Dunkel ist die Zukunft
hindurch. Raoul begann zu schießen, noch ehe die ersten Schreckensschreie aufgellten. Niles hatte noch eine Weile geredet, aber Charity hatte kaum mehr zugehört. Sie fühlte sich mutlos, und nur ganz langsam gelang es ihr, so etwas wie Zorn zu empfinden. Schließlich war es Skudder, der das Schweigen brach. »Was hast du eigentlich erwartet?« fragte er. »Einen Ritter auf einem weißen Pferd, der dich in den Sattel hebt und in einer heroischen Schlacht die Angreifer vertreibt?« Sein Spott tat ihr nicht mehr weh; irgendwo hatte er sogar recht. Es war ziemlich naiv von ihr gewesen, hierher zu kommen und zu glauben, damit wäre alles gut. Hätte sie auch nur einen Moment in Ruhe darüber nachgedacht, was es bedeutete, daß sich die Tiefen seit Jahrzehnten hier versteckten, wäre sie vielleicht von selbst darauf gekommen. »Sie sind jetzt enttäuscht, Captain«, sagte Niles. Er warf Skudder einen fast dankbaren Blick zu. »Ich verstehe das. Auch ich habe Jahre gebraucht, um mich an den Gedanken zu gewöhnen, daß es vorbei ist.« »Sie haben aufgegeben«, erwiderte Charity. »Sie ... Sie hätten ebensogut hinausgehen und sich Skudder und seinen Männern ergeben können.« »Wir leben«, erwiderte Niles, als wäre dies Antwort genug. »Auch Sie können hierbleiben, Captain, wenn Sie wollen.« »Hier?« Charity schüttelte traurig den Kopf. »Überlegen Sie es sich«, sagte Niles. »Es gibt nicht viele Orte, an denen Sie sicherer wären als hier, und wir brauchen jemanden wie Sie.« Plötzlich lächelte er. »Ich bin alt, Captain Laird. Selbst wenn wir die Sharks und ihre Herren noch eine Weile an der Nase herumführen können, habe ich nicht mehr allzu lange zu leben. Sie könnten meine Nachfolgerin werden. Und wer weiß - vielleicht könnten Sie Mark und die anderen sogar überzeugen.« Im ersten Moment war Charity von diesen Worten überrascht. Aber sie durchschaute sie schnell. Sie würde wie Niles werden, wenn sie auf sein Angebot einging. SS Nulleins war zwar ein sicherer Unterschlupf, aber hier würde sie früher oder später einem Gift erliegen, das Bequemlichkeit hieß. Wenn sie Niles' Angebot annahm und wirklich an seiner Seite über die unterirdische Stadt regierte, würde sie sich irgendwann ernsthaft fragen, ob er nicht recht hatte. Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts anderes erwartet«, sagte Niles, beinahe traurig. »Aber Sie bleiben ein paar Tage unser Gast, bis Sie sich erholt haben und sich darüber im klaren sind, was Sie tun wollen.« »Ganz bestimmt«, sagte Charity. »Wir haben viel zu erzählen.« Sie lächelte, wenn auch etwas gezwungen, wurde sofort wieder ernst und deutete mit einer Kopfbewegung auf Skudder. »Was geschieht mit ihm?« Niles sah den Shark nachdenklich an. »Ich kann Sie nicht gehen lassen, Mister Skudder, das wissen Sie. Aber ich gebe Ihnen mein Wort, daß Ihnen nichts geschieht, bis wir entschieden haben, wie wir mit Ihnen verfahren.« Skudder schnaubte abfällig. »Das wissen Sie doch jetzt schon, alter Mann«, sagte er böse. »Sie werden mich umbringen. Sie können mich gar nicht gehen lassen, nach allem, was ich weiß.« »Der Tod ist nicht das einzige Mittel, eine Erinnerung zu löschen«, widersprach Niles ärgerlich. »Wir sind keine Tiere, Mister Skudder.« Er wollte noch mehr sagen, aber in diesem Moment wurde die Tür aufgerissen, und Mark stürmte herein. Er hielt ein Lasergewehr in der Hand. »Die Sharks!« schrie er. »Sie greifen an!« Niles fuhr erschrocken im Stuhl hoch. »Was?« »Sie kommen!« keuchte Mark. »Irgendwie haben sie die Sperren überwunden. Sie sind im Bunker!« Plötzlich fuhr er herum. Sein Gesicht verzerrte sich vor Haß. »Das warst du!« brüllte er, an Skudder gewandt. »Du hast sie hierher gebracht!« Er schlug zu, so schnell, daß selbst Skudders instinktive Abwehrbewegung zu spät kam. Sein Gewehrkolben traf das Gesicht des Sharks, schleuderte ihn aus dem Stuhl und ließ ihn halb besinnungslos zusammenbrechen. »Aufhören!« befahl Niles scharf. Im ersten Moment sah es fast so aus, als würde Mark seine Worte einfach ignorieren. Mit einem gellenden Wutschrei trat er zurück, drehte die Waffe herum und legte auf den Shark an, der sich stöhnend auf Hände und Knie zu erheben versuchte. »Aufhören, habe ich gesagt!« befahl Niles noch einmal. Und diesmal gehorchte Mark. Widerwillig senkte er die Waffe, wich bis zur Wand zurück und sah zu, wie Skudder sich mühsam aufrichtete. »Also - was ist
Weitere Kostenlose Bücher