys der Liga war. Ihr Familienstammbaum deutete auf genetisch veranlagte Führungsqualitäten hin, und er wollte ihr viele Fragen über die Regierungsform der ungezähmten Menschen stellen.
»Wirst du sie ebenfalls sezieren?«
»Ich würde mir gerne alle Möglichkeiten offen halten.«
Erasmus blickte auf die Zwillingsschwestern, von denen eine bereits bei der Freilegung des Gehirngewebes gestorben war. Eine vergeudete Gelegenheit.
»Fügsame Sklaven zu analysieren erbringt keine relevanten Ergebnisse, Erasmus. Aus diesen Linien wurde jeder aufsässige Gedanke herausgezüchtet. Daher sind alle Informationen, die du auf diese Weise gewinnst, kaum auf militärische Situationen anwendbar.« Die Stimme des Allgeistes tönte aus den Lautsprechern des Wandbildschirms.
Erasmus tauchte seine plastischen Hände in ein Lösungsmittel, um das Blut zu entfernen. Er hatte Zugang zu psychologischen Studien aus mehreren Jahrtausenden, aber selbst mit dieser Datenmenge war es ihm nicht möglich, zu klaren Resultaten zu gelangen. Die selbsternannten
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