Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
grausames Schicksal erlitten haben.“
„Ich bitte Sie aber, darüber noch einmal nachzudenken. Es könnte sich dabei um einen wichtigen Anhaltspunkt dafür handeln, den Täter zu ergreifen.“
Frau Van Dresen erschrak und schüttelte ihren schönen Kopf.
„Für uns ist jede Information, die wir über Herrn Klettner bekommen können, wichtig!“
Marens Gegenüber schien nachzudenken.
„Na gut! Aber bedenken Sie bitte, dass das zumeist
Eindrücke
von mir sind und keine verbrieften Tatsachen.“
Maren musste lächeln, denn gerade hatte sie sich genau dies vor Augen geführt.
„Meine Enkelin heißt Nicole. Sie ist seit Januar 14 Jahre alt und ein wirklich hübsches Mädchen. Darüber ist sie sich aber noch nicht so richtig im Klaren. Sie erzählt zwar immer davon, dass die Jungen in ihrer Schule sich für sie interessieren und was sie sich für Scherze mit ihr erlauben, aber sie ist noch ein Kind und sie ist naiv – nicht dumm, aber naiv. An jenem Nachmittag, als Frau Hülst und Herr Klettner zum Kaffeetrinken bei mir waren, war Nicole auch da. Sie saß Herrn Klettner gegenüber und es war wirklich nett. Irgendwann ging ich in die Küche, um neuen Kaffee zu machen. Nicole folgte mir und sagte, sie finde Herrn Klettner ‚eklig’.“
„Eklig?“, wiederholte Maren und musste wohl ziemlich erstaunt dreingeschaut haben.
„Eklig! - Wie dem auch sei, ich habe mich ebenfalls gewundert, allerdings meine Enkelin zurechtgewiesen. Ich sagte ihr, Herr Klettner sei mein Gast und meine Gäste seien nicht ‚eklig’. Trotzdem fragte ich sie, warum sie das meinte. Nicole erzählte mir, Herr Klettner habe sie immer ‚so angesehen’. Ich konnte damit nichts anfangen und habe sie gebeten, mir das genauer zu erklären. Daraufhin sagte sie, es sei mehrfach vorgekommen, dass er beim Kaffeetrinken ‚Äugsken gezwinkert’ habe. Ich musste wieder lachen. Das ärgerte Nicole und dann erzählte sie, dass er unter dem Tisch mehrfach ihr Bein berührt und ihr einen spitzen Mund, als wolle er einen Kuss andeuten, gemacht hat. Jetzt lachte ich nicht mehr. Als wir wieder am Kaffeetisch saßen, konnte ich nichts von alledem beobachten, obwohl ich sehr aufmerksam war. Möglicherweise hatte Herr Klettner ja auch geahnt, dass Nicole mir in der Küche davon erzählt hat. Kurz vor dem Ende des Kaffeetrinkens musste meine Enkelin aber zur Toilette. Sie stand auf und bei einem zufälligen Blick auf Herrn Klettner sah ich, dass er ihr auf den Busen starrte, kurz nur, aber eindeutig. Als Nicole um den Tisch herumging, schaute er ihr auf den Po. Als er merkte, dass ich ihn ansah, lachte er mich an, hob seine Kaffeetasse und prostete mir zu. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.“
Damit schien Frau Van Dresen fertig zu sein. Maren hatte ihr mit wachsendem Erstaunen zugehört.
„Haben Sie zu irgendjemandem, beispielsweise zu Frau Hülst, mal etwas darüber gesagt?“
„Ja. Ein paar Tage später traf ich sie auf der Treppe und sprach sie darauf an.“, erinnerte sich Frau Van Dresen.
„Und?“, hakte Maren nach.
„Nichts. Sie hat gelacht und dann etwas gesagt, was mir gar nicht gefallen hat.“
„Und was war das?“, wollte Maren wissen, obwohl sie die Antwort fast selbst hätte geben können.
„Sie sagte, diese jungen Gören würden ja heutzutage keine Möglichkeit auslassen, ihre Reize zu testen.“, schloss Frau Van Dresen, und Maren wurde beinahe schlecht.
***
Als Frank den Flur seiner Wohnung betrat, hörte er, dass Ina im Arbeitszimmer telefonierte.
„Er kommt. Ich muss aufhören. … Ja, mach ich. …..Tschüss.“, waren die Worte, die er noch mitbekam. Dann wurde aufgelegt. Am anderen Ende des Flurs erschien Ina in der Tür des Arbeitszimmers, lehnte sich gegen den Rahmen und verschränkte die Arme. Er konnte nicht erkennen, in welcher Gefühlslage sich Ina befand.
„Hallo“, sagte er und lauerte auf eine Reaktion, die aber nicht kam. Nachdem er die Schuhe abgestreift hatte, ging er auf Ina zu. Sie löste sich vom Türrahmen, kam ihm entgegen und umarmte ihn sanft. Er spürte, wie sie aufatmete, als er die Umarmung erwiderte.
„Ich war so blöd!“, sagte sie. Frank drückte sie an sich und strich ihr mit der Hand über die Haare. Sie löste sich von ihm, schaute ihn an und fragte: „Wieso kannst du hier sein?“.
„Ich war vorhin schon hier, um nach dir zu sehen, und habe den Zettel gefunden. Jetzt feiere ich ein paar Stunden ab.“, antwortete Frank und zog Ina mit sich in die Küche.
Sie setzte sich auf einen
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