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Dunkel ist die Zukunft

Dunkel ist die Zukunft

Titel: Dunkel ist die Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vollends in die Höhe. Sie blinzelte ein paarmal und strich sich mit der Hand über das Gesicht, um die Benom-menheit zu vertreiben, erst dann schaute sie sich um. Der Anblick war furchtbar. Die gigantischen Käfer und die Riesenlibelle waren so tot wie ihre Reiter, aber die Sharks hatten einen schrecklichen Preis für ihren Sieg bezahlen müssen.
    Die Straße war gesäumt von Toten - es mußten weit mehr als ein Dutzend sein - und auch von den anderen Sharks war kaum einer ohne Blessuren davongekommen. Viele der Verletzten hatten so schlimme Wunden erlitten, daß man kein Arzt sein mußte, um zu erkennen, daß sie die nächsten Stunden nicht überleben würden. Ein Stück entfernt entdeckte sie Skudder, der voller Abscheu auf die Überreste der Kreatur starrte, die einmal Raoul gewesen war. Langsam wandte er den Kopf. Sein Blick flackerte unstet, und ein abgrundtiefes Grauen spiegelte sich in seinen Augen. »Was ... was um alles in der Welt war das?« flüsterte er. Charity schwieg - und was hätte sie auch sagen sollen? Sie wußte selbst auch nicht mehr als er. Sie ließ ihren Blick zu Niles' Leichnam weiterwandern, den jemand von der Kreatur getrennt und ein paar Schritte entfernt auf den Boden gelegt hatte. Ein kalter, irgendwie zielloser Zorn überkam sie. Niles war einmal ihr Freund gewesen, aber das schien mehr als ein paar Ewigkeiten her zu sein. Sie ließ ihren Blick zu dem Raoul-Wesen zurückwandern und merkte erst jetzt, daß Skudder sie immer noch anstarrte und auf  Antwort wartete. Ratlos zuckte sie mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.« »Vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen«, sagte eine Stimme hinter ihnen. Mark war unbemerkt zu ihnen getreten. »Es ist nur eine Vermutung ... « Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und versuchte vergeblich, sich den Ekel nicht allzu deutlich anmerken zu lassen, den der Anblick des getöteten Ungeheuers in ihm auslöste. »Was wissen Sie?« fragte Skudder. »Es ... es sind nur Vermutungen.« Mark lächelte nervös. »Die ... Wesen, die wir bisher kennen, sind mehr oder weniger insektoider Abstammung. Die meisten sind uns in kleineren, ansonsten aber nur geringfügig anderen Gattungen aus dem irdischen Tierreich bekannt.« »Reden Sie nicht lange herum, sondern kommen Sie endlich zur Sache«, unterbrach Skudder ihn barsch. »Was ist mit Raoul passiert?« »Vermutlich war es eine Art Parasit«, sagte Charity. Mark sah überrascht auf. »Sie wissen —?« »Moron hat kein Monopol auf Ungeheuer«, wandte Charity ein. Sie blickte auf die geborstene Hülle herab, die einmal ein menschlicher Körper gewesen war. Selbst aus allernächster Nähe war nicht festzustellen, ob es sich um ein Kunstprodukt handelte oder wirklich um einen Menschen, dessen Zellmasse durch eine unvorstellbare Metamorphose verwandelt worden war. Mühsam riß sie sich von dem Anblick los und sah Mark an. »Sie denken dasselbe wie ich.« Skudders Blick wanderte nervös zwischen Marks und ihrem Gesicht hin und her. »Würde es euch etwas ausmachen, mich an eurer kleinen Fachsimpelei teilhaben zu lassen?« fragte er spitz. »Das ist kein Geheimnis«, sagte Mark. Es fiel ihm immer noch schwer, ganz offen mit dem Mann zu sprechen, den er noch vor einer halben Stunde für seinen Todfeind gehalten haben mußte. Plötzlich lächelte er. »Aber ich dachte immer, als echter Indianer müßten Sie das alles viel besser wissen als wir.« Skudders Blick wurde finster, und Charity beeilte sich, hinzuzufügen: »Was Mark meint, ist, daß Raoul - der echte Raoul - von einer Art Parasit befallen wurde.« Skudder erbleichte. »Ihr meint ... « »Etwas hat ihn von innen heraus aufgefressen, ja«, sagte Mark hart. »Wahrscheinlich war er schon seit Jahren nicht mehr er selbst.« »Das ist ... monströs«, flüsterte Skudder. »Es ist ganz normal«, sagte Charity leise. Skudder starrte sie an, und sie fuhr fort: »Denk nur an die Schlupfwespen - sie legen ihre Eier in die Körper anderer Tiere ab. Die Larven schlüpfen dann irgendwann und fressen ihre Wirte bei lebendigem Leibe auf.« »Aber das sind Tiere!« protestierte Skudder. »Das sind wir für die Moroni wahrscheinlich auch«, sagte Mark bitter. »Sie meinen, daß sich die Moroni-Larven in ihrem Wirtskörper ausbreiten und ihn irgendwann ganz übernehmen«, führte Skudder den Gedanken zu Ende. »Sie wachsen und ... und verändern ihn von innen, bis —« Er brach ab und starrte auf das herunter, was aus Raoul geworden war.

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