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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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mich wirklich zusammenreißen. Einen Vorgesetzten in Rage zu bringen, ganz gleich, wie unangenehm er war, passte wirklich nicht zu mir. Ich war die Zurückhaltung in Person.
    »Sir, ich möchte mich entschuldigen«, sagte ich. »Ich hatte einen echt harten Tag, und …« Bewegung neben mir. Das Essen war da.
    »Nennen Sie ihn bloß nicht Sir«, sagte Trev und stellte einen Teller mit Nudeln, Garnelen und Gemüse vor mich und einen mit Rindfleisch und schwarzen Bohnen vor Joesbury. »Es macht ihn total an, wenn junge Polizistinnen ihn Sir nennen.«
    »Ich werd’s mir merken«, murmelte ich und dachte, dass das wahrscheinlich nicht allzu schwierig sein dürfte. Joesbury war definitiv nicht mein Typ. Eigentlich stand ich auf gar keinen besonderen Typ. Aber wenn doch, wäre er es nicht.
    »Also, das hier ist für Dana«, fuhr Trev fort und stellte einen Plastikteller mit Deckel auf den Tisch. »Grüß sie von mir, sag ihr, sie soll bald mal wiederkommen, und wenn sie je …«
    »Trev«, knurrte Joesbury. »Wie oft muss ich dir noch …?«
    »Man darf als Mann ja wohl noch träumen«, gab Trev zurück, während er sich auf den Weg zurück in die Küche machte. Als ich aufschaute, war Joesbury eingehend mit seinem Essen beschäftigt.
    »Woher wusste er, dass ich bei der Polizei bin?«, fragte ich, während ich nach meiner Gabel griff und eine Garnele auf dem Teller im Kreis herumschob.
    »Sie tragen einen orangefarbenen Sträflingsoverall, und auf dem Kragen steht ›Eigentum der Polizei von London‹«, antwortete Joesbury, ohne aufzublicken.
    »Ich könnte doch eine Verbrecherin sein«, gab ich zu bedenken und schob mir die Garnele in den Mund. Groß und trocken wie ein Stück Holz lag sie auf meiner Zunge.
    »Ja«, meinte Joesbury. Er legte die Gabel hin und sah auf. »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.«

7
    Ich wohne ganz in der Nähe der Wandsworth Road, keine fünf Minuten von Trevs China-Restaurant entfernt, im Untergeschoss eines viktorianischen Hauses. Der Makler, der mir die Wohnung vermietet hat, hatte sie als Gartenwohnung bezeichnet. In Wirklichkeit ist es der Keller, zugänglich über ein Dutzend Steinstufen, die gleich rechts neben der Haustür vom Gehsteig abwärtsführen. Aus reiner Gewohnheit warf ich einen prüfenden Blick in den kleinen Schattenbereich unter den Stufen. Wenn ich Pech hatte (und nicht aufpasste), könnte dort eines Nachts jemand warten. Noch war das nie passiert, und ich hoffte, heute Abend würde nicht das erste Mal sein, dafür war ich wirklich nicht in der richtigen Stimmung. Der Treppenschacht war leer, und das Vorhängeschloss an dem Verschlag, wo ich mein Fahrrad unterstellte, war nicht angerührt worden. Ich steckte den Schlüssel ins Türschloss und trat in die Wohnung.
    Drinnen ging ich durchs Wohnzimmer, vorbei an der winzigen Küche und weiter ins Schlafzimmer. An diesem Morgen hatte ich das Bett neu bezogen, wie jeden Freitag. Die Bettwäsche war aus frischer weißer Baumwolle, eine der sehr wenigen Annehmlichkeiten, die ich mir zugestehe. Normalerweise gehört es für mich zu den Highlights der Woche, mich am Freitagabend ins Bett zu legen.
    Doch ich wurde irgendwie das fürchterliche Gefühl nicht los, dass rote Flecken auf der Bettwäsche sein würden, wenn ich mich da hineinlegte, das Blut einer anderen Frau. Bescheuert, ich hatte geduscht, bis sich meine Haut ganz wund angefühlt hatte, aber trotzdem …
    Ich ging weiter und trat durch eine Art angebauten Wintergarten in den Garten hinaus. Er ist lang und sehr schmal, wie viele Gärten hinter Londons Reihenhausstraßen, und bekommt so gut wie kein direktes Sonnenlicht. Doch zum Glück hat derjenige, der ihn angelegt hat, sich ausgekannt. Sämtliche Pflanzen gedeihen im Schatten, und der Garten ist voller kleiner Bäume und dichter Büsche. Hohe Ziegelmauern zu beiden Seiten sorgen für Abgeschiedenheit. Eine kleine Seitentür führt auf eine Gasse hinaus. Ich achte darauf, dass sie stets zugesperrt ist.
    Ich schloss die Lider und sah blassblaue Augen, die starr in meine blickten.
    DI Joesbury, so ätzend er auch war, hatte es tatsächlich geschafft, dass ich für eine Weile nicht mehr an die Ereignisse von vorhin gedacht hatte. Als ich mit ihm zusammengesessen hatte, war ich bemüht gewesen, ein Gesprächsthema zu finden und bloß nichts Unangebrachtes zu sagen. Er hatte mir etwas gegeben, worauf ich mich konzentrieren konnte. Jetzt jedoch, wo ich allein war, war plötzlich alles wieder da.
    London ist niemals

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