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Dunkle Burg

Dunkle Burg

Titel: Dunkle Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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Frühlingssonne, seine Wachsamkeit und seine Kenntnis der Luftströmungen. Ich lauschte in seine Welt und sah sie durch seine Augen, Schatten und Formen und wohlbekannte Flugwege, Gefahren und Nahrungsquellen und die Kenntnis der Reviergrenzen…
    Ich fühlte einen spitzen Gegenstand im Kreuz und eine Stimme sagte: »Gut, das ist einstweilen genug. Steh auf.«
    Das war Teska, einen Schritt hinter mir. Der spitze Gegenstand war ein Dolch in der Hand eines Soldaten. Ich blickte über die Schulter zu ihm auf, und einen flüchtigen Augenblick lang verspürte ich die Versuchung, die Hand nach der Waffe auszustrecken und ihm zu zeigen, wie schwach das Ding wirklich war. Es war nur ein flüchtiger Augenblick. Schwach mochte der Stahl werden, aber nicht bevor er meinen Lebenssaft auf die Steine und das Gras herausgelassen hätte.
    Teskas Blick fixierte mich. Der Soldat mit dem Dolch war nicht allein; die anderen standen fünf Schritte entfernt in einem Kreis um mich und hielten gespannte Armbrüste schussbereit. Sie zielten damit über meinen Kopf, aber nicht viel höher, und hatten die Finger am Abzug. Eine schnelle, unbedachte Bewegung, und die Bolzen würden in mir aufeinander treffen.
    »Geh jetzt fort vom Wasser«, sagte Teska, und die Luft knisterte. Die Kraft strömte durch meine Gliedmaßen und sang in meinem Blut. Ich stand auf und zog mich von der Kraft zurück, und die stählerne Spitze in meinem Kreuz bewegte sich mit mir. »Jetzt«, sagte Teska.
    Die Reisetasche, die der Soldat getragen hatte, stand im Gras. Teska entnahm ihr einen kleinen Käfig aus Korbgeflecht, und in dem Käfig lag ein elendes Bündel von Federn. Es war ein Vogel von der Größe einer Amsel, eine der Arten, die bei uns überwintern. Ich beobachte gern Vögel. Sie muntern mich auf, mit ihren glänzenden Augen, ihrer wachsamen Beweglichkeit und dem Gefieder, das sie mit so viel Sorgfalt putzen, aber dieser hatte seinen Kopf hoffnungslos am scharfen Bast des Korbgeflechts gerieben, und die feinen Daunen um Kopf und Hals sahen ungepflegt und wie gesträubt aus. Der Vogel blickte verwirrt und ängstlich in das plötzliche Licht. Ich konnte seine Angst fühlen und mitempfinden.
    »Nun zeig uns etwas von deiner Magie«, sagte Teska. »Verändere ihn.«
    Ich sah den Vogel im Käfig an. »Verändern? Wie? Was soll ich tun? Ich habe nie…«
    Teska schoss mir einen misstrauischen, eifersüchtigen Blick zu, dann seufzte er. Er zog ein Notizbuch aus einer Innentasche, blätterte darin und bemerkte: »Nein, du wirst es noch nicht versucht haben. Und niemand hier kann dir zeigen, was du zu tun hast. Aber lass mich sehen… ah, ja. Hier. Du kannst nicht lesen, nehme ich an.«
    Ich schüttelte den Kopf. In Wirklichkeit konnte ich es, ein wenig, dachte aber nicht daran, Teska die Mitteilung umsonst zu liefern, genauso wenig wie er sie mir geben würde.
    Er nickte und erläuterte anhand der Stichwörter, die er notiert hatte, was ich zu tun hatte:
    »Es ist eine Sache der Überredung. Du überzeugst das Tier, dass dies die Art und Weise ist, wie es sein sollte. Dass es zum Beispiel größer sein sollte, oder dass seine Knochen besser sein würden, wenn sie aus Stein wären, oder dass es Reißzähne oder Hauer oder Flügel haben sollte, oder Feuer speie. Was immer. Was du willst. Und es wird deinem Willen gehorchen, wenn er stark genug und die Kraft ausreichend ist.« Er blickte auf und sah mich erwartungsvoll an. »Ist das hilfreich?«
    Ich beobachtete sein Gesicht, das außer der Frage nichts verriet. »Wer sagte das?«, fragte ich.
    »Ein Mann, der wusste, wovon er sprach.«
    »Wer?«
    Er klappte das Notizbuch zu. »Der Name würde dir nichts bedeuten. Aber wenn die Worte helfen können, gebrauche sie. Oder tue es auf andere Weise. Nur versuchen musst du es. Jetzt.«
    Verwirrt starrte ich den Vogel an. Er beobachtete jede Bewegung, spähte in hilfloser Furcht in die Schatten ringsum, und er tat mir Leid. Ich wusste, wie ihm zumute war. Ich versuchte ihm das zu sagen, so wie ich mich mit Fred, dem Bullenbeißer, verständigt hatte, versuchte dem Vogel verständlich zu machen, dass er nichts zu fürchten habe und niemand ihm weh tun würde. Langsam beruhigte er sich. Ich beobachtete ihn und sah einen staubigen braungrauen Vogel mit hellerer, gesprenkelter Brust, dünn und struppig, mit schwarz glänzenden Augen. Er ließ ein dünnes, kehliges Schnarren hören, ähnlich einer knarrenden Tür.
    Ich dachte, wie schlicht und unauffällig er war, wie die meisten

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