Dunkle Gier: Roman (German Edition)
… Wenn du nicht in Panik gerätst, wird alles gut gehen.
Ihr erster Versuch brachte gar nichts, sie befiel nur wieder panische Angst, die sie jedoch schnell verdrängte. Nutz deinen Willen! Dein Vater sagte immer, du wärst stur genug, um Berge zu versetzen, wenn du es wirklich wolltest, also beweg auch dieses bisschen Erde hier!, befahl sie sich.
Im Geiste schrie sie auf, als ihre Finger sich bewegten. Ihr war deutlicher denn je bewusst, dass sie unter der Erde lag, doch sie hielt die Augen fest geschlossen und zwang sich zu der Vorstellung, dass sich das Erdreich über ihr teilte wie das Rote Meer. Als sie wieder Atem holen und zur Decke des Raumes aufblicken konnte, wischte sie sich Schweißtröpfchen von der Stirn und richtete sich auf.
Ich bin hier.
Komm zu mir! In mich hinein – auf deine Weise. Und falls das hier danebengeht, ziehst du dich sofort wieder zurück.
Sie zögerte nicht. Egal, wie wütend oder verletzt sie war, ein Mann wie Zacarias de la Cruz würde nie so etwas während eines Kampfes verlangen, wenn es nicht dringend nötig war. Sie fand das schon vertraute wilde Tier in ihm und verschaffte sich Zutritt, indem sie so behutsam wie nur möglich in ihn eindrang. Die Dunkelheit in ihm ließ ihr den Atem stocken. Es war pure Brutalität, was sie dort sah – töten oder getötet werden. Jeder Teil von ihm schien dunkel und beschattet zu sein, Wände aus purem Eis, ganze Blöcke davon, erfüllten seinen Kopf, und das gleiche Eis sah sie in seinen Adern.
Sein Inneres war übel zugerichtet, der Schmerz schier unerträglich, doch irgendwie gelang es Zacarias, ihn abzublocken, wofür sie dankbar war, auch wenn sie nicht verstand, wie er das machte. Sie wollte auch gar nicht wissen, wie all diese furchtbaren Verletzungen entstanden waren – oder wie er sich noch auf den Beinen halten und mit allen Sinnen darauf konzentrieren konnte, das Böse zu vernichten. Marguarita ließ Wärme in ihn einfließen. Liebe. Alles, was sie war. Sie ging völlig auf in ihm und erfüllte ihn, zwang die Dunkelheit, sich zurückzuziehen, und ließ ihr Licht auf jeden Schatten fallen.
Zacarias unternahm keinen Versuch, geistig mit ihr in Kontakt zu treten, aber sie spürte, dass er diesen Strom aus Wärme, Mitgefühl und Verständnis anzapfte und sich zunutze machte. Dann sandte er einen Ruf in den Wald hinaus, und sie spürte, wie er irgendetwas herbeizitierte. Nein, nicht wirklich herbeizitierte, es war mehr ein Hilferuf, eine Bitte, wie sie sie äußern würde. Es lag nichts Gebieterisches, keine Arroganz darin. Es war wirklich nur eine Bitte um Hilfe und Unterstützung.
Die Toten in dem Wald mussten von den Lebenden vernichtet werden. Es erstaunte sie, dass er solche Dinge wusste – dass er, umgeben von Kreaturen, die nur darauf aus waren, ihn in Stücke zu zerreißen, noch zu solch schnellem Denken fähig war. Zacarias brauchte freie Bahn zu Ruslan, und das war das Einzige, was ihn im Moment kümmerte.
Marguarita holte tief Luft, als die schaurigen, aus Laub bestehenden Gestalten angriffen, nach Zacarias ausholten und mit ihren Hieben durch seine Haut und Knochen schnitten. Er wirbelte mitten unter ihnen herum und nutzte alle verfügbaren Mittel, um sie in Schach zu halten. Feuer, Wind … Aber nichts half gegen sie, und die ganze Zeit über gab Ruslan ein schrilles, entnervendes Lachen von sich, das Marguarita in den Ohren gellte und ihr schrecklich auf die Nerven ging.
Sie zwang sich, sich von allem abzugrenzen, was Zacarias widerfuhr. Er war sehr ruhig, und sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. All das war nur Ablenkung. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie das helfen sollte, doch sie konnte nicht umhin, ihn zu bewundern, auch wenn sie große Angst um ihn ausstand. Er versuchte nicht, die Wahrheit vor ihr zu verbergen – dass sie in seinem Kopf, aber nicht in seinen Gedanken war. Sie war nur in ihm, weil er eine weitere Waffe brauchte, und er nahm sie nicht als Frau aus Fleisch und Blut, als seine Frau wahr. Zacarias hatte weder Angst um sich selbst noch um sie; das Einzige, was ihn bewegte, war der Drang, das Böse zu vernichten.
Eine Welle der Bewegung ging durch das Blätterdach des Waldes, und Affen sprangen von den Ästen herab auf die Rücken der Kreaturen, warfen sie um und rissen sie in Stücke, bevor sie zu den nächsten weitersprangen. Es dauerte einen Moment, bis Marguarita begriff, dass die von den Affen attackierten Kreaturen diejenigen waren, die Zacarias den Weg zu dem frohlockenden
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