Dunkle Symphonie der Liebe
und alles, was sie
anging, zu bestimmen. Sie nach der Art seines Volks für sich zu beanspruchen,
würde nicht nur ihren Widerstand wecken, sondern sie auch sehr unglücklich
machen. Vor vielen Jahren, als er versuchte, etwas zu seinem eigenen Vorteil zu
schnell und ohne an die Konsequenzen zu denken an sich zu nehmen, hatte er eine
harte Lektion lernen müssen.
Antonietta war seine Welt. Er
konnte seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse und den schrecklichen Hunger in
seinem Inneren hintanstellen, um ihr das zu geben, was sie brauchte. Er würde
sie bekommen, das wusste er. Es gab für keinen von ihnen eine andere Wahl, aber
er wollte, dass sie aus freiem Willen zu ihm kam. Dass sie sich für ihn
entschied, für sein Leben und seine Welt. Mehr noch, er wollte ihr alles geben,
was sie vermutlich nie gehabt hatte. Er wollte, dass sie ihren Wert als Frau
erkannte. Nicht als eine Scarletti. Nicht als Pianistin. Nicht als
Miteigentümerin einer großen Reederei. Als Frau.
»Hast du Angst?« Er wisperte
die Worte, halb hörbar, halb in ihrem Geist. Er wusste, dass sie sich nicht
fürchtete, und er wollte, dass ihr bewusst war, was sie gerade taten. Anders
als ihren Großvater hatte er sie nicht vor dem Wissen, wie sie sich
fortbewegten, abgeschirmt. Sie mochte blind sein, aber ihr Wahrnehmungsvermögen
war ausgeprägter als bei jedem anderen Menschen, den er kannte.
Antonietta lachte vor Freude.
»Wie könnte ich Angst haben, Byron? Ich bin bei dir. Ich werde dich erst
fragen, wie du das machst, wenn ich wieder mit beiden Beinen auf der Erde
stehe.« Sie antwortete ihm so ehrlich, wie sie konnte. Wilde Freude erfüllte
ihr Herz. Falls sie tatsächlich Angst hatte, dann nur vor dem Unbekannten. Über
den Himmel zu gleiten, war wie eine Phantasie, die wahr geworden war. Ihre
Kindheitsträume vom Fliegen waren so lebhaft gewesen, dass sie damals oft
geglaubt hatte, wirklich hoch in den nächtlichen Himmel aufzusteigen. »Ich
wünschte, ich könnte die Aussicht genießen.« Ein Hauch von Wehmut schwang in
ihrer Stimme mit, und sie schämte sich, dass er es hören konnte. »Ich
wünschte, du hättest Zeit, mir alles zu beschreiben.«
»Es gibt eine Möglichkeit für
dich, alles zu sehen, was ich sehe.« Sein Herz hämmerte laut. Als er das
bemerkte, glich er seinen Herzschlag sofort dem ihren an. Um mit ihr verbunden
zu sein, von Herz zu Herz.
Antoniettas Griff um seinen
Hals wurde fester. Zum ersten Mal verbarg sie ihr Gesicht an seinem Hals. Er
konnte ihren warmen Atem an seiner Kehle spüren, und sein Körper verspannte
sich vor Erregung. »Was sagst du da?« Jetzt war es ihr Herz, das hämmerte. Er
konnte Wunderwirken. Heilen. Über die tosende See ihren Ruf vernehmen. Tief in
die donnernde Brandung tauchen, einen Mann aus dem Meer ziehen und ihn in
Sicherheit bringen. Über den Nachthimmel fliegen und dabei zwei Erwachsene
tragen, als ob sie nicht schwerer als Kleinkinder wären. Sie wagte nicht, an
das Unmögliche zu glauben.
Ihre Stimme war leise, ihre
Lippen pressten sich an seine
Haut. An seine Pulsader. Byrons
Körper glühte vor Hitze, brannte vor Verlangen und Hunger. Antonietta schien
seine Reaktion nicht zu spüren. Er bekämpfte das nahezu überwältigende
Verlangen, indem er das Gesicht von ihr abwandte, von der Versuchung, die sie
darstellte. Er konnte ihr nicht antworten, wenn seine Eckzähne gerade scharf und
lang wurden und sein Körper sich rasend nach ihr verzehrte.
Zum Glück waren sie nicht mehr
weit von dem großen Palazzo entfernt. Byron konzentrierte sich darauf, jedes
menschliche Wesen in der Gegend auszumachen, und überprüfte die Villa und die
nähere Umgebung. Die Schwingungen von Gewalt lagen noch in der Luft, aber falls
der zweite Täter in die Villa zurückgelaufen war, um das Warenverzeichnis oder
die Familienschätze der Scarlettis zu suchen, hatte er sie entweder schon
längst gefunden und war wieder verschwunden oder lag im Bett und gab vor zu
schlafen. Byron konnte innerhalb des Gebäudes keinen Fremden entdecken.
Die Familienmitglieder
schliefen friedlich in ihren Betten. Niemand im Haus schien etwas von dem
Überfall auf Antonietta und Don Giovanni mitbekommen zu haben. Misstrauen
stahl sich in Byrons Herz.
Kapitel
2
Byron setzte Don Giovanni und
Antonietta erst ab, als er das Zimmer des alten Mannes betrat.
»Die Alarmanlage sollte
losgehen«, sagte Antonietta. »Eindringlinge müssten ihn auslösen. Wie sind sie
hereingekommen? Wie bist du hereingekommen?«
»Nicht
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