Dunkle Gier: Roman (German Edition)
Emotionen hatte, es sein konnte. Bei dem Versuch, sein Leben zu retten, hatte sie ihre Stimme verloren, und er hatte Marguaritas Loyalität belohnt, indem er sie dem Tode entrissen und den Verwaltern der Ranch dann Anweisung gegeben hatte, ihr alles zu geben, was ihr Herz begehrte. Er sah jedoch keinen Schmuck an ihren Fingern oder ihrem Hals, und die Kleidung, die sie trug, war schlicht und praktisch. Aber sie lebte für die Pferde, selbst er konnte das sehen. Er hatte ihr … Leben geschenkt. Und auf irgendeine seltsame Weise hatte sie ihm Freiheit zuteilwerden lassen.
Zacarias merkte nicht einmal, wie die Zeit verging. Die Insekten blieben still. Die Pferde hörten auf, im Kreis zu laufen, und drängten sich in einer Ecke der Koppel zusammen, wo sie, so weit von ihm entfernt wie möglich, nervös herumtänzelten und mit den Hufen stampften. Nur langsam reagierte Zacarias’ Körper auf die aufgehende Sonne mit der seltsam bleiernen Schwere, die so typisch war für die karpatianische Spezies.
Zacarias streckte sich auf dem Boden aus und hielt das Gesicht Marguarita zugewandt, die auf ihn zugeritten kam. Jetzt durchdrang das Sonnenlicht schon seine Kleider und fühlte sich an wie eine Million kleiner Nadeln. Er konnte sich nicht bewegen, aber er hätte es auch nicht gewollt. Marguarita war schön. Frisch und unschuldig. Ein Gefühl der Zufriedenheit durchströmte Zacarias trotz der zunehmenden Schmerzen. Er hielt die Augen offen, weil er das Bild Marguaritas auf dem Pferd in seinem Herzen haben wollte, wenn er in das nächste Leben überging.
Vielleicht beobachtete er sie zu scharf, oder vielleicht war sie auch durch das ungewohnte Verhalten der Pferde und Insekten aufmerksam geworden – jedenfalls wandte sie den Kopf, und ihr Blick begegnete dem Zacarias’. Er sah, wie sie scharf den Atem einsog und dem Hengst die Knie in die Flanken drückte, um ihn zu einer schnelleren Gangart anzutreiben.
Nein! Bleib zurück! Komm nicht in meine Nähe! Versorg dein Pferd und geh!
Falls ein winziges Zögern darauf hinwies, dass die Worte in ihr Bewusstsein eingedrungen waren, bemerkte Zacarias es nicht. Er sah nur, dass ihr Pferd über den Zaun sprang und sie das Tier, das nun vor Furcht zu tänzeln begann, anhielt und von seinem Rücken glitt. Der Paso scharrte aufgeregt mit den Hufen, und nach einem strengen Blick auf ihn zeigte sie mit einer Handbewegung auf die Koppel. Sofort preschte der peruanische Paso auf den Zaun zu, setzte darüber und gesellte sich zu den anderen Pferden in der fernen Ecke.
Marguarita näherte sich Zacarias so vorsichtig, als wäre er ein in die Enge getriebenes wildes Tier. Sie bewegte dabei die Lippen und schien sich noch nicht ganz daran gewöhnt zu haben, dass sie nicht mehr sprechen konnte. Eine beruhigende, tröstliche Wärme durchflutete Zacarias’ Geist.
Er bemühte sich aufzustehen, aber der Fluch der Sonne hatte ihn schon erfasst. Marguarita trat näher, sodass ihr Schatten auf ihn fiel und ihr Körper ihn vor dem Sonnenlicht schützte. Ihre schönen dunklen Augen blickten furchtsam und besorgt zugleich auf ihn herab.
Lass mich in Ruhe! Verschwinde! Er setzte ihr den Befehl in den Kopf und schickte den Eindruck eines drohenden Knurrens und unanfechtbaren Machtworts hinterher.
Doch Marguarita hockte sich neben ihn, berührte seinen brennenden Arm und runzelte besorgt die Stirn, bevor sie die Hand zurückzog und auf ihre Fingerspitzen blies.
Es ist meine Entscheidung. Lass mich hier in Ruhe sterben! Er hatte keine Ahnung, ob die Befehle bei ihr ankamen, denn sie sah ihn nicht so an, als hätte sie ihn verstanden.
Marguarita war praktisch von Geburt an dazu erzogen worden, den Mitgliedern seiner Familie zu gehorchen. Da würde sie sich ihm doch jetzt bestimmt nicht widersetzen, oder? Sie wusste, wie leicht ein karpatianischer Jäger am Rande des Wahnsinns zum Vampir werden konnte. Der Untote hatte ihr die Kehle aufgerissen. Zacarias konnte das Zittern ihrer Hand an seinem heißen Arm spüren. Sie musste sich die Finger an seiner Haut verbrannt haben. Er konzentrierte sich auf Marguarita und belegte ihren Geist mit dem psychischen Zwang, zu gehen und ihn allein zu lassen. Sie war zu mitfühlend und zu verständnisvoll, um einem so mächtigen Karpatianer wie ihm nicht zu gehorchen.
Sein psychischer Zwang stieß gegen einen Geist, den er kaum verstehen konnte. Nicht, weil er Barrieren fand – es war vielmehr so, als lösten sich seine so oft erprobten Techniken in Rauch
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