Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
irgendwelche Unbekannten haben sie halb tot geprügelt. Ich möchte den Grund dafür herausfinden, weil ich den Schlägern eine Abreibung verpassen will. Und ihr sollt mir dabei helfen.«
    An dieser Stelle bekam es Dodger mit einem wundervollen Stück Straßentheater zu tun, bei dem kaum ein Wort gesprochen wurde und das in drei Akten stattfand. Der erste Akt hieß Ich weiß nichts und der zweite Ich habe überhaupt nichts gesehen. Den Abschluss bildete das beliebte Ich habe nie nichts getan. Als Zugabe präsentierte das Ensemble den Dauerbrenner Ich war nicht dort.
    Dodger hatte Ähnliches erwartet, sogar von seinen gelegentlichen Kumpeln. Es war nicht persönlich gemeint, aber niemand mochte ausgehorcht werden, erst recht dann nicht, wenn eines Tages vielleicht Fragen gestellt wurden, die einen selbst betrafen. Aber diese Sache war wichtig für ihn, und deshalb schnippte er mit den Fingern, womit er Onan ein Zeichen gab. Der Hund knurrte – ein Laut, den man von einem eher kleinen Geschöpf wie ihm nicht erwartete, sondern eher von einem Ungetüm, das aus den Meerestiefen aufstieg, und zwar mit großem Appetit. Ein scheußliches Grollen lag in diesem Geräusch, und es hörte nicht auf. Jetzt sagte Dodger mit einer Stimme, so flach, wie das Grollen tief war: »Hört mir zu, ja? Hier spricht Dodger, ja, ich bin’s, euer Freund Dodger. Die junge Frau hat goldenes Haar, und ihr Gesicht war schwarz und blau.«
    Dodger entdeckte Panik in den Augen der anderen, als hielten sie ihn für übergeschnappt. Doch dann veränderte sich das große runde Gesicht der Dreckigen Dory, als sie etwas so Unerwartetes wie einen Gedanken in den Griff zu bekommen versuchte.
    Sie hatte nie besonders viele. Um ihre wenigen Gedanken zu erkennen, hätte man vermutlich ein Mikroskop gebraucht – Dodger hatte einmal eins bei einer Schaustellergruppe gesehen. Es waren immer irgendwo Schausteller unterwegs, denn ihre Buden und Vorstellungen erfreuten sich großer Beliebtheit, und in diesem Fall hatte Dodger in einen Apparat geblickt, der Dinge vergrößerte. Man blickte durch ihn in ein Glas Wasser, und wenn sich die Augen angepasst hatten, erkannte man winzige schlängelnde Wesen im Wasser, die sich hin und her wanden, sich drehten, sprangen und einen seltsamen Tanz aufführten. Sie schienen dabei eine Menge Spaß zu haben, und der Mann, der dem staunenden Publikum das Mikroskop zeigte, hatte erklärt, dies beweise eindeutig, wie gut das Wasser der Themse sei, wenn so viele kleine Geschöpfe darin überleben konnten.
    Für Dodger war Dorys Geist ein bisschen auf diese Weise beschaffen: größtenteils leer, aber gelegentlich mit etwas Zappelndem darin. »Nur zu, Dory!«, rief er ermutigend.
    Sie sah sich um, aber alle wichen ihrem Blick aus. Dodger verstand seine Kumpane – in gewisser Weise. Niemand wollte bezichtigt werden, bestimmte Beobachtungen ausgeplaudert zu haben. Manche Leute hatten etwas dagegen, dass man sie herumerzählte. Es gab nämlich weitaus schlimmere Zeitgenossen als Gassenkinder und Tosher, Kerle, die gut mit Klinge oder Rasiermesser umzugehen wussten und in deren Augen jeder Funke von Gnade fehlte.
    In den Augen der Dreckigen Dory erschien die ihr eigene Entschlossenheit. Sie hatte kein goldenes Haar. Eigentlich hatte sie überhaupt nicht viel Haar, und die wenigen ihr verbliebenen Strähnen waren fettig und bildeten sonderbare kleine Schmachtlocken. Dory zupfte an einer dieser Locken, starrte die anderen trotzig an und sagte: »Am Tag vor dem Unwetter hab ich mich auf der Promenade nach einer günstigen Gelegenheit umgesehen, und da kam ’ne elegante Kutsche vorbei, und die Tür stand offen, wisst ihr, und dann sprang da diese junge Frau heraus und rannte über die Straße, als wäre der Teufel hinter ihr her, klar? Und zwei Typen stürzten hinter ihr aus der Kutsche, ja, und verfolgten sie, stießen dabei Fußgänger zur Seite, als täte es überhaupt keine Rolle spielen.« Die Dreckige Dory hielt inne, hob die Schultern und gab damit zu verstehen, dass sie fertig war. Die anderen drehten den Kopf von einer Seite zur anderen und sahen sich um, ohne den Blick auch nur einmal auf sie zu richten. Es sollte kein Zweifel aufkommen, dass sie nichts mit diesem seltsamen und gefährlich redseligen Mädchen zu tun hatten.
    Aber Dodger fragte: »Welche Art von Kutsche?«
    Er hielt sein Augenmerk auf Dory gerichtet, denn andernfalls wäre sie plötzlich sehr vergesslich geworden. Nachdem die Dreckige Dory ihre Erinnerungen

Weitere Kostenlose Bücher