Dunkel ist die Zukunft
hilfloser Wut an. »Das mit eurem Haus tut mir leid«, fuhr sie fort. »Ich wäre nicht zu euch gekommen, wenn ich gewußt hätte, was ... was passiert?« Net verzog das Gesicht. »Oh, das mit dem Haus tut dir leid. Das ist tröstlich. Sonst tut dir nichts leid?« Ihre Stimme bebte vor Zorn. »Ist sonst noch etwas ... « Charity stockte - und begriff endlich. »Deine Eltern?« »Sie sind tot«, bestätigte Net. »Bob konnte entkommen, aber Mom und Dad haben sie umgebracht.« Sie deutete mit einer abgehackten Kopfbewegung auf den Wächter, der zusam-mengekauert dasaß und ihrer Unterhaltung zuhörte. Ein flüchtiges, sehr häßliches Lächeln huschte über sein düsteres Gesicht, als Net fortfuhr. »Er hat ihnen die Kehlen durchgeschnitten. Und er hätte mich auch getötet, wenn sie mich nicht gebraucht hätten, um dich zu kriegen.« »Was nicht ist, kann ja noch werden«, sagte Kink beinahe freundlich. Net reagierte gar nicht auf seine Worte. »Gibt es sonst noch irgend etwas, was dir leid tut?« fuhr sie fort. Charity antwortete nicht, aber plötzlich konnte sie Nets Blick nicht mehr standhalten. Betroffen senkte sie den Kopf. Skudder hatte sie belogen - zumindest hatte er es ihr nicht gesagt, was auf das gleiche hinauslief. Nach einer Weile hob sie den Blick und sah wieder zum Feuer hinüber. Im Lager hatte sich eine gewisse Unruhe breitgemacht. Die meisten Sharks waren aufgestanden, einige gingen zu ihren Maschinen hinüber. Auf den Felsen, die das Lager an drei Seiten wie eine natürliche Wehrmauer umgaben, waren Männer mit Gewehren aufgetaucht, die gebannt in die Dunkelheit starrten. Charity suchte vergebens nach Skudder oder Raoul, die beide irgendwo in dem Gewimmel aus schwarzgekleideten Gestalten verschwunden waren. »Was ist los?« Die Frage galt Kink, der ebenfalls den Kopf gedreht hatte, aber keine Anstalten machte, aufzustehen. Der Shark zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung«, gestand er. »Mir auch egal. Ich soll aufpassen, daß ihr zwei Hübschen keine Dummheiten macht.« Charity schenkte ihm einen bösen Blick, den Kink mit einem hämischen Grinsen beantwortete, und wandte sich wieder an Net. »Wir sind wieder in den Bergen, nicht wahr?« sagte sie. »Ungefähr in der Gegend, in der wir uns das erste Mal getroffen haben.« Net nickte widerwillig. »Ja.« Aber nach allem, was sie gehört hatte, lag das Gebiet der Sharks nur zwei oder drei Stunden von Nets Farm entfernt - und es war früher Vormittag gewesen, als Skudder sie überwältigt hatte. Charity fragte vergebens, warum die Sharks diesen Umweg in Kauf genommen und sogar ein Nachtlager aufgeschlagen hatten, statt sie gleich in ihr Lager zu bringen. Die Gegend hier schien alles andere als sicher zu sein, wie das Benehmen der Sharks deutlich verriet. Plötzlich tauchte Skudder wieder auf. Er rief ein paar Befehle, und seine Sharks teilten sich in drei gleich große Gruppen auf, von denen eine die Männer oben auf den Felsen verstärkte, während die beiden anderen das Lager in unterschiedlichen Richtungen verließen. Nur eine Handvoll Männer blieb am Feuer zurück. »Irgend etwas stimmt da nicht«, murmelte Charity. Sie sah Net an. »Gibt es außer euch und den Sharks noch andere Gruppen hier?« Net nickte und zuckte dann mit den Schultern. »Keine, die so verrückt wären, Sharks anzugreifen«, murmelte sie. Sie versuchte es zu verbergen, aber Charity spürte deutlich, daß auch sie sich ihre Gedanken über die plötzliche Aufregung unter den Sharks machte. »Vielleicht ... irgendwelche Tiere«, fügte sie unsicher hinzu. »Diese Gegend ist gefährlich.« »Maul halten«, sagte Kink grob. Auch er wurde allmählich nervös. Er stand auf, kam drohend auf Net zu und ging neben ihr in die Hocke. Net versuchte mit der freien Hand nach seinem Gesicht zu schlagen, aber der Shark fing den Hieb spielerisch ab, verdrehte ihren Arm und griff mit der anderen Hand nach dem Strick, um sie wieder zu fesseln. »Ich verschnüre dich besser wieder«, sagte er. »Nachher kommst du noch auf dumme ... « Eine dünne, rasiermesserscharfe Klinge zuckte aus der Dunkelheit und streifte seine Kehle. Er griff sich an den Hals und begann zu keuchen. Seine Augen weiteten sich. Beinahe lautlos sackte er nach vorne, fiel gegen Net und wäre zur Seite gekippt, hätten sich nicht plötzlich zwei dürre, graue Hände nach ihm ausgestreckt und ihn gehalten. »Keinen Laut!« sagte ein dünnes Stimmchen. »Halt ihn fest, Net. Wenn die anderen etwas
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