Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Burg

Dunkle Burg

Titel: Dunkle Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
Vom Netzwerk:
das Guckloch und nickte. »Nun, wenn Sie Meister Rookwod wären, aus welcher Richtung würden Sie angreifen?«, fragte sie, ohne sich umzusehen.
    »Will?« Silvus sah mich an.
    Ich zuckte die Achseln. »Von den oberen Talhängen, natürlich, um schnell am Ziel zu sein und nach dem Angriff eine gute Chance zu haben, talabwärts zu entkommen.«
    »Natürlich.« Silvus nahm das Gehabe eines Weisen an, der ein philosophisches Gespräch führt. »Und von welcher Seite her wäre das am aussichtsreichsten?«
    »Von der Seite uns gegenüber, wo der Hang sich recht gut begehbar und nicht zu steil ins Tal vorschiebt. Die Burg würde ich während des Angriffs links liegen lassen.«
    »Ja. Und die günstigste Zeit?«
    »Nun, der Angriff müsste erfolgen, wenn der Feind fest schläft. Ich würde ihn für die Mitte der Wache ansetzen, wenn die Posten am wenigsten wachsam sind. Nicht erst gegen Morgen, weil ein paar Stunden Dunkelheit benötigt werden, um zu entkommen und sich möglichst weit vom Gegner abzusetzen. Ich würde sagen, vier Stunden nach Sonnenuntergang.«
    »Genau. Machen wir uns also fertig. Ich denke, dass wir wahrscheinlich in ein paar Stunden hinausschlüpfen und vielleicht bis zum Bach kommen können. Dort werden wir abwarten. Zum Graben sind es dann nur noch ein paar hundert Schritte.«
    »Ein paar hundert Schritte durch Nathans Lager.« »Ja. Aber ich glaube, wir können darauf zählen, dass ein gewisses Durcheinander herrschen wird. Hast du noch diese Schlinge?« Ich klopfte auf die Stelle, wo sie in meinem Gürtel steckte. »Gut. Dann bis später.« Er legte sich auf die ausgerollte Decke, holte zweimal tief Atem und war eingeschlafen.
    Die Dunkelheit kam langsam. Ich merkte, dass sie eingetroffen war, als die Feuer im Lager unten hell flackernde Punkte geworden und die Zelte und Fuhrwerke zu unbestimmten Schatten verschmolzen waren. Silvus erwachte. Eine Weile beobachteten wir noch das Lager und besonders jene Feuer, die gelegentlich für Augenblicke erloschen, wenn die Wachtposten an ihnen vorbeischritten. Schließlich nickten wir dem Torwächter zu.
    Silvus starrte ihn an, um vielleicht eine Verständigung zuwege zu bringen. »Ich weiß nicht, wie man ›danke‹ denkt, wenn man das Wort nicht weiß. Wenn er mich nicht versteht, kann ich nichts daran ändern«, sagte er. »Ich habe mein Bestes getan.«
    Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit von unten, und wir krochen durch, als der Spalt sich erweitert hatte. Die Abendluft war süß, ein leichter Wind bewegte die frischen grünen Zweige der Sträucher und Stauden, die am steinigen Berghang ihr Fortkommen fanden. Eine Pfadspur, anscheinend von Ziegen herrührend, zog sich in unregelmäßigen Windungen den Hang hinab – in der allgemeinen Richtung der Wiese, die nun von Nathans Zelten bedeckt war.
    Man kann sich nicht lautlos bewegen, wenn man kein Geist ist, und man kann sich nicht unsichtbar machen. Es war unvermeidlich, dass wir auf dem nur schwach erkennbaren Ziegenpfad im losen Geröll rutschten und einzelne Steine lostraten, die dann, wenn wir Glück hatten, ein paar Schritte den Hang hinunterkollerten, oder, was schlimmer war, im Fallen mit hellem Klang auf Fels oder andere Steine prallten und weitersprangen, bevor sie weiter unten endlich zur Ruhe kamen. Solche Geräusche waren weithin hörbar, und wir konnten nur hoffen, dass die Wachen sie mit Wildziegen in Verbindung brachten, die auf ihrem Wechsel den Hang querten. Insgesamt aber, und zusätzlich aufgeschreckt durch solche Vorkommnisse, bewegten wir uns äußerst langsam und vorsichtig und brachten es fertig, sehr leise zu sein. Und im Schutz der Dunkelheit, der Umhänge aus Tarnstoff und ausreichend Deckung, von der es genug gab, musste es sehr schwierig sein, uns zu sehen. Und die Vorsicht gab uns etwas zu tun. Ein Wachtposten hat zwar den großen Vorteil, dass er sich vollkommen still verhalten und warten kann, aber das Stillsitzen kann auch recht ermüdend werden.
    Einer von ihnen erhob sich von seinem Platz, um sich die Füße zu vertreten und nicht einzuschlafen, und für einen Augenblick sah ich seinen schwarzen Umriss vor den Sternen. Ich brauchte zehn Minuten, bis ich einen Standort gefunden hatte, der mir einen zielsicheren Einsatz der Schleuder ermöglichte. Eine Schleuder ist beinahe lautlos.
    Es war ein Risiko. Wäre ich der für die Postenaufstellung verantwortliche Offizier gewesen, hätte ich vielleicht einen zweiten Posten in Sichtweite von diesem aufgestellt, für alle

Weitere Kostenlose Bücher