SOULMATE (German Edition)
Silvesterparty 2009
Auf dem Weg zu Patricks groß angekündigter Mega-Silvesterparty begleitete mich ein höchst hartnäckiger Ohrwurm: »I will love you Monday« von ‚Aura Dione‘! Schon den ganzen Tag spielte der Song in meinem Kopf in einer Endlosschleife.
Na, pass mal auf , dachte ich, und begann mit »Psycho killer« von den ‚Talking Heads‘ lauthals dagegen zu halten. Der schrägste Rock-Song aller Zeiten. Ein Pärchen huschte an mir vorbei und grinste mich belustigt an.
Achselzuckend schmunzelte ich über mein eigenes Verhalten, was noch so ein eindeutiger Hinweis darauf war, dass ich bereits einen im Tee hatte.
Du bist total aufgedreht, Valerie, gib‘s zu, dachte ich. Was ist los mit dir?
In letzter Zeit erwähnte Patrick, mein treuester, bester Freund seit der Grundschule, bei fast jedem unserer Treffen einen New Yorker namens Finn Flanagan , den er über seinen jüngeren Bruder, unserem allerliebsten Lenny, kennengelernt hatte. Patrick schien diesen Finn wirklich zu mögen, und irgendwie hatte ich den Eindruck, dass er ihn auch ein wenig bewunderte.
Wenn ich es nicht besser gewusst hätte - und wer wusste es besser als ich? - hätte ich durchaus den Verdacht hegen können, Patrick sei möglicherweise verknallt, nur war das ausgeschlossen, vollkommen ausgeschlossen! In all den Jahren unserer Freundschaft - es waren nicht wenige - hatte ich fast alle seine Beziehungen und Techtelmechtel mitbekommen, nie war da mal was mit einem Kerl gewesen. Und seit gut einem Jahr war er ziemlich fest und ziemlich glücklich mit der lebenslustigen Louise liiert, einer gut gebauten Physiotherapeutin, die paar Jährchen älter war und auch sonst ein richtiger Glücksgriff. Sie hatte während seines anstrengenden Architekturstudiums sehr effektiv sowohl für seine mentale als auch physische Entspannung gesorgt, mit all den glitschigen Ölmassagen, den gnadenlosen Einrenkungen und durchaus substantiellen, stundenlangen Debatten über Häuserfassaden, Körpersilhouetten und Sinn und Unsinn des Feng-Shui, aber vor allem passten Patrick und sie zusammen wie Ying und Yang, wie Louise sagen würde.
Mit anderen Worten, mein Kumpel Patrick war und ist hetero durch und durch, dennoch schienen seine grauen Augen jedes Mal wie polierte Silberringe zu funkeln, wenn er über Finn Flanagan sprach und die meinen spiegelten dieses Funkeln auf wundersame Weise wider. Ein altes Phänomen zwischen Patrick und mir: begeisterte sich der Eine für etwas, konnte er den Anderen in den meisten Fällen damit anstecken.
»Er hat als Teenager in einigen Low-Budget Indie - Filmen mitgespielt, die ganz gute Kritiken bekommen haben«, hatte er mir bei unserem letzten Treffen voller Begeisterung erzählt und dabei die Hälfte von seinem heißen Kaffee - immer schwarz und ohne Zucker - auf die Tageszeitung verschüttet, die er zusammengerollt auf den Tischrand gelegt hatte.
»Außerdem macht er auch hin und wieder was mit einer New Yorker Theatertruppe …«, fuhr er ungerührt fort, während er nebenbei mit Taschentüchern hantierte, die sich mit der braunen Flüssigkeit vollsaugten.
»Ist da wohl Co-Intendant, wenn ich es richtig verstanden habe, arbeitet an den Skripts und Inszenierungen mit, aber hauptsächlich schreibt er für Zeitschriften. Er will sich eine Weile in Berlin umsehen, sagt er, macht wohl so eine Art schöpferische Pause oder so, will neue Eindrücke sammeln, keine Ahnung, wohnt bei Lenny, allerdings nur auf Lennys Drängen hin, wirklich wahr, wollte zuerst in einem Hotel einchecken … in einem Hotel! Stell dir vor, Valerie, um niemandem Umstände zu machen, hat mir Lenny jedenfalls so erzählt.«
Patrick nahm einen Schluck von seinem restlichen Kaffee. Er machte ein rundum zufriedenes Gesicht, wie es Männer oft tun, wenn sie meinen, einer sagenhaften Entdeckung auf die Spur gekommen zu sein, wofür sie sich am liebsten selbst auf die Schulter klopfen würden.
»Hast du überhaupt schon mal was von ihm gelesen?«, fragte ich, inzwischen ziemlich neugierig geworden auf diesen Finn Typen.
»Ja, ein wenig, paar humoristische Gedichte, einen krassen Songtext und eine ziemlich geniale Kurzgeschichte, die es in sich hatte. Die allein hat schon gereicht, um mich zu beeindrucken. Das war echt klug durchdachtes Zeugs über ... warte, jetzt wird‘s kompliziert ... die Liebe als mystisches Zentrum und Quelle aller Kraft, um ... äh ... die Unüberwindbarkeit des Todes ertragen zu können oder so ungefähr jedenfalls ... wie
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