Dunkle Gier: Roman (German Edition)
Aber jetzt merkte er, dass seine Einstellung sich geändert hatte, seit er Marguarita kannte. Im Stillen war er sogar erfreut darüber, dass sie an nichts anderes denken konnte, als daran, ihn zu beschützen, nun, da sie wusste, dass Vampire hinter ihm her waren. Gefühle waren merkwürdige Regungen und schwer zu akzeptieren, bei sich selbst und auch bei anderen. Emotionen komplizierten offenbar alles.
Marguarita schrieb ein Fragezeichen in die Luft. Zacarias schüttelte den Kopf und gab ihr keine Antwort. Er würde ihr nicht ihr Schreibzeug geben. Ihre Fähigkeit, sich auf geistigem Wege zu verständigen, wurde jedes Mal besser, wenn sie Bilder und Eindrücke der Worte formte, die sie sagen wollte. Er würde anders sein als ihre menschlichen Gefährten. Mit ihm konnte sie ohne Stimme »sprechen«. Das Intime daran gefiel ihm.
»Du wirst mir hierin gehorchen, Marguarita. Ohne Widerworte.«
Mit voller Absicht hielt er ihren Blick einen Moment lang fest, damit sie sah, dass eine sofortige Bestrafung folgen würde, falls sie es wagte, sich offen seiner Anordnung zu widersetzen. Und da er ihre krankhafte Neigung kannte, sich seinen Befehlen zu widersetzen, würde er sie sehr genau beobachten. Er wartete, bis sie zuerst den Blick abwandte, dann fuhr er fort.
»Wir haben sämtliche Vampire getötet, die geschickt worden waren, und auch die Marionetten, die sie geschaffen hatten. Die führenden Köpfe hatten keine Zeit, eine weitere Armee zu versammeln, um sie gegen mich ins Feld zu führen. Stattdessen, vermute ich, werden sie mich jetzt durch kleinere Angriffe zu schwächen versuchen, und erst dann wird einer kommen, um zu versuchen, mich zu vernichten. Nach Brasilien müssten sie ihre Lektion gelernt haben.«
Diesmal zeichnete Marguarita das Fragezeichen im Geiste, und er merkte, dass wieder das heitere, warme Lachen in ihm aufstieg. Das Wort »gehorchen« schien sie sehr verärgert zu haben. Wie sie auf ihrem Stuhl herumrutscht und sich bemüht, ihre Verärgerung vor mir zu verbergen, ist entzückend, dachte er. Vielleicht sollte er das Wort von nun an öfter fallen lassen, um zu sehen, wie sie reagierte. Denn wenn irgendjemand es wagen sollte, ihn zu überraschen, würde es Marguarita sein.
Wie meinst du das, sie müssten ihre Lektion gelernt haben? Was hat es sie gelehrt, dir und deinen Brüdern eine Armee auf den Hals zu schicken?
»Die Meister bleiben lieber in Deckung und ziehen es vor, ihre Schachfiguren zu opfern. Zwei der fünf Meistervampire wurden bereits vernichtet. Drei sind noch übrig. Wenn sie mich tot sehen wollen, hat nur ein Meister eine Chance, mich zu besiegen. Und nicht nur irgendein Meister. Es müsste schon einer der Brüder Malinov kommen.«
Ein Erschaudern durchlief sie. Zacarias beugte sich vor, um ihr in die Augen zu sehen, die sich bei seinen Worten verdunkelt hatten.
»Du brauchst keine Angst zu haben. Ich freue mich, wenn er kommt. Und sollte er mich besiegen, wird er zu große Angst vor meinen Brüdern haben, um hier in der Nähe zu bleiben.«
Abrupt schob Marguarita den Stuhl zurück, erhob sich und trug Teller und Tasse zur Spüle, wo sie beides sorgfältig spülte und abtrocknete. Dabei wandte sie Zacarias beharrlich den Rücken zu. Es war eine lächerlich menschliche Geste – als könnte sie ihn so aus ihren Gedanken heraushalten. Es gab keine Möglichkeit mehr, sich vor ihm zurückzuziehen, nachdem er sie entdeckt hatte – und sie ihren Geist und ihr exquisites Blut mit ihm teilte.
»Ich sage dir nur die Wahrheit.«
Sie fuhr herum, lehnte sich an die Spüle und sah ihn mit so ausdrucksvoller Miene an, dass es ihm einen Stich ins Herz versetzte. Diesmal versuchte er, den Schmerz, der ihn durchfuhr, zu spüren, zuzulassen und nicht zu verdrängen. Ihre Augen schwammen in Tränen und verwandelten all dieses schöne Schwarz in zwei bodenlose Seen. Es war unmöglich, voll und ganz die Fülle ihrer aufgewühlten Emotionen zu verstehen, doch eins stand fest: Er hatte es wieder mal geschafft, sie zu verärgern.
Zacarias seufzte. Frauen waren schwierig; man wusste nie, wie sie von einem Moment zum nächsten reagieren würden. Sie besaßen weder Logik noch Vernunft. Zumindest Marguarita nicht. Er war nicht lange genug mit anderen zusammen gewesen, um beurteilen zu können, ob sie anders waren, aber diese Frau machte es ihm wirklich schwer, sie zu verstehen.
»Hör auf damit!«, befahl er ihr und drückte die Hand auf sein Herz, als könnte er so den Schmerz vertreiben, den ihre
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