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Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sein, als er das Dach seiner Kirche inspizierte. Er überlebte den Sturz nicht.«
    »Das muss Pater Jakob gewesen sein«, murmelte Simplicity mit blasser Miene. »Er war ein anständiger Mann, und mir scheint, dass ein Priester nicht einfach so vom Dach seiner Kirche fällt. Die Zeugen waren Heinrich und Gerta. Das Dienstmädchen, das mir die Mahlzeiten brachte, erzählte mir von ihnen. Offenbar sind Sie im Moment ein wenig um Worte verlegen, Sir, aber vermutlich wollen Sie mir auf die langatmige britische Art und Weise erklären, dass mein Mann seine Frau zurückhaben möchte. Abgesehen von dem Priester waren Heinrich und Gerta die einzigen Menschen, die Kenntnis von unserer Hochzeit hatten, und jetzt sind sie tot. Dies« – sie zog den goldenen Ring vom Finger und hob ihn hoch – »ist der einzige Hinweis auf meine Ehe. Ich glaube, Sir, Sie versuchen mir klarzumachen, dass mein Mann – beziehungsweise sein Vater – diesen Ring zurückhaben will, und zwar um jeden Preis.«
    Disraeli und Charlie wechselten einen Blick, und Disraeli sagte: »Ja, Madam, das nehmen wir an.«
    »Aber wissen Sie, Sir, es gibt noch einen weiteren Beweis für die Ehe. Damit meine ich mich selbst, Sir. Ich werde auf keinen Fall zurückkehren, denn ich weiß, dass ich dann einfach verschwinden könnte. Falls ich überhaupt die Reise überleben würde. Eine Reise per Schiff, meine Herren. Und nachdem ich der einzige übrig gebliebene Ehebeweis bin … wie leicht wäre es dann, ihn bei der Überfahrt im Meer zu versenken.«
    Simplicity steckte sich den Ring wieder an den Finger und wandte sich mit großem Ernst an Disraeli und Charlie. »Zwei sehr nette Menschen hier in England, die meinen wahren Namen nicht kennen, nannten mich Simplicity, aber ich bin erheblich komplizierter. Ich weiß, dass mein Schwiegervater überaus zornig war, als er erfuhr, dass sein Sohn und Erbe geheiratet hatte, angeblich aus Liebe, eine Frau, die nicht einmal zur Zofe taugte, geschweige denn zur Prinzessin. Nun, meine Herren, so steht es in Märchen geschrieben, und bei der ersten Begegnung mit meinem Mann dachte ich, für mich ginge ein Märchen in Erfüllung. Bald musste ich mich folgender Wahrheit stellen: Prinzen und Prinzessinnen spielen in der europäischen Politik eine gewisse Rolle, wenn es um Staatsangelegenheiten geht. Die Leute glauben, wenn unsere Prinzessin euren Prinzen heiratet, dann gibt es keinen Krieg zwischen zwei Ländern, die sonst vielleicht ihre Truppen in Marsch gesetzt hätten. Und mein eitler, dummer Mann – und meine Dummheit, weil ich ihm glaubte – vereitelten eine gute Gelegenheit für Friedensverhandlungen.«
    Dodger starrte Simplicity mit offenem Mund an. Eine Prinzessin? Man musste Ritter oder ein ähnlich feiner Pinkel sein, um eine Prinzessin zu retten, oder etwa nicht? Charlie und Disraeli bewegten sich unruhig in ihren Sesseln. In diesem Moment klopfte es leise an der Tür, und ein Mann mit Kaffee und kleinen Kuchenstücken trat ein.
    »Ich glaube, Sir, ich bin so etwas wie ein politischer Flüchtling«, sagte Simplicity, als sie wieder allein waren. »Und es gibt Leute in diesem Land, die mir Böses wollen. Zweimal seit meiner Ankunft in England haben sie versucht, mich zu entführen, und ich verdanke es Dodger – und auch Ihnen, Mister Dickens –, dass ich heute hier bin und nicht auf einem Schiff, das mich zu meinem Mann zurückbringt. Meine Mutter, die tatsächlich Engländerin war, hat mir erzählt, dass in England alle Menschen frei sind. Ich bliebe sehr gern hier, Sir, und ich glaube, ich kann auch hier eine Person von gewissem Wert sein, obgleich ich selbst in diesem Land um meine Sicherheit fürchten muss. Doch für den Fall, dass ich zur Rückkehr gezwungen bin, rechne ich mit dem Schlimmsten. Ich bin nirgends sicher, meine Herren, weshalb ich mich recht hilflos fühle. Selbst hier in England bin ich bedroht, in einem Land, in dem angeblich kein Mann Sklave sein muss. Ich hoffe, meine Herren, das gilt auch für Frauen.«
    Charlie trat an den Kamin, lehnte sich gegen den Sims und fragte: »Was hältst du davon, Ben?«
    Mister Disraeli wirkte wie ein Mensch, der einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte. Seine scharfe Zunge schien ein wenig an Schärfe eingebüßt zu haben, denn er zögerte, bevor er sagte: »Nun, Madam, ich bedauere sehr, dass Sie sich in einer solchen Lage befinden. Aber uns, das heißt der britischen Regierung, wurde versichert, dass Ihnen niemand ein Leid zufügt, wenn Sie

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