Dunkle Gier: Roman (German Edition)
gegeben haben – vor langer Zeit -, doch ich habe keine Erinnerungen mehr daran.«
Das ist nicht wahr, Zacarias. Ich schwöre dir, dass es nicht wahr ist. Ich bin in deinem Kopf und sehe die Kämpfe und Erinnerungen, und ich spüre deinen Schmerz. Der Kummer ist größer und überwältigender als alles, was ich je erfahren habe – und ich habe beide Eltern verloren und weiß, was Leid ist. Ich kann mir so etwas nicht ausdenken. Und ich würde es auch nicht.
Wie konnte sie seinen Schmerz spüren, wenn er selbst ihn nicht fühlte? Übertrug sie ihre eigenen Gefühle auf ihn? Die telepathische Verbindung zwischen ihnen wurde jedes Mal stärker, wenn sie sie benutzten, aber trotzdem wäre es unmöglich für sie, etwas zu spüren, was nicht vorhanden war.
»Zeig es mir!«, flüsterte er an ihrem Ohr. »Zeig mir, was du in mir siehst!«
Gerade noch war er Zacarias de la Cruz, karpatianischer Krieger und Jäger. Allein. Kalt und spröde, mit Gletscherwasser in den Adern – und im nächsten drang sie in ihn ein wie warmer Honig und füllte jede leere Stelle in ihm aus. Fand jede dunkle Ecke, jede geheime Träne und jeden Riss in seinem Geist. Dieser warme Honig floss über das Eis, fand jede gebrochene Brücke, baute neue, füllte Löcher und stellte zerstörte Verbindungen wieder her.
In Zacarias’ Kopf knisterte Elektrizität. Er spürte jeden ihrer Atemzüge und atmete mit ihr. Ihr Herz schlug, und es war in seiner Brust. Sie war in ihm, bis alles, was ihn ausmachte, von Marguarita erfüllt war, von ihr und all der Wärme, die sie mit sich brachte. Mit ihrem strahlend hellen Licht. Die Hitze schmolz das Eis in ihm so schnell, dass er keine Barriere errichten konnte, um es aufzuhalten.
Zacarias blinzelte, als er spürte, wie Marguarita ihn fester an sich zog und mehr und mehr Leere mit sich selbst ausfüllte, bis er zum ersten Mal vollständig war. Er war nicht mehr allein. Sterne explodierten in seinem Kopf, öffneten sich wie eine Urmasse und stürmten so schnell auf ihn ein, dass er zuerst gar nicht begreifen konnte, was er sah.
8. Kapitel
M it vor Schreck geweiteten Augen kauerten Zacarias’ Brüder zwischen den Felsen. Riordan war kaum -/mehr als ein Kleinkind, doch es war nichts Junges an seinem Bewusstsein oder Verstand. Er starrte den sich nähernden Vampir mit dem gleichen Entsetzen an wie seine älteren Brüder. Über ihnen brauten sich dunkle Sturmwolken zusammen, die die Sterne nahezu auslöschten, aber der volle Mond schien blutrot durch die sich hoch auftürmenden, aufgewühlten Wolken.
Verteilt euch hinter ihm, und wenn ich sage, lauft, rennt weg und seht euch nicht mehr um!, befahl Zacarias. Du bist verantwortlich für Riordan, Manolito. Bleib bei ihm! Nicolas und Rafael, ihr beschützt sie. Und ihr alle seht zu, dass ihr verschwindet.
Wir helfen dir, sagte Rafael mit zitternder Stimme.
Du kannst das nicht allein, meinte Nicolas bekümmert.
Lauf weg, Zacarias! Komm mit uns!, bestürmte ihn Manolito.
Zacarias hörte ihre Proteste, doch wenn er einen Befehl gab, wussten sie, dass sie gehorchen mussten. Ihre Mutter lag blutüberströmt, mit zerfetztem und zerschmettertem Körper, auf den Felsen. Ihnen blieb jedoch keine Zeit, sie zu betrauern oder ihrer zu gedenken. Ihr Vater war zu spät gekommen, um sie zu retten, aber auch der Vampir, der sie getötet hatte, lag zerfetzt und buchstäblich in Stücke gerissen neben ihr. Die Brutalität, mit der er umgebracht worden war, hätte Zacarias warnen müssen, bevor sein Vater sich zu ihnen herumdrehte, doch diese gezackten Zähne und roten Augen mit dem irren Blick waren trotzdem noch ein Schock für ihn.
Sein Vater hatte die Hände zu den Bergen erhoben, wo viele Felsbrocken gefährlich locker saßen. Der Boden erbebte. Zacarias hatte den Angriff auf seine Brüder nicht erwartet und kam eine Sekunde zu spät, um ihm entgegenzuwirken. Er konnte nur noch schnell einen Schutzzauber über die Jungen werfen, um sie vor der Steinlawine zu schützen, bevor er zum Angriff überging. Er wusste, dass sein Vater keine Aggression erwartete, aber es war das Einzige, was ihm übrig blieb. Sein Vater war viel älter, stärker und erfahrener, doch er war ein neu geschaffener Vampir und noch nicht an den Rausch gewöhnt, den ihm das Töten verschafft hatte.
Sein Vater war ein hervorragender Kämpfer, ein legendärer Jäger, dessen Name in ehrfürchtigem Flüsterton genannt wurde, aber er hatte seinen ältesten Sohn die gleichen Fähigkeiten gelehrt. Unter den
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