Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
Geschwisterliebe gewesen, und Venport konnte gar nicht genau sagen, wann sich seine Empfindungen verlagert hatten, weil es zunächst unbewusst geschehen war. Ja, er war zehn Jahre älter als sie, und er war der Mann gewesen, den ihre Mutter als Samenspender erwählt hatte. Aber was bedeutete schon ein Jahrzehnt? Ein paar tausend Tage. Das war nicht viel. Er mochte Norma so, wie sie war, und es war an der Zeit, dass er ihr erklärte, welche Gefühle ihn bewegten.
Wie immer war Norma so beschäftigt, dass sie ihn zunächst gar nicht bemerkte. Er stand eine Weile neben ihr, mit den Blumen in der Hand, und sah sie einfach nur an. Der feine Duft der Bludd-Rosen stieg ihm in die Nase. An den Stielen hatte er sorgfältig einen außergewöhnlichen, seltenen Soostein befestigt, dasselbe kostbare Juwel, das er einst ihrer Mutter zu schenken versucht hatte. Aber Zufa Cevna hatte nichts für solchen »Tand« übrig gehabt und seine angebliche Eigenschaft, die geistige Konzentration zu fördern, als Unsinn bezeichnet. Die führende Zauberin hatte darauf beharrt, dass sie keine derartige Krücke benötigte. Er bezweifelte, dass Zufa eine Geste, die von Herzen kam, als solche zu erkennen vermochte.
Norma hingegen sollte in der Lage sein, die Schönheit und die Kostbarkeit des Soosteins und der Rosen anzuerkennen – und ihre Bedeutung.
Sofern er ihre Aufmerksamkeit erlangen konnte.
Wie ein Pferd mit Scheuklappen starrte Norma auf eine lange Liste mit Zahlen. Alle paar Sekunden nahm sie eine kleine Änderung daran vor.
»Ich liebe dich, Norma Cevna«, platzte es schließlich aus ihm heraus. »Heirate mich. Das ist mein größter Wunsch.«
Sie setzte die Arbeit fort, als hätte sie jegliche Wahrnehmung der Außenwelt abgeschaltet, mit Ausnahme des Sehvermögens. Ihre Konzentration hatte etwas ... Wunderschönes. Mit einem Seufzer durchquerte Venport den Raum und ließ sie nicht aus den Augen. Endlich richtete sie sich auf, um sich zu strecken. Plötzlich drehte sie sich blinzelnd zu ihm um. »Aurelius!« Sie hatte ihn erst jetzt bemerkt.
Er spürte, dass sein Gesicht glühte, aber er sammelte all seinen Mut. »Ich muss dir eine wichtige Frage stellen. Ich habe lange auf den richtigen Augenblick gewartet.« Er reichte ihr den Blumenstrauß, den sie sich unter die Nase hielt, um den betörenden Duft einzuatmen. Dann betrachtete sie die Blüten, als hätte sie noch nie zuvor Rosen gesehen. Behutsam berührte sie den gespenstisch schimmernden Soostein und bewunderte die Tiefe der Farben, als wäre das Juwel ein eigenes Universum. Dann blickte sie mit einem fragenden Blick in den braunen Augen zu ihm auf.
»Ich möchte, dass du meine Frau wirst. Ich liebe dich. Offenbar schon seit längerer Zeit, aber ich habe es erst jetzt erkannt.«
Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, was er gesagt hatte. Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen der Überraschung. »Aber Aurelius ... du weißt doch, dass ich nie an solche Dinge gedacht habe. Liebe, Romantik ... oder Sex. Ich habe keine Erfahrung damit, mangels Gelegenheiten. Das sind ...« Sie suchte nach Worten. »... unbegreifliche Lebensfaktoren.«
»Dann denk jetzt darüber nach. Du bist der intelligenteste Mensch, dem ich je begegnet bin. Dir wird etwas einfallen, wie du am besten damit umgehst. Ich vertraue dir.« Er lächelte liebevoll.
Sie errötete. »Das ist so ... völlig unerwartet. Ich habe mir nie vorstellen können ...«
»Norma, ich fliege morgen ab. Ich konnte nicht länger warten. Ich musste dich fragen.«
Sie hatte ihn stets als Freund betrachtet, auf den sie sich verlassen konnte, als älteren Bruder, der sie beschützte. Aber sie hatte nie daran gedacht, dass sie durch eine tiefere Liebe verbunden sein konnten – nicht, weil sie es nicht wollte, sondern weil sie nie die Möglichkeit in Betracht gezogen hatte. Sie schaute auf ihre kleinen Hände, die plumpen Finger. »Aber ... warum ich? Ich bin alles andere als eine attraktive Frau, Aurelius. Warum solltest du mich heiraten wollen?«
»Das habe ich dir gerade erklärt.«
Sie wandte den Blick ab. Es war zu viel, um alles auf einmal verarbeiten zu können, und in ihren Gedanken herrschte ein einziges Durcheinander. Das war sehr beunruhigend. Sie wusste gar nicht mehr, welche Berechnungen sie vorher im Kopf gehabt hatte. »Aber ... ich habe so viel Arbeit zu erledigen, und es wäre dir gegenüber nicht fair. Ich kann mir keine ... Ablenkungen leisten.«
»In einer Ehe geht es darum, Opfer zu bringen.«
»Eine
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