Dunkle Symphonie der Liebe
fühlen,
konnte die Energie und die Hitze fühlen. Da sie wusste, dass das, was er gerade
machte, völlige Konzentration erforderte, achtete sie darauf, ihn nicht
abzulenken. Sie saß in der schneidenden Kälte und dankte dem Himmel, dass Byron
zu ihnen gekommen war, um sie zu beschützen.
»In seinem Blutkreislauf
befindet sich Gift.« Byrons Stimme klang so grimmig, dass sie zusammenschrak.
»Kleine Mengen, als ob es ihm regelmäßig zugeführt wird, aber es ist in seinen
Muskeln und in seinem Gewebe.«
»Das kann nicht sein«, wandte
Antonietta ein. »Du musst dich irren. Wer würde Nonno ein Leid zufügen wollen?
Er wird von seiner Familie geliebt. Und wie könnte so etwas versehentlich
passieren? Du musst dich irren.«
»Als ich jung und ungestüm war,
habe ich mich gelegentlich geirrt, Antonietta. Jetzt bin ich vorsichtig, bevor
ich etwas sage oder tue. Vor allem, wenn es um Dinge geht, die mir sehr wichtig
sind. Auch was Freundschaften angeht, bin ich vorsichtiger geworden. Don Giovanni
wurde Gift verabreicht, wie vor langer Zeit einem seiner Vorfahren. Ist das
nicht eine Legende der Familie Scarletti?«
Antonietta erschauerte und zog
rasch ihre Hände zurück, in der Hoffnung, Byron würde ihre Reaktion nicht bemerken.
»Ja. Vor einigen Jahrhunderten wurden ein anderer Don Giovanni, einer unserer
Vorfahren, und seine junge Nichte vergiftet. Man schickte nach einer
Heilkundigen, und Nicoletta kam, um ihnen zu helfen. Er nahm sie zur Braut. Ich
glaube nicht an so etwas wie einen Fluch, Byron. Es liegt kein Fluch auf meinem
Heim oder meiner Familie.« Sie legte einen Arm um ihren Großvater.
»Und ich sage dir, dass er ein
Gift in seinem Körper hat, dass ihn irgendwann umbringen wird, wenn er noch
mehr davon bekommt. Ich habe auch Reste eines Schlafmittels gefunden. Ich bin
sicher, dass ich bei dir dasselbe finde, wenn ich dich untersuche.«
»Verdächtigst du etwa meinen
Koch, dass er Mordabsichten gegen mich hegt?« Antonietta, die nur mit Mühe die
Fassung behielt, legte ihren Arm fester um ihren Großvater. »Das ist absurd,
Byron. Er hätte nichts zu gewinnen. Enrico arbeitet seit meiner Kindheit für
meine Familie, und er ist jedem Mitglied der Familie Scarletti treu ergeben.«
»Von deinem Koch war nicht die
Rede, Antonietta«, erwiderte er geduldig. »Und falls du annimmst, dass ich
etwas dergleichen vermute, irrst du dich.« Als sie eigensinnig schwieg, stieß
er einen gereizten Seufzer aus. »Ich muss das Gift aus deinem Großvater
herausholen. Danach kümmere ich mich um dich.« Seine Zähne blitzten in der
Dunkelheit weiß auf, was sie aber nicht sah. Sie konnte nur die unterschwellige
Drohung in seiner Stimme hören.
Ein leiser Schauer überlief
sie, und sie musste daran denken, dass sie im Grunde nur sehr wenig über ihn
wusste. »Byron.« Sie sagte seinen Namen, um Ruhe zu bewahren und sich in
Erinnerung zu rufen, dass er immer sehr gut zu ihr gewesen war. Ein
Schutzengel, der über sie wachte. In seiner Nähe hatte Antonietta sich immer
sicher und geborgen gefühlt. Sie würde nicht zulassen, dass die Nachwirkungen
des Überfalls ihre Nerven angriffen und Angst vor dem Mann in ihr aufsteigen
ließen, der sie und ihren Großvater gerettet hatte. »Es ist wahr, dass es im
Leben der Scarlettis häufig Unfälle gegeben hat. Es gab Intrigen, politischer
und auch anderer Natur. Unsere Familie hat immer sehr viel Macht und Geld
gehabt.«
»Deine Eltern sind ums Leben
gekommen, als eure Jacht explodierte. Du selbst bist dabei erblindet,
Antonietta. Es war reines Glück, dass ein Fischer in der Nähe war und dich aus
dem Wasser geholt hat, bevor du ertrunken bist.«
»Es war ein Unfall.« Sie konnte
nur wispern, obwohl sie ganz überzeugt hatte klingen wollen.
»Du willst daran glauben, dass
es ein Unfall war, aber du weißt es besser.« In seiner Stimme schwang eine
unüberhörbare Schärfe mit, und sie hatte den Eindruck, dass er sie am liebsten
schütteln würde.
Sie wollte nicht über die
Explosion auf der Jacht sprechen, die ihr das Augenlicht genommen und sie zur
Waise gemacht hatte. Zu viel Schuld und Angst sowie andere Gefühle waren damit
verbunden. Die Tür zu dieser Erinnerung blieb fest verschlossen. »Wer ist der
Mann?« Sie wusste, dass ihr Angreifer tot war. Es hätte ihr Angst machen
sollen, dass Byron imstande war, so schnell und bedenkenlos zu töten, aber tatsächlich
empfand sie nur Dankbarkeit.
»Ich habe keine Ahnung, aber er
kann es unmöglich allein getan haben.
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