Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)
genauer. Seine Gesichtsfarbe ist gesund, sogar leicht gerötet. Ich drücke ein Ohr an seine Brust. Sein Herz schlägt. Langsam. Gleichmäßig. Seine Brust hebt und senkt sich in gemächlichen, ruhigen Atemzügen. Er schläft. Haben sie ihn wieder betäubt?
Aber er lebt.
Das facht meine Entschlossenheit an.
Ich gehe weiter zu Martinez. Es besteht kein Zweifel daran, dass er tot ist. Seine Kehle ist zerfetzt. Der Kopf ist in einem unnatürlichen Winkel nach hinten verbogen, und zerschmetterte Wirbel sind durch die klaffenden Wunden am Hals zu sehen. Zarte Hautfetzen sind alles, was den Kopf noch auf den Schultern hält. Die Verbindung ist schwach. Ich weiß nicht, wie es irgendjemandem gelingen konnte, ihn auf diese Pritsche zu heben, ohne sie zu zerreißen. Seine Haut ist blass, seine Augen geschlossen, der Mund zu einem stummen Schrei geöffnet.
Ich betrachte ihn kalt und ungerührt. Ich weiß, dass ich es war, die das angerichtet hat. Aber er wollte mich töten. Er wollte mich ermorden und Max foltern. Ich habe die Waffen benutzt, die mir gerade zur Verfügung standen. Zähne und meine vampirische Natur. Ich empfinde keine Reue.
Mein Blick fällt auf Foley. Martinez hat ihn mit einer Pistole erschossen, die er unter dem Hemd versteckt hatte. Ich schiebe eine Hand unter Martinez’ Leichnam. Die Waffe ist nicht mehr da. Marta hat gewiss daran gedacht, sie ihm abzunehmen, ehe sie mich hier unten allein ließ, wo ich die Leichen finden musste.
Denn ich bin sicher, das gehört ebenfalls zu ihrem Plan.
Diesmal muss ich klug vorgehen. Ich muss mir überlegen, wie ich sie anpacken soll, wenn sie zurückkommt. Ich kann sie nicht einfach umbringen. Ich werde ihre Hilfe brauchen, um Max von hier fortzuschaffen. Ihn zu sich zu bringen, sobald wir im Hubschrauber sind.
Der Hubschrauber. Eine Erinnerung taucht auf. Ehe wir in der Wüste aus dem Auto ausgestiegen sind, hat Foley mir damit gedroht, mich unter Drogen zu setzen, falls ich mich nicht kooperativ verhalten sollte. Ist die Spritze noch in seinem Jackett?
Ein Laut auf dem Flur lenkt mich ab. Die Tür bei der Treppe geht auf. Mit zwei Schritten stehe ich neben Foleys Pritsche. Ich zerre an seinem Jackett herum und durchsuche erst die eine Tasche, dann die anderen. Meine Finger schließen sich in dem Moment um das Lederfutteral, als Schritte sich der Tür gegenüber nähern. Ich öffne das Futteral, stecke die Spritze in eine Falte des Betttuchs unter meinen Brüsten und schiebe das Futteral wieder in Foleys Tasche. Ich höre ein Schloss klicken, die Tür gegenüber öffnet und schließt sich leise, und ich weiß Bescheid.
Marta steht direkt vor dieser Tür.
Kapitel 46
I ch zittere. Ob das an Stress und Erschöpfung liegt, an der Droge, die mir verabreicht wurde, oder an meiner Anspannung, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass es mich bewusste Anstrengung kostet, meine Hände ruhig zu halten. Schließlich presse ich sie an meine Seite.
Marta ist sehr vorsichtig da draußen vor der Tür.
Sie ist eine kluge Frau.
Als sich der Türknauf endlich dreht, mache ich mich bereit, zur Seite zu hechten, falls sie sofort auf mich schießen sollte.
Doch das tut sie nicht. Ihre Hände sind leer und hängen seitlich herab. Sie hat auch sich selbst von Blut gesäubert und trägt einen einfachen schwarzen Rock und eine weiße Folklore-Bluse. Ihr Haar ist nass und hängt offen über ihren Rücken. Sie ist barfuß.
Ihr Blick huscht hinter mich.
»Sie haben gesehen, dass Max am Leben ist.«
Ich nicke.
»Das ist mein Geschenk an Sie.«
Ich mache schmale Augen. »Geschenk?«
Sie nickt ihrerseits. »Ich hätte ihn töten können. Ich hätte auch Sie töten können, während Sie schliefen. Aber das habe ich nicht getan. Das ist ein Zeichen meines guten Willens.«
Sie redet Unsinn. Ich weise auf Martinez. »Ich habe Ihrem Freund das angetan. Warum sollten Sie mir Ihren guten Willen beweisen wollen?«
Sie drängt sich an mir vorbei und bleibt neben Martinez’ Pritsche stehen. Zärtlich legt sie eine Hand auf seine Schulter. »Sobald ich Sie und ihn kämpfen sah, wusste ich, wie es ausgehen würde. Ich habe versucht, es zu verhindern. Ich habe Ihnen die Nadel in den Arm gestochen, doch die Droge war zu schwach für Ihre rasende Wut. Es hat zu lange gedauert, bis die Wirkung einsetzte, und da war es schon zu spät für meinen Sohn.«
»Martinez war Ihr Sohn?«
Tränen rinnen ihr über die Wangen. »Ich habe versucht, ihn zum Trinken zu bringen. Ich habe Ihren Arm
Weitere Kostenlose Bücher