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Dunkle Reise

Dunkle Reise

Titel: Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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magische Kraft könne nur unsauberen Zwecken dienen. Der Pervertierung der Natur, nicht ihrem Gebrauch. Und darin mochte er Recht haben. Sicherlich würde Nathan nicht darüber erhaben sein, die Schaffung eines oder zweier Ungeheuer in Auftrag zu geben, wenn es ihm zweckdienlich erschien. Und es gab andere Herrscher wie ihn. Ich hatte eine Vorstellung von Schlachtfeldern, wo Drachen und Oger und Trolle brüllten und fochten, wo Legionen von Untoten aufeinander einschlugen, auferweckt von feindlichen Magierkorps im Dienst allmächtiger Tyrannen. Mich schauderte.
    Und es war nicht auszuschließen. Es mochte eines Tages so weit kommen. Und diese Expedition war der Anfang davon.
    Ein weiteres Mal flackerte der fahle Widerschein eines Blitzes durch den Raum, dann, nach einer Pause, setzte polternder Donner ein. Das Gewitter zog ab. Ich blickte hinüber zu Silvus. Er schien ruhig zu schlafen, aber Silvus war nicht immer, was er zu sein schien. Eins war für mich klar – dass er eher sterben als zulassen würde, dass es zu solch einer Entwicklung käme. Natürlich würden sie versuchen, ihn unter Druck zu setzen und mich dabei als Hebel zu gebrauchen. Ich hatte mit allem zu rechnen. Und sie würden es unerfreulich einrichten.
    Aber würde jeder, der das Talent hatte, lieber sterben, als es so zu gebrauchen? Würde Grames so viel Charakterstärke aufbringen? Irgendwie bezweifelte ich es.
    Soldaten lernen die Zukunft hinzunehmen. Vielleicht war ich schließlich doch kein Soldat. Über diesen Grübeleien schlief ich ein, ohne einer brauchbaren Schlussfolgerung nähergekommen zu sein.
    Der nächtliche Gewittersturm hatte die Luft gereinigt, und im klaren Licht wirkten entfernte Landschaftsmerkmale wie vergrößert. In der Brise lag ein erster Hauch vom Herbst, kühl, feucht, erdig. Wenn man im Wald unter den Bäumen suchte, würde man die ersten Pilze finden.
    Der Weg zum Landeplatz war nach dem Regen schlammig, und wir wanderten einzeln und zu zweit zum Fluss hinab. Grames war vorausgeeilt, um den Pferdetreiber und den Rudergänger der Barke aufzujagen. Barras befand sich irgendwo hinter uns, offenbar entschlossen, den Schluss zu bilden. Er bummelte dahin und machte leichte Konversation mit Silvus, der sich ebenso langsam bewegte. Beim Frühstück hatte er über schmerzende Gelenke geklagt, und jetzt hinkte er und schnitt Grimassen. Ich hätte mich um ihn gekümmert, wie es meinem Status als Knappe geziemte, aber er hatte mich vorausgeschickt und seine Worte mit einem Stoß ins Kreuz bekräftigt, der dafür sprach, dass seine Schultergelenke nicht allzu steif sein konnten. Also ging ich neben Arienne und unter den wachsamen Blicken von zwei Gardisten.
    Sie ging mit gesenktem Kopf und trug einen Korb mit frischgebackenen Brotlaiben aus dem Gasthaus. Der Pfad war schmal, abschüssig und schlüpfrig, und als sie ausglitt, schien es nur natürlich, dass sie nach dem nächsten Halt griff, der mein Arm war, und dass ich mein Gleichgewicht verlagerte, um sie zu halten. Darüber geriet ich selbst ins Rutschen, ruderte einen Augenblick lang hilflos mit dem freien Arm und fiel. Die Perspektive veränderte sich mit beunruhigender Schnelligkeit und ich sah den Himmel über mir und glitt auf dem Hinterteil den aufgeweichten Abhang hinunter. Die Fahrt endete in einer Pfütze, wo der Pfad auf den Landungssteg traf. Noch fünf Schritte, und ich wäre im Fluss gelandet. Einen Augenblick später erreichte ein weiches Gewicht meinen Nacken. Es war Arienne, die sich schlitternd auf den Beinen hatte halten können und nun halb über mich fiel. Um nicht kopfüber in die Pfütze zu klatschen, fing sie den drohenden Sturz mit vorgestreckter Hand ab und hielt den Korb in der anderen hoch.
    Wir verharrten ein paar Augenblicke in dieser Pose, ich in der schlammigen Pfütze sitzend und sie mit einer Hand im nämlichen Schlamm abgestützt über mir hängend. Ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht kroch. Ich sah ihr bespritztes Kleid und fühlte die unangenehm kalte Nässe, in der ich saß, preisgegeben der Lächerlichkeit und Schande. Ich muss wie ein kleiner Junge ausgesehen haben, der seine besten Festtagskleider verdorben hat.
    Sie schob einen Fuß rechts an mir vorbei und richtete sich auf, geschmeidig wie eine Gerte. Ich zog die Beine an, stemmte mich hoch und kam mit so viel Würde, wie ich aufbringen konnte – was nicht viel war –, auf die Beine.
    »Dafür habe ich nun gebadet«, bemerkte ich mit der Art von Schwachsinn, die man von mir

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