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Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aner Shalev
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Unklarem, von dem er gehofft hatte, es diesmal zu bekommen, anscheinend vergeblich, und die Wodkaflaschen in seiner Hand erschienen ihm plötzlich so überflüssig, so verwaist, und er beugte sich vor und stellte sie auf den Boden, als würde er sie dort stehen lassen, fertig, es wird keine unendliche Zahl von Wodkaflaschen geben, noch nicht einmal zwei wird es geben, aber in dem Moment, als er sich vorgebeugt hatte, konnte er sich nicht mehr aufrichten, er hatte nicht mehr die Kraft, sich aufzurichten, er hatte für nichts mehr Kraft, und so setzte er sich im Schneidersitz auf den Boden, neben die Wodkaflaschen, als wäre das hier sein Platz, das Ende seines Lebens, als würde er sich nicht mehr von hier wegbewegen, es war noch nicht einmal ein Rasen, einfach nur ein schmutziger Asphaltweg, und es war ihm egal, dass eilige Passanten fast auf ihn traten, vielleicht war es besser so, vielleicht sollte man ihn lieber zertreten, und er spürte, wie die Tränen über sein Gesicht flossen, ein warmer Strom, der ihn von der Welt trennte.
    Er sah, wie sie sich neben ihn setzte, sie flüsterte, Adam, was ist los, Adam, aber er brachte kein Wort heraus, und sie sagte, Adam, du weinst, ich habe dich noch nie weinen gesehen, aber er war unfähig, etwas zu sagen, und spürte, wie sie den Arm um ihn legte und wie ihre Lippen über sein Gesicht flatterten, über seine Augen, sie saugten seine Tränen ab, und er hörte, wie sie sagte, Adam, ist das wegen mir? Weinst du wegen mir? Wenn das so ist,dann hast du keinen Grund, merkst du nicht, wie sehr ich mit dir zusammen bin? Er sagte immer noch kein Wort, und sie hob die Flasche Absolut und trank ein paar Schlucke, dann hielt sie ihm die Flasche an den Mund, als wäre er ein Baby, das man füttern müsse, und sagte, Adam, wir haben zwei Flaschen zu leeren, wir dürfen nicht faul sein, wir müssen uns darum kümmern, und er drückte die Flasche an seinen Mund und spürte, wie die Flüssigkeit brennend durch seinen Hals in den Magen lief. Er fing an zu husten, und Eva sagte, es tut mir leid, vielleicht brauchst du Wasser? Und er bewegte den Kopf, eine unklare Bewegung, als würde er zugleich ja und nein sagen, und sah, wie sie zu einem Hot-Dog-Stand ganz in der Nähe ging und mit einer Flasche Mineralwasser zurückkam, und wieder war er ein großes Baby, das mitten im Park aus der Flasche nuckelt.
    Plötzlich drückte sie sich an ihn und sagte, Adam, wir müssen nicht in nördlicher Richtung gehen, es geht auch südlich, wenn du möchtest, und wieder bewegte er den Kopf mit einer undefinierbaren Bewegung, und sie sagte, eigentlich interessiert mich der Süden mehr als der Norden, als wären alle Gedanken über die 57. Straße auf einmal wie weggewischt, und Adam fragte, was interessiert dich im Süden? Als hätte ihm ihr Verzicht auf die 57. Straße plötzlich die Sprache zurückgegeben. Und Eva sagte, ich möchte mit dir auf das höchste Gebäude in New York steigen, lass uns auf die Twin Towers steigen. Und Adam sagte, ich glaube es nicht, kannst du Gedanken lesen, das habe ich auch gerade gedacht, komm, ich bringe dich hin, lass uns zum World Trade Center fahren.
    Und plötzlich schaffte er es aufzustehen, vielleicht hatte ihm der Gedanke an ein definiertes Ziel seine Energie zurückgegeben, oder es war das Staunen über die Gleichzeitigkeit der Gedanken, die sie immer wieder erlebten und die nie aufhören würde, und sie stiegen an der 4. Straße, Ecke Sixth Avenue hinunter zur U-Bahn-Station und fuhren mit der Linie E in südlicher Richtung,und in der U-Bahn gab sie ihm noch etwas mehr Wodka, und er sagte, weißt du, dass es in Amerika nicht legal ist, in der Öffentlichkeit zu trinken? Und sie sagte, du bist der Diplomat, wenn sie dich dabei erwischen, dass du Wodka trinkst, wird man dich nach Israel ausweisen und dann gehörst du mir.
    Er drückte sie an sich und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen, und Eva sagte, es kratzt, und Adam sagte, ja, ich hab mich heute nicht rasiert, und er dachte, unrasiert mit verweintem Gesicht und mit schmutziger Hose müsse er wie ein Obdachloser aussehen, der nichts besaß außer zwei Wodkaflaschen und einer Sitzbank in der U-Bahn. Wie gut, dass der Konsul ihn nicht in dieser Aufmachung sah, denn hätte er ihn gesehen, hätte er ihm bestimmt keine Flasche Château Musar angeboten, und als sie vor der U-Bahn-Station ins

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