Dunkle Gier: Roman (German Edition)
eindrang und sich darin verhakte. Als Zacarias das Bein bewegen wollte, merkte er, dass es durch die hindurchgewachsenen Ranken in der Erde fest verankert war.
Sofort wurde ihm klar, dass etwas Lebendiges in ihn eingeführt wurde, denn winzige Organismen bewegten sich unter seiner Haut, bohrten sich in Muskeln und Gewebe und wühlten sich immer tiefer hinein. Er ignorierte das Gefühl jedoch. Wahrscheinlich war der Zweck des Ganzen, ihn zu schwächen und auszubluten, bis er Ruslan nicht mehr effektiv bekämpfen konnte, während die Pflanze ihn buchstäblich an Ort und Stelle festhielt und zu einem Bestandteil von sich machte.
Der Meistervampir war zu erfahren, um Zacarias zu einem offenen Zweikampf herauszufordern. Er würde aus sicherer Entfernung Schläge austeilen und mit seiner Strategie fortfahren, Zacarias immer mehr zu schwächen, bis er sicher war, dass der Jäger sich nicht mehr verteidigen konnte. Erst dann würde er zum entscheidenden Schlag ausholen.
Diese Strategie hatte jedoch eine Schwachstelle. Zacarias war ein unbeirrbarer, konsequenter Jäger. Sein Körper bedeutete ihm nichts. Den Feind zu töten war das Einzige, das zählte, und er würde Ruslan Malinov umbringen. Nichts anderes durfte ihn im Moment belasten. Die Ranke, die sich schon bis zu seinem Schenkel hinaufgewunden hatte, ignorierte Zacarias, erhob die Hände in Richtung Regenwald und rief seine eigene Waffe herbei.
Der Wind wechselte die Richtung so schnell, dass er Ruslan ins Gesicht schlug und ihm keine Zeit für Schadenfreude ließ. Der Himmel um den Vampir verdunkelte sich, als tausend winzige Stechfliegen heranschwärmten und über Ruslan herfielen. Jede faulige Stelle in seinem Körper bot ihnen Zugang, und sie drangen auch in seinen Mund, in seine Augen und in seine Nasenlöcher ein. Illusionen zählten für sie nicht, sie sahen nur verwesendes Fleisch.
Wie winzige Missiles drangen sie tief in Ruslans Körper ein, legten auf dem Weg noch Larven ab und reproduzierten sich mit ungeheurer Schnelligkeit. Die Fliegen vermehrten sich sogar noch, während sie angriffen. Ruslan riss sich mit seinen messerscharfen Krallen Gesicht und Brust auf und gab Zacarias damit die nötige Zeit, sich die Schlingpflanze, die durch sein Bein wuchs, näher anzusehen.
Es war ein relativ einfacher Trick, der Meistervampir hatte nur benutzt, was bereits vorhanden war. Laub und abgestorbene Pflanzen bedeckten den Waldboden, und um ihnen Leben einzuhauchen, hatte Ruslan einen kleinen Teil von sich in diese toten Pflanzen einbringen müssen. Das Laub auf dem Boden fuhr fort, die Kletterpflanzen zu ernähren, sodass sie sich noch tiefer durch Haut und Muskeln bohrten, bis sie auf der anderen Seite wieder austraten.
Zacarias löste sich von seinem physischen Ich, um mit seinem Geist in seinen Körper einzudringen. Die Pflanzen wanden sich durch seinen Körper, stachen und bohrten sich durch Fleisch und Knochen und hatten nur ein einziges Ziel – das kleine Licht der Seele in ihm. Ohne Marguarita war es wirklich nur sehr schwach, doch es war da und half Zacarias, seine Ehre zu bewahren. Die winzigen Bazillen, die seinen Organismus aufzehrten, wurden jedoch auch von diesem Licht erhalten. Deshalb holte Zacarias tief Luft und ließ alles Leben in sich erlöschen. Für einen Moment stellte er die Tätigkeit von Herz und Lunge ein. Die Pflanze lockerte sich augenblicklich, doch sowie er seinen Körper wieder zwang zu arbeiten, fraßen die Mikroorganismen weiter.
Zacarias bestand größtenteils aus Finsternis, Schatten und Flecken und war mit Makeln behaftet wie nur wenige – falls überhaupt – andere Jäger. Doch gerade diese Dunkelheit ermöglichte es ihm, solch schwere Verwundungen und starke Schmerzen außer Acht zu lassen. Er war schon ein Teil von dieser Welt der Schatten. Sein Vater war ein legendärer Krieger mit bemerkenswerten kämpferischen Fähigkeiten gewesen, aber auch der einzige Karpatianer, von dem Zacarias wusste, dass er Schatten in seiner Seele hatte – bis sein Sohn geboren worden war und sie geerbt hatte.
Jetzt griff Zacarias nach diesen Schatten, begrüßte sie und ließ alles Licht in sich erlöschen, um aus dieser Dunkelheit zu schöpfen, die ihm eine so große Hilfe zu sein schien. Sobald der letzte Funke Licht in ihm erloschen war, starben die Bakterien nach und nach ab. Die Dunkelheit in ihm war zu groß, um sie am Leben zu erhalten. Die Pflanze konnte nicht länger wachsen, und da ihr Griff um ihn sich schon gelockert hatte,
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