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Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie
Autoren: Aner Shalev
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er diktierte mir nicht, was ich tun sollte, er sah ganz einfach entspannt und glücklich aus, mit seinem süßen Schnurrbart, mit seinen braunen muskulösenArmen, ohne Zwangsvorstellungen, ohne Gedanken, die hin und her fliegen.
    Â 
    Und plötzlich war ich diejenige, die ihn wollte, und er war vielleicht überrascht, ich kann es nicht wissen, und ich streichelte mit der Hand über seinen Körper, von oben nach unten, vom Kopf bis zu den Füßen, ich übersprang nichts, vielleicht prüfte ich ihn, weil ich in der ersten Nacht, als wir miteinander schliefen, betrunken war, passiv, fast bewusstlos, ich wusste nicht, was passiert, und nun, als er keine Initiative ergriff, als er nicht, wie beim ersten Mal, versuchte, mich zu verführen, sah er viel attraktiver aus, und plötzlich war es eine Herausforderung, die Initiative zu ergreifen, ihn zu reizen, zu verführen, besonders nach dem Vortrag, der ihn zu einem Star gemacht hatte, aber als ich begann, ihn auszuziehen, spürte ich plötzlich, wie absurd es war, dass es etwas war, was ich dir nicht erzählen könnte, dass ich gezwungen sein würde, zu lügen, und wenn ich es nicht tat, würdest du mich verlassen, und diese Spannung steuerte vielleicht noch zu dem bei, was in dem Bett geschah, plötzlich war ich verzweifelt, und da das Schlimmste schon geschehen war, konnte ich mich entspannen, wild sein, schreien, einen Orgasmus bekommen, mich völlig gehen lassen, ihn immer wieder kosten, auf so vielen Wegen, Dinge tun, von denen ich nie geglaubt hätte, dass ich sie tun würde, denn ich hatte nichts mehr zu verlieren.
    Â 
    Sind es für dich nun genug Einzelheiten?
    Â 
    Und dann das Telefongespräch mit Sascha, um mich mit ihm zu beraten.
    Soll ich es dir erzählen oder nicht?
    Wirst du mich verlassen, wenn du die Wahrheit erfährst?
    Und Saschas Frage: Wen liebst du mehr?
    Und seine Überraschung, als ich sagte, natürlich Adam.
    Und meine Entscheidung, ein Risiko einzugehen und es dir zu erzählen.
    Diesen Brief zu schreiben.
    Eva
    Â 
    Â 
    Montag, 22. November, 07:47
    Â 
    Adam,
    mein Geliebter,
    schreibe mir nur, ob es dir gut geht. Mit deiner Entscheidung hat es nichts zu tun. Auch wenn du nicht mehr mit mir sprechen willst, sag mir nur, dass dir nichts passiert ist.
    Â 
    Ich habe gestern Abend mehrmals versucht, dich zu erreichen. Das Telefon klingelte sehr oft in deinem leeren Büro. (Oder warst du vielleicht doch dort? Hast du vielleicht das Telefon angestarrt, während es klingelte? Und klingelte? Und klingelte?)
    Â 
    Wo bist du, Adam? Schick mir eine Zeile, wenn du kannst.
    Â 
    Â 
    Montag, 22. November, 17:22
    Â 
    Adam,
    es ist die Hölle für mich.
    Du kannst dir nicht vorstellen, wie besorgt ich bin.
    Was kann ich tun? Ich kann dich nicht einmal zu Hause anrufen (du hast mir die Nummer nicht gegeben). Mir sind die Hände gebunden.
    Â 
    Wenn es irgend möglich ist, schreib mir nur eine Zeile, dass du in Ordnung bist, dass dir nichts passiert ist, es hat nichts mit deiner Entscheidung wegen uns beiden zu tun. Ich habe Angst, dass du vielleicht etwas Extremes getan hast.
    Â 
    Die Wahrheit ist die unkonventionellste Waffe, die ich besitze, und deshalb die gefährlichste.
    Vielleicht verstehe ich es jetzt zum ersten Mal.
    Vielleicht spiele ich mit dieser Massenvernichtungswaffe in einer unverantwortlichen Art.
    Vielleicht habt ihr alle recht und ich hätte es dir nicht erzählen sollen. Vielleicht ist es richtig, Ruth zu belügen. Vielleicht sogar mich, Adam? Vielleicht hätte ich so handeln sollen wie du, so wie alle, und dir nichts erzählen sollen.
    Sage mir, was ich machen soll. Ich sitze an meinem Fenster, ohne etwas zu sehen. Nicht das Tote Meer. Nicht den Himmel. Nicht die dunklen Berge auf der anderen Seite. Ich höre auch nicht, wie das Telefon klingelt (bestimmt ist es Gabi). Ich gehe nicht mehr zu den Vorträgen. Für mich ist diese Tagung beendet. Den wichtigsten Vortrag, den über die dunkle Materie, habe ich schon vorgestern gehört.
    Â 
    Ich habe nur eine Bitte. Wenn du vorhast, mich zu boykottieren, sag mir vor dem Beginn des Boykotts, dass dir nichts passiert ist. Danach kannst du mich das ganze Leben lang boykottieren. Ich werde dich nicht mehr mit Bitten belästigen.
    Â 
    Â 
    Montag, 22. November 19:40
    Â 
    Adam,
    ich bin froh, dass du geschrieben hast, aber Schmerz ist etwas Relatives. Heute rief mich Lena an, aus
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