Dunkel ist die Sonne
beunruhigte der Gedanke, daß das Tor im Reich der Shemibob, von dem Feersh erzählt hatte, nicht mehr da sein könnte, denn auch dieses Tor mußte die Lage verändert haben, und es konnte sogar ganz verschwunden sein.
Inzwischen hatte Sloosh sich auch das tote Segelschiffswesen genau angesehen. Für eine Weile dachte er, daß sie es vielleicht wieder aufrichten könnten. Er verwarf den Gedanken wieder, als er sich überlegte, wieviel Mühe sie das alles kosten würde.
Deyv befahl den Sklaven und Feershs Familienangehörigen, Boote zu bauen. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit hatten sie vier Kanus in verschiedenen Größen, von denen ein jedes mit Mast und Segel ausgestattet war. Diese aber wurden von einer gewaltigen Flutwelle weggerissen, nachdem ein Erdbeben die Insel erschüttert hatte. Um sich zu retten, mußten alle auf höheres Gelände flüchten. Auch der Kadaver des Segeltieres wurde weit hinausgetragen und sank dort vermutlich. Der obere Teil des Abhangs in der Nähe des Geflimmers brach während des Bebens ab und fiel hinunter. Etwa ein Viertel des Baumbestandes der Insel wurde entwurzelt.
Irgendwann während des Erdbebens, das fast zu einer Katastrophe geworden wäre, drehte sich das Flimmern halb um sich selbst. Sloosh bemerkte es als erster. Pustend und schnaubend kam er von der anderen Seite der Insel ins Lager.
„Wenn man hinter dem Geflimmer steht, kann man es überhaupt nicht sehen“, summte er. „Ihr müßt auf die andere Seite hinübergehen, wenn ihr es sehen wollt.“
„Und was heißt das?“ fragte Vana.
„Das soll heißen: Es könnte sein, daß wir schon an anderen Flimmerstellen vorbeigekommen sind und sie nur nicht gesehen haben, weil wir auf der falschen Seite waren. Und das gleiche könnte uns auch in Zukunft passieren. Das Ganze ist höchst beunruhigend. Unglücklicherweise können wir nichts dagegen tun.“
Deyv und Vana hörten höflich zu und nahmen ihre Arbeit an einem neuen Kanu wieder auf. Sie hatten keineswegs vor, durch ein Tor hindurchzugehen, wenn sie nicht gerade dazu gezwungen würden. Außerdem hatten sie beschlossen, daß die Boote dieses Mal nicht in Gemeinschaftsarbeit entstehen sollten. Sie würden sich ihre eigenen bauen, und wenn die anderen nicht das gleiche taten, so war es um so schlimmer für sie.
Wenn Deyv und Vana nicht gerade damit beschäftigt waren, an dem Boot zu arbeiten, zu jagen, zu essen oder zu schlafen, stellten sie sich auf einen Bergvorsprung und beobachteten die Segeltiere. Nach dem, was sie beobachteten, waren sie überzeugt, daß auch sie selbst am Wind segeln könnten.
Einmal, als sie gerade zur Beobachtung oben waren, kam Sloosh zu ihnen hinauf.
„Diese weißen Schnecken, die ihr auf den Decks seht, das sind die Jungen“, sagte er. „Larven, genaugenommen. Nach einer gewissen Zeit verwandeln sie sich und gehen ins Meer. Sie verwandeln sich in kleinere Ausgaben der Mutter. Nach einer Weile sind sie dann erwachsen. Die Männchen kämpfen um die Weibchen, und der Sieger muß hinter den Weibchen her sein, um zu beweisen, was für ein guter Segler er ist. Wenn sie sich verbinden, findet die Befruchtung der Eier statt, und aus diesen schlüpfen schließlich die Schnecken. Und so weiter.“
„Wie paaren sie sich denn?“ fragte Vana.
„Ich weiß es nicht. Obgleich ich drei verschiedene Theorien dazu habe.“
Auf seine weitschweifige Art leitete Sloosh zu einer Vorlesung über das Tharakorm über. Diese, so sagte er, seien die Segeltiere der Luft. Nun ja, nicht eigentlich Tiere, da sie aus Viren zusammengesetzt waren und sich nicht paarten. Aber in gewisser Weise standen sie doch höher auf der Evolutionsleiter als ihre tierischen Gegenstücke des Meeres.
„In den letzten Stadien des Bestehens der Erde ist die Natur – oder der Schöpfer oder wie ihr es nennen wollt – mit vielen vorher unbekannten Lebensformen hervorgetreten. Der Grund dafür liegt meiner festen Überzeugung nach darin, daß wenigstens ein kleiner Teil des Lebens vor der endgültigen Vernichtung bewahrt werden soll. Tiere, die noch nie auch nur irgendeine Form des Denkens hervorgebracht haben, bringen jetzt solche Formen hervor. Nehmt zum Beispiel den Yawtl. Er stammt von einer Gattung ab, die einst darauf beschränkt war, sich auf allen vieren fortzubewegen. Eine auf ihre Art sehr glückliche Erscheinungsform, und doch schien es unmöglich, daß sie sich je zu einem Zweibeiner mit vier Fingern und Daumen und einem Gehirn von der Größe des menschlichen
Weitere Kostenlose Bücher