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Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie
Autoren: Aner Shalev
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Galaxien ähnliche Zustände herrschenund die Mengen von »nicht vorhandener Materie«, die nötig sind, um die beobachtete Dynamik zu erklären, immer größer wurden. In unserer Galaxie, zum Beispiel, ist die Gesamtmenge der Materie über zehnmal größer als die Masse, die sich beobachten lässt.
    Â 
    Die Versuche, diese Diskrepanz mit schwarzen Löchern und normaler Materie (Baryonische Materie, aus Protonen und Neutronen zusammengesetzt), auch wenn sie nicht zu sehen ist, zu erklären, sind gescheitert. Daraus lässt sich Erstaunliches ableiten: Die meiste Materie im Universum ist dunkle Materie. Nicht nur, dass man sie nicht sehen kann, wir haben auch keine Ahnung über ihre Beschaffenheit, aus welchen Teilchen sie zusammengesetzt ist, welchen Regeln sie folgt.
    Â 
    Verstehst du, Adam, die ganze Materie, die wir kennen, die Luft, die Erde, das Meer, mein Körper und deiner, alles, worüber wir in der Schule gelernt haben, alles, was organisch und anorganisch ist, die chemischen Elemente, die die Sterne, die Atome, Elementarteilchen, Elektronen, Protonen, Neutronen bilden, alle diese Dinge, die wir gewohnt sind, mit der Materie im Universum zu identifizieren, erweisen sich jetzt als geringfügig, als vielleicht vier Prozent. Und den Rest, die dunkle Materie, sehen wir nicht, wir verstehen sie nicht, wir sind nicht in der Lage, sie zu entschlüsseln.
    Â 
    Der größte Teil der Welt ist ein Geheimnis. Das Geheimnis ist die Routine im Universum, und vielleicht auch die Routine der Existenz. Die meiste Energie um uns herum ist dunkel, unbekannt, und am Ende besiegt eine geheimnisvolle Fliehkraft die Anziehungskraft.
    Ich glaube, darüber will ich meine Doktorarbeit schreiben.
    Eva
    Â 
    Â 
    Montag, 22. November, 23:50
Betreff: Anti-Munch
    Â 
    Nachdem ich deine Reaktion las, die gerade gekommen ist, mit all den Vorwürfen und den Moralpredigten, ohne Bezug zu den erstaunlichen Entdeckungen, von denen ich in meiner letzten Mail und auch davor schrieb, eigentlich alle Tage, seit du mich gebeten hast zu warten, während ich kraftlos bin und mir die ganze Zeit die richtigen Worte entfallen, gibt es eine Metapher, die mich nicht loslässt. Ich nenne sie Anti-Munch.
    Â 
    Du kennst bestimmt dieses Gemälde von Edvard Munch, der Schrei. Ich sehe einen Menschen vor mir, in der Mitte eines Kreises, nach vorne gebeugt, die Hände über den Ohren, mit verzerrten Gesichtszügen, er macht sich klein. Um ihn herum, aus allen Richtungen, schreien gesichtslose Menschen, wie auf dem Gemälde von Munch, es ist nicht nur ein Schrei, sondern viele Schreie, gleichzeitig, von überall her.
    Â 
    Das bin ich, in der Mitte des Kreises. Auf mich wird eingeschrien. Und meine einzige Reaktion ist, mich zurückzuziehen, mich so klein wie möglich zu machen. So wenig Platz wie möglich zu beanspruchen. Die Ohren zu verschließen. Die Finger in die Ohren zu stecken. Zu verschwinden. Auf jegliche Möglichkeit der Erklärung oder der Kommunikation zu verzichten.
    Â 
    Und plötzlich, während ich in der Flut der Schreie und Ansprüche versinke, ersticke ich im Meer deiner Erwartungen, die nur das Gegenteil bewirkten, die mich in Gabis Arme getrieben haben, und auf einmal ging mir dieser Gedanke durch den Kopf, den ich so lange verdrängt hatte, der in keiner Mail, die ich dir schickte, zu lesen war, der mich auch jetzt zögern lässt, ihn in Worte zu fassen.
    Â 
    Ich dachte, wie egoistisch du doch bist, dass du mich nur für dich willst, all meine Gedanken und Aktivitäten und Energien, vierundzwanzig Stunden am Tag, nur für dich, es ist so egoistisch von dir, während du dich auf mindestens zwei Frauen verteilst. (Und wer weiß, vielleicht mehr als zwei, Adam? Vielleicht wolltest du deshalb nicht, dass Sascha etwas von uns erfährt? Vielleicht warst du deshalb so wütend auf mich, als ich es ihm erzählt habe? Hattest du Angst, dass er es Tanja erzählen würde?) (Entschuldige, ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann, wenigstens in dem, was mir am wichtigsten ist, dass es zwischen uns keine Lügen gibt.) Und trotzdem, die Tatsache, dass du mich ganz für dich willst, während du Ruth hast, führte dazu, dass ich mir irgendwie ausgenutzt vorkam, und ich hatte auch, ich muss es sagen, eine irrationale Vorstellung. Plötzlich sah ich Tanja vor mir, und alles, was du ihr angetan hast. Es stimmt, ich kenne
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