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Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Titel: Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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verlassen habe. Ich bin der Gyaryu’har, aber ich bin kein Zor, wie« – er hielt seine dünnen Arme hoch – »das Fehlen der Flügel belegen dürfte. Dennoch habe ich wie viele andere, die mit dem Admiral ins Exil gingen, die Kultur des Volks übernommen. Unsere Nachfahren machen das schon ihr ganzes Leben lang – wir sind eine kleine, isolierte Kultur inmitten des Volks.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich vermute, dass Sie es eigentlich nicht verstehen, doch das bereitet mir keine Sorgen. Wenigstens haben Sie mich auf einen Drink eingeladen.«
    Was sie darauf sagen sollte, wusste sie nicht. »Ich fühle mich geehrt«, brachte sie schließlich heraus. »Auch Ch’k’te fühlt sich geehrt … nun, eigentlich sogar mehr als das. Er ist von Ehrfurcht erfüllt.«
    »Das höre ich oft. In meinem Alter geht das zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus, das können Sie mir glauben.« Er trank noch einen Schluck g’rey’l. »Ich bin praktisch der Einzige, der übrig ist«, fügte er an.
    »Der Einzige derer, die ins Exil gingen?«
    »Der Einzige von allen, die nicht bleiben konnten«, gab er zurück. »›Die ins Exil gingen ‹. ›Ausgestoßene‹ würde es wohl besser treffen. Wir begingen die unverzeihliche Sünde, den Krieg zu gewinnen, und dann verbrachten wir den Rest unseres Lebens beim Feind.«
    »Die Sünde war die Art, wie der Krieg gewonnen wurde«, hielt Jackie dagegen, während sie sich fragte, wohin sich dieses Gespräch entwickeln würde. Sie überlegte, ob es überhaupt ratsam war, sich auf eine solche Diskussion einzulassen.
    »Wird das heutzutage angehenden Offizieren gelehrt? Das ist eine schreckliche Verallgemeinerung. Es gab keinen anderen Weg. Zwei Generationen Soldaten und Piloten, zwei Generationen Zivilisten – sie alle mussten mit ihrem Blut bezahlen, weil sie den Krieg nicht so wie Admiral Marais hatten führen wollen.«
    Als Sergei den Namen Marais aussprach, machte sich im Zimmer mit einem Mal Grabesstille breit. Der Name hatte einen gewissen Beiklang. An der Akademie war der Krieg natürlich Unterrichtsstoff, wie hätte es auch anders sein können? Aber Marais war der Böse, so einfach war das. Er hatte sogar einige Jahre nach dem Krieg ein Buch verfasst und seinen Feldzug auf die Weise verteidigt, wie es Sergei eben beschrieben hatte.
    Jackie machte sich keine Illusionen, die Zor waren ein unerbittlicher Feind gewesen.
    »Das Volk hat das vor langer Zeit akzeptiert. Was glauben Sie, warum man damals den Admiral zum Gyaryu’har machte?«
    »Und danach Sie.«
    »Und danach mich. Ich bin ein Mensch, se Jackie, aber ich bin ein Diener von esLi und des Hohen Lords.« Sergei bewegte seinen Rollstuhl quer durch den Raum, während seine Spiegelbilder ihm folgten. Schließlich drehte er sich zu ihr um. »Ich nehme an, das verstehen Sie auch nicht.«
    »Ich weiß nicht, was der Gyaryu’har macht, wenn Sie darauf anspielen. Ich habe Ch’k’te gefragt und eine Antwort bekommen, die mir wenig sagt: Der Gyaryu’har ist derjenige, der das gyaryu führt.«
    »Das gyaryu.« Er griff nach seinem Gürtel und zog eine fein gearbeitete Lederscheide hervor, die er auf seinen Schoß legte. »Das gyaryu ist ein chya, aber ein ganz besonderes.« Bedächtig strich er mit den Fingern über das Leder. »Jeder Erwachsene des Volks, Männer und Frauen gleichermaßen, trägt ein chya bei sich, sobald das enHeru hinter ihm liegt, das Aufstiegsritual. In vieler Hinsicht handelt es sich dabei um die perfekte Zor-Waffe: eine leichte, biegsame und sehr gefährliche Klinge. Es ist wie ein Klaue. In früheren Zeiten war ein chya nicht geehrt, solange es nicht im Kampf mit Blut in Berührung gekommen war. Als die Dunkle Schwinge die Zor besiegte, wurde jedes chya untauglich … entehrt. Zu der Zeit war uns nicht bewusst, dass die Mehrheit des Volks bereit war, das chya zu benutzen, um den Äußeren Frieden zu überwinden, weil das Volk hi’idju geworden war.«
    »idju bedeutet ›entehrt‹«, grübelte sie. »hi'idju heißt …«
    »Es heißt, das ganze Volk wurde entehrt.«
    »Das ganze Volk hätte Selbstmord begangen?«, fragte sie ungläubig.
    »Ja.« Sergei wich ihrem Blick aus. »Als das Volk vor dem Admiral kapitulierte, zog es diese Möglichkeit in Erwägung, obwohl er ihnen sagte, er würde so etwas niemals von ihnen verlangen. Es mag Ihnen schwer fallen, das zu glauben.«
    »Allerdings. Erzählen Sie weiter.«
    »Um den Flug des gesamten Volks zu verändern, überreichte man Marais dies.« Er zog die Klinge

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