Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
nächsten Frage veranlasste.
„Sie auch?“, fragte sie an Malte gewandt. „Jaja“, war seine Antwort.
Nach der Betätigung der Gegensprechanlage, durch die Frau Kemmling den Kaffee bei einer „Rita“ orderte, kam sie äußerst dynamisch auf die beiden Beamten zu und setzte sich in den dritten Sessel. Sie schlug auf atemberaubende Art die Beine übereinander und schaute Malte – natürlich ausgesprochen freundlich – ins Gesicht.
„Womit kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie und erst jetzt fiel Malte auf, dass sie gar nicht die dunkle, hocherotische Stimme hatte, die man ihrem Äußeren nach erwarten konnte.
„Wir kommen noch einmal wegen des Mordfalls aus der letzten Woche.“, begann Malte.
„Ach ja“, wechselte Frau Kemmling sowohl Gesichtsausdruck als auch Stimmlage. „Herr Klettner“, fügte sie verstehend nickend hinzu.
„Und Frau Hülst.“
„Natürlich, die auch!“
„Wir haben in der letzten Woche mit einem Ihrer Kollegen gesprochen ...“, versuchte Malte, endlich mal einen Satz zu Ende führen zu dürfen. Es gelang ihm nicht.
„Ja, das muss Herr Reuther gewesen sein. Der hat mich in der letzten Woche vertreten. Ich war geschäftlich in Frankfurt!“
Die Tür wurde geöffnet und eine sehr junge Frau trat mit einem Tablett ein. Sie platzierte es auf dem Schreibtisch und stellte zuerst Malte, dann Reinhard und zuletzt Frau Kemmling eine Tasse Kaffee auf das Tischchen. Schließlich folgte noch ein Schälchen mit Gebäck, worauf sie von Frau Kemmling mit den Worten „Danke, Rita!“ gnädig entlassen wurde.
Als die Tür wieder geschlossen war, machte Malte den nächsten Versuch.
„In der Zwischenzeit sind einige Sachen geschehen, die es notwendig machen, dass Sie uns noch ein paar Fragen beantworten.“
„Wenn ich kann, natürlich!“, erwiderte Frau Kemmling.
„Herr Klettner hat bei Ihnen gearbeitet. Kannten Sie ihn?“
„Natürlich kannte ich ihn. Als ich hier anfing, war er schon da und eine tragende Säule dieser Firma. Ein einwandfreier Mensch – zuverlässig, engagiert und sehr ehrgeizig! Im positiven Sinne.“, bemühte sie sich, nicht missverstanden zu werden.
„Kannten Sie ihn auch privat?“
„Privat? Nein, wo denken Sie hin!“, wies Frau Kemmling, jetzt überhaupt nicht freundlich lächelnd, diese ungeheure Unterstellung zurück. „Wir gehören nicht zu der Art Firmen, die es für unabdingbar halten, dass ihre Angestellten privat miteinander verkehren, um die Effektivität ihrer Arbeit zu steigern.“
„Verstehe“, sagte Malte, obwohl er überhaupt nicht verstand.
„Sie haben uns gerade freundlicherweise gesagt, was Sie – beruflich gesehen, versteht sich – an Herrn Klettner schätzten. Was hielten Sie von Frau Hülst?“, erkundigte er sich.
Frau Kemmling erhob sich jetzt aus dem Sessel, worauf sie penibel darauf achtete, nur keine undamenhafte Bewegung zu machen, ging zum Schreibtisch und holte von dort eine Schachtel Zigaretten. Sie setzte sich wieder, nahm die gleiche Haltung wie vorher ein und bot auch den beiden Beamten eine Zigarette an. Beide lehnten ab und als Frau Kemmlings Zigarette brannte, nahm sie mit spitzen Lippen einen Zug. Als sie zur Antwort ansetzte, ließ sie – völlig undamenhaft – den Rauch aus der Nase entweichen.
„Die war okay.“
Für diese Antwort muss sie doch nicht so einen Anlauf nehmen
, dachte Malte und wartete einfach ab.
„Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen dünn, aber wir mochten uns nicht so sehr. - Trotzdem tut mir das Schicksal, das sie erlitten hat, natürlich leid!“, bemühte sie sich hinzuzufügen.
„Das ‚Schicksal’ war ein bestialischer Mord!“
„Ich weiß. Schrecklich.“, schüttelte sie ergriffen den hübschen Kopf.
Ist das eine Schlange
, dachte Malte.
Wer die zur Freundin hat, braucht keine Feindin mehr
.
„Wussten Sie von der Beziehung zwischen Frau Hülst und Herrn Klettner?“
„Sicher! Wer wusste nicht davon? Die beiden haben ja kein Geheimnis daraus gemacht.“
„Wussten Sie auch davon, dass Herr Klettner seine Freundin von hier abgeworben hat?“
„Seine ‚Freundin’, wie Sie sagen, hat uns – also mich – natürlich informiert!“, entgegnete sie und ihre Stimme wurde leicht schneidend. „Auch wenn wir uns nicht besonders sympathisch waren, hat das Berufliche doch einwandfrei funktioniert. Ich habe Frau Hülst in ihrem Vorhaben, in die Firma von Herrn Klettner zu wechseln, unterstützt. Wenn sie diese Perspektive nicht gehabt hätte, wäre es mir schwer
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