Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
unsensiblen Bullen, mit dem sie zusammenlebte? Bei all diesen Gedanken merkte Frank, wie sauer er eigentlich war. Er wusste, dass es ihn maßlos verletzt hatte, als sie ihn „Polizistenarsch“ schimpfte. Bisher hatte er diese Situationen quasi aus der Beobachterposition bewältigen können. Bei der Polizei machten sie ja auch Deeskalations-Training, was ihm – und wohl auch Ina – in diesen Situationen durchaus geholfen hatte. Aber diese sinnlose, diese persönliche Beschimpfung war ihm noch nie so nahe gegangen wie jetzt. Er war bis ins Tiefste getroffen und fragte sich, ob solche Verletzungen eigentlich von liebenden Menschen ausgehen können.
Die nette Bedienung kam wieder an seinen Tisch und brachte ihm sowohl das Pils, als auch das Baguette, das er bestellt hatte. Es lag auf einem Teller, umgeben von Salatblättern, Gurken- und Tomatenscheiben, und wirkte riesig. Die junge Frau, wahrscheinlich eine jobbende Studentin, legte ihm mehrere Servietten, Messer und Gabel neben den Teller.
„Sehr aufmerksam. Danke!“
Frank nahm erstmal einen kräftigen Schluck von seinem Bier. Die Kellnerin ging wieder hinter die Theke, die nicht weit von seinem Platz entfernt war. Von dort schaute sie noch einmal zu ihm, der sie abwesend mit seinem Blick verfolgt hatte, und lachte ihn an.
Während des Essens sprangen seine Gedanken. Nach ein paar Minuten war er aber vollständig auf den Kampf mit dem Baguette konzentriert. Mögliche Filmtitel für diese Szene gingen ihm durch den Kopf wie „Mörder-Baguettes greifen an“ und ähnliches. Er lernte sehr schnell die Voraussicht der Kellnerin zu schätzen, denn bei den Versuchen, in das Baguette zu beißen, quetschte mehr als einmal die Remouladensauce zwischen den Hälften heraus und drohte, ihm aus den Mundwinkeln zu laufen, was der Vielzahl an Servietten durchaus einen Sinn verlieh. Schließlich hob er die obere Hälfte ab, legte sie neben die untere auf den Teller und arbeitete von jetzt an mit Messer und Gabel. Als er mit seiner Mahlzeit so gut wie fertig war, stand plötzlich jemand rechts neben ihm und er vernahm eine vertraute Stimme.
„Das ist ja ein Ding!“, wunderte sich da jemand. „Frank Wallert – einsam, aber satt!“
Frank legte Messer und Gabel auf den Teller, schob ihn von sich und blickte zu Malte auf.
„Ausgerechnet du!“, entfuhr es ihm, als er den letzten Bissen mit Hilfe des letzten Schluckes Bier hinuntergespült hatte.
Malte wirkte leicht beleidigt.
„Oh! Ich kann auch wieder gehen!“
„Nein, nein“, versuchte Frank die Situation zu retten. „So war das nicht gemeint. Setz dich doch!“
Malte schaute sich wie suchend um, setzte sich dann aber Frank gegenüber hin. Sofort war die Bedienung da, räumte Franks Geschirr ab und verließ den Tisch wieder, ausgestattet mit dem Auftrag, noch zwei Pils zu bringen.
„Ich meinte das gerade nicht so, wie es klang!“, entschuldigte sich Frank noch einmal. „Ich hatte heute Abend ziemlichen Zoff mit Ina.“
„Wieso nur habe ich das erwartet?“
„Wie meinst du das?“
„Hör auf! Tu nicht so unschuldig! Du müsstest dich und Maren mal sehen! Es war nur eine Frage der Zeit, wann es bei dir und Ina knallt!“
Die Kellnerin kam und stellte die beiden Pils auf dem Tisch ab. „Zum Wohl“, sagte sie und war schon wieder weg.
„Mensch Malte, jetzt übertreib doch nicht so maßlos! Wir flirten ein bisschen, das ist alles. Es ist nichts passiert und es wird auch nichts passieren!“
Malte bewegte seinen Kopf hin und her, während er von seinem Bier trank – als hätte er seine Zweifel an dem, was Frank soeben gesagt hatte.
„Junge, du kannst nicht so blind sein! Du bist im Vergleich zu Maren ein alter Sack, und wenn diese hübsche junge Frau auf dich abfährt, gefällt dir das – so scheint es - ganz gut!“
„Du hast ja Recht!“, lenkte Frank ein. „Zwischen Maren und mir knistert es, das will ich gar nicht abstreiten. Das hat aber nichts mit dem Streit von heute Abend zu tun.“
In den folgenden Minuten erzählte Frank, was zu Hause geschehen war und Malte hörte aufmerksam zu. Als er fertig war, verzog sein Freund und Kollege den Mund, hob beide Augenbrauen und schüttelte seinen Kopf.
„Das ist schwierig!“, sagte er.
„Die Frau ist 36 Jahre alt, Diplompädagogin und arbeitet mit Kindern und Jugendlichen. Das kann man gar nicht glauben, wenn man sie so erlebt. Stell dir mal vor, wir hätten ein Kind und dieses Kind müsste diese Launen ausbaden oder mit ansehen und -hören,
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