Dunkle Gier: Roman (German Edition)
weglocken, doch Zacarias konnte sehen, wie ihr der Gedanke widerstrebte, er könnte gefunden werden. In ihrem Bewusstsein sah er sogar sich selbst unter der Erde, falls er sich verbergen müsste.
Er zwang sich, die Küche zu durchqueren, sich einen Stuhl heranzuziehen und sich zu Marguarita zu setzen. »Möchtest du wirklich die Wahrheit über diese Vögel hören? Und was sie mit der Familie de la Cruz zu tun haben? Wenn du es willst, werde ich dir die Wahrheit sagen, also überleg dir gut, was du dir wünschst.«
Sie trank einen weiteren Schluck Tee und betrachtete sein Gesicht über den Rand der Tasse hinweg. Ihr Blick war sehr ernst geworden, und er konnte sehen, wie sie im Geiste seine Worte abwog. Als sie dann langsam nickte, wirkte sie sehr entschieden.
»Nach dem Angriff auf dich stellte sich heraus, dass die Köpfe der Verschwörung, den Prinzen der Karpatianer zu ermorden, eine Armee um sich versammelt hatten und den Plan gegen den Prinzen ausführen, ihn aber vorher auf einem unserer Familiensitze erproben wollten. Wir waren überzeugt – und hatten recht damit –, dass es sich um unseren größten Besitz in Brasilien handelte. Die meisten Mitglieder meiner Familie und ihre Gefährtinnen halten sich dort auf, und es war daher nur logisch, dass sie uns alle auf einen Schlag erwischen wollten.« Er bleckte die Zähne. »Sie hatten nur nicht damit gerechnet, mich dort anzutreffen.«
Marguarita befeuchtete die Lippen. Dann teilte sie sie, und Zacarias verlor den Faden. Sie blinzelte mehrmals, und er merkte, wie er ihre Wimpern bewunderte, die dicht, lang und fedrig waren. Komisch, aber solche Einzelheiten hatte er noch nie bei einer anderen Person bemerkt! Marguarita runzelte die Stirn und zog die Brauen zusammen, worauf für einen Moment winzige Fältchen erschienen, die sich jedoch gleich wieder auflösten wie das Grübchen an ihrer rechten Wange, wenn sie aufhörte zu lächeln.
Und? Haben sie alle zusammen erwischt?
»Dachten sie. Aber sie hatten nicht mit mir oder einem anderen Krieger namens Dominic gerechnet. Und sie hatten auch nicht bedacht, dass die Frauen kämpfen würden – und die Menschen.« Marguaritas Verletzungen, nachdem der Haubenadler sie durch die Luft getragen hatte, hatten Zacarias die Zerbrechlichkeit der Menschen viel bewusster gemacht – und doch waren seine Leute in Brasilien bereit gewesen, freiwillig in den Kampf zu ziehen, um den Besitz zu verteidigen.
Wussten sie, worauf sie sich einließen?
Zacarias’ Kopf fuhr hoch. »Liest du meine Gedanken?«
Deine Gefühle. Du empfindest Trauer wegen der Gefallenen. Und du bewunderst sie.
Er schüttelte ablehnend den Kopf. Er empfand nichts! Sein Verstand klassifizierte sein neues Verständnis als Sachverhalt und legte es zu all den anderen Informationen, die er in seinem langen Leben gesammelt hatte. Aber Gefühle hatten keinen Platz in seiner Welt.
Wussten sie, wer ihre Gegner waren?, beharrte Marguarita.
Zacarias nickte. »Nicolas sprach mit allen und gab ihnen die Möglichkeit zu gehen. Ihnen wurde empfohlen, Frauen und Kinder wegzubringen, doch sie weigerten sich. Alle blieben, obwohl mein Bruder klarstellte, dass wir Verluste erleiden würden und dass keiner, der ging, das Recht verwirken würde, auch weiterhin für uns zu arbeiten. Ein Angriff einer ganzen Armee von Vampiren war noch nie zuvor geplant und ausgeführt worden, und wir wussten, dass es ein brutaler Kampf werden würde.«
Zeig es mir!
»Bestimmt nicht«, erwiderte er ruhig.
Er sah die langsame Röte, die unter ihre Haut kroch, die ungläubige Frage in ihrem Blick und auch den Anflug von Gekränktheit, der in ihre Augen trat. »Krieg ist nichts für dich. Du hattest eine Begegnung mit einem Vampir, und eine ist mehr als genug. Sie werden nicht mehr an dich herankommen, solange ich lebe.«
Marguarita legte die Gabel weg und sah ihm prüfend ins Gesicht. Ich arbeite für deine Familie. Wir mussten schwören, euch zu beschützen, se ñ or, und das werde ich, genau wie die anderen, die hier angestellt sind. Wir sind genauso tapfer und loyal wie die, die euch in Brasilien dienen.
Zacarias brauchte einen Moment, um die Fülle der Eindrücke zu verarbeiten, die sie ihm übermittelte. Er hatte sie gekränkt. »Du missverstehst mich. Ich bin mir eurer Loyalität und Tapferkeit sehr wohl bewusst. Ich weiß, dass ihr alle die Absicht habt, mich zu beschützen …« Er hatte gedacht, dass er den Gedanken für lächerlich halten würde. Für eine Kinderfantasie.
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