Dunkel ist die Zukunft
merken, sind wir alle erledigt.« Charity sah hastig zum Feuer hinüber. Die vier oder fünf Sharks, die zurückgeblieben waren, blickten gebannt in die Nacht hinaus. Keiner sah auch nur in ihre Richtung. Aber das konnte sich verdammt schnell ändern. Gurk durchschnitt Nets Fesseln und half ihr, den toten Shark in eine halbwegs sitzende Position zu bugsieren. Sie benutzten sein Gewehr, um ihn zu stützen. Für jemanden, der nur sehr flüchtig herübersah, mochte es aussehen, als döse er vor sich hin. »Gurk!« murmelte sie überrascht. »Wo kommst du denn ... « »Still!« zischte der Gnom. »Ich mache dich los, aber halt um Gottes willen den Mund!« Er sagte es so laut, daß es Charity fast wie ein kleines Wunder vorkam, daß die Sharks seine Stimme nicht hörten. Aber sie verstummte gehorsam. Der Gnom war mit einem Satz bei ihr, durchtrennte auch ihre Fesseln und legte den ausgestreckten Zeigefinger über die Lippen, als sie etwas sagen wollte. »Schnell jetzt!« wisperte er. »Sie sind abgelenkt, aber Skudder und die anderen kommen bestimmt gleich wieder. Keinen Laut!« Charity deutete ein Nicken an, blickte aber konzentriert zum Feuer hinüber. »Ich verschwinde jetzt«, wisperte Gurk ihr ins Ohr. »Gib mir einen Augenblick Vorsprung, okay? Wir rechnen ab, wenn wir uns wiedersehen.« »Abrechnen?« wiederholte Charity verstört. »Wieso? Was meinst du?« Gurk lachte leise. »Mach dir keine Sorgen. Du hast unbegrenzten Kredit bei mir.« »Warte!« sagte Charity hastig. »Du ... « Aber Gurk hörte schon gar nicht mehr zu. Für ein, zwei Sekunden hörte sie noch seine Schritte, dann verklangen auch sie; der Zwerg war so lautlos verschwunden, wie er aufgetaucht war. Und als sie den Kopf drehte, um nach ihm zu sehen, hatte auch Net sich davongemacht. Entschlossen sprang auch Charity auf und schlich sich davon in die Schwärze der Nacht. Raoul senkte das Fernglas und gab es ihm zurück, schüttelte aber rasch den Kopf, als Skudder es ansetzen wollte. »Hat keinen Zweck mehr«, sagte er halblaut. »Sie ist zwischen den Felsen verschwunden. Irgendwo dort oben.« Seine Hand machte eine vage Bewegung in die Dunkelheit hinein. »Und Kink?« »Tot«, antwortete Raoul knapp. Nach einer kurzen Weile fügte er hinzu. »Aber das hast du ja wohl gewollt, oder?« Skudder war nicht sicher, aber er glaubte so etwas wie einen Vorwurf aus Raouls Worten herauszuhören. »Nein«, antwortete er grob, während er sich fragte, ob Raoul vielleicht sogar recht hatte. »Aber ich kann nicht gerade sagen, daß es mir das Herz bricht.« Raoul sah ihn an, und obwohl Skudder nicht in seine Richtung blickte, sondern die Dunkelheit zu durchdringen versuchte, in der Laird untergetaucht war, spürte er seine Blicke fast wie eine unangenehme Berührung. »Irgendeines Tages bricht dir dein Gerechtigkeitssinn noch den Hals«, prophezeite er düster. Skudder antwortete gar nicht. Wenn er an dem, was passiert war, überhaupt etwas bedauerte, dann höchstens den Umstand, Kink nicht selbst den Hals aufgeschlitzt zu haben. Außerdem hatten sie wichtigere Dinge zu tun, als sich den Kopf über das Schicksal eines Psychopathen zu zerbrechen, der in seinem Leben mehr Menschen umgebracht hatte, als er Läuse auf dem Kopf gehabt hatte. »Was ist mit dem Mädchen?« »Die Wastelanderin« Raoul zuckte mit den Achseln. »Sieht so aus, als wäre sie in die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Die beiden waren wohl nicht unbedingt dicke Freundinnen.« Er lächelte, griff unter seine Weste und zog einen flachen, schwarzen Kasten heraus. Auf seiner Vorderseite begann ein mattgrünes, münzgroßes Auge zu leuchten, als er einen Knopf drückte. Ein winziger roter Punkt bewegte sich über den Miniaturbildschirm. Sehr langsam, und noch nicht sehr weit von seinem Zentrum entfernt. Skudder betrachtete den Sucher einen Moment lang nachdenklich, dann, als Raoul ihm das Gerät auffordernd hinhielt, schüttelte er den Kopf. Er mochte die Technik der Moroni so wenig wie sie selbst. Außerdem kannte er andere Mittel und Wege, einer Spur zu folgen. »Noch nicht«, sagte er. »Gebt ihr eine Stunde Vorsprung. Die Jungs sollen ein bißchen Lärm machen, damit sie glaubt, wir suchen sie.« Raoul nickte wortlos, steckte den Sucher wieder ein und wollte sich herumdrehen, aber Skudder hielt ihn noch einmal zurück. »Bart und ein paar Jungs sollen das Mädchen zurückholen«, befahl er. »Aber vorsichtig. Ich will sie lebend und unverletzt. Und bringt mir diesen
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