Dunkle Flut
Kinn verkrampfte, verriet ihm, dass diese Erklärung seine Schwester nicht vollends zufriedenstellte.
»Wenn wir ihn brauchen, holen wir ihn raus«, sagte er schließlich. »Abgemacht?«
»Abgemacht.«
»Die Sache dürfte nicht allzu schwierig werden«, sagte er. »Zuschlagen und zupacken wie zuvor.«
»Richtig.«
»Bereit?«
Sie nickte. »Los geht’s.«
Er streckte seiner Schwester die Hand entgegen. Sie nahm seine Hand in die ihre. Ihre Arme überbrückten den Spalt zwischen ihren Sitzen. Syll aktivierte die Lichtfilter in der Cockpitkugel. Nyss initialisierte den Hyperantrieb, und sie sprangen gemeinsam in den Abgrund. Die vorbeihuschenden Streifen des Hyperraums bedrängten ihre Augen – und der normale Weltraum verschwand. Sie schwebten allein im dunklen, warmen Schoß des Cockpits.
Im Hyperraum fühlte Nyss sich am meisten zu Hause. Das lag vermutlich daran, dass der Hyperraum – genau wie er selbst – von der Galaxis losgelöst war, ohne den gewöhnlichen Regeln unterworfen zu sein, die die Realität bestimmten.
Durch den getönten Transparistahl der Cockpitkugel waren die Sternenlinien des Hyperraums grau verwaschen und kaum sichtbar, ein dunkler Vorhang von mehreren Parsecs Breite. Er machte es sich bequem, um die Zeit totzuschlagen.
6. Kapitel
Nyss verspürte ein Gefühl des Verlusts, als der Spähflieger den Hyperraum verließ und der Realraum ihn wie kaltes Wasser ins Gesicht traf. Der Hyperraum war das Loch in der Galaxis, das das Loch in seinem Wesen widerspiegelte. Er genoss seine Zeit darin – Leere, die mit Leere kommunizierte.
Syll fuhr die Tönung des Transparistahls teilweise herunter, um die größtenteils braune Sphäre von Fhost zu enthüllen, von hinten erhellt von ihrem fernen orangefarbenen Stern.
Nyss aktivierte die Ionentriebwerke, und das Schiff schoss durch das System. Die Planetenbehörden nahmen nicht über Kom Kontakt zu ihnen auf. Vermutlich konnte die Technik auf einem so abgelegenen Planeten wie Fhost den Spähflieger noch nicht einmal orten. Seine signalabweisende Legierung und das Tarnantriebsystem machten es selbst für hochmoderne Technologie schwierig, ihn zu registrieren.
Als sie sich Fhost weiter näherten, aktivierte Nyss das Funkleitsystem für den Peilsender, den die Einen Sith an dem Manteljäger angebracht hatten. Er wartete, bis das System das Signal empfing. Es dauerte bloß einige Sekunden.
Er zoomte an die Position heran. Über seiner Computerstation erschien ein Hologramm der Oberfläche von Fhost. Das durchscheinende Bild des Planeten drehte sich rasant, als das Programm den genauen Standort des Peilsenders lokalisierte.
»Das Signal kommt von zwanzig Kilometern außerhalb der größten Stadt des Planeten«, sagte er. »Farpoint.«
»Was gibt es da?«
»Nichts«, sagte er. »Sie müssen das Schiff aufgegeben haben.«
»Dann lass uns hoffen, dass sie sich noch immer auf dem Planeten aufhalten.«
Nyss wusste, dass die Klone krank waren und zu Wahnsinn neigten – das war bei sämtlichen Klonen aus Thrawns Programm so. Wenn sie sich nach wie vor auf Fhost befanden, hatten sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgendetwas getan, um die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu ziehen.
»Überwach die Kom-Frequenzen der Planetenbehörden.«
Syll konfigurierte das Kom so, dass es die Planetenfrequenzen scannte, die in Farpoint ihren Ursprung hatten. Unterdessen näherten sie sich weiter dem Planeten und traten in die Atmosphäre ein. Die Planetenkontrolle nahm immer noch keinen Kontakt zu ihnen auf.
Dem Signal des Peilsenders folgend, flogen sie tief und landeten in einem Wäldchen einen halben Kilometer vom Schiff der Klone entfernt. Sobald sie unten am Boden waren, streiften sie sich Licht reduzierende Schutzbrillen über, die gleichzeitig als Ferngläser dienten, überprüften ihre Vibroklingen und schlangen sich ihre Armbrüste über den Rücken. Keiner von ihnen benutzte Blaster – das war eine zu plumpe Waffe für ihre Arbeit. Ihre Armbrustbolzen töteten genauso effektiv wie Blasterfeuer, und das mit relativer Lautlosigkeit.
Sie verließen das Schiff über den kleinen Ausstiegslift und huschten durch den Wald. Die Schutzbrillen schirmten sie dort vor der störenden Sonne ab, wo das Blätterdach des Waldes keinen Schatten bot. Schweigend hasteten sie von Schatten zu Schatten. Die Geräusche des Waldes – der Gesang der einheimischen Vögel, das Zirpen von Insekten – veränderten sich nicht. Nicht einmal die Tiere
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