Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
bestimmt nicht wegnehmen lassen. Jenna gehörte allein ihm!
»Ich muss noch mal für kleine Mädchen«, murmelte sie und stand auf.
Er erhob sich ebenfalls. »Ich auch.«
»Für Mädchen?«, fragte sie schmunzelnd.
Kyr schenkte ihr ein schnelles Lächeln, ohne sie anzusehen. Er musste diesen Jäger loswerden, bevor er sich Jenna schnappte. Auf der Toilette war sie ein leichtes Ziel. Gemeinsam gingen sie an weit e ren Tischen vorbei, die nur spärlich besetzt waren, bis ganz nach hinten.
»Also, bis gleich«, sagte sie vor der Tür, die zu den Dame n toiletten führte. Die Herrenklos befanden sich im schmalen Gang gegenüber.
Kyrian nickte Jenna zu und verschwand in der Tür, noch bevor sie ihren Raum betreten hatte. Er wusste, dass er sich erst gar nicht vor das Café zu translozieren brauchte, sondern materialisierte sich gleich in der Damentoilette. Für den Bruchteil eines Wimpernschl a ges erschien seine Gestalt vor den Waschbecken, damit er sich orie n tieren konnte – genau als Jenna zur Tür hereinkam. Sie würde ihn in der extrem kurzen Zeit nicht wahrnehmen.
Im nächsten Moment befand er sich schon in der hintersten leeren Kabine. Er hörte, wie Jenna das Abteil daneben betrat und absperrte. Vorsichtig spähte Kyrian zur Tür hinaus. Der Jäger stand bereits im Raum, Kyr den Rücken zugekehrt. Anscheinend wartete er, bis Jenna wieder herauskam. Um unter den Menschen nicht aufzufallen, trug er schwarze Jeans und einen dunkelblauen Kapuzenpullover, der sein Haar verdeckte. In der Hand funkelte eine silberfarbene Klinge. Wollte er Jenna gleich töten?
Blitzschnell zog Kyrian eins seiner Messer aus dem Stiefel, drückte es dem Elf von hinten an den Hals und translozierte sich gemeinsam mit ihm ins Dunkle Land. Eine Reise in eine andere Dimension e r forderte viel Energie und ließ ihn für einen Moment schwarze Fl e cken sehen. Zum Glück hatte er gut gegessen und war gestärkt.
Das Dunkle Land existierte auf der Erde, in einer Parallelwelt. Wie das physikalisch möglich war, hatte Kyrian herauszufinden versucht und in einer Bar einen betrunkenen Wissenschaftler befragt. Der hatte etwas von Lichtgeschwindigkeit, Wirbel, Materie und elektr o magnetischer Strahlung geschwafelt. Komplette Universen waren miteinander verschachtelt, harmonisch ineinander verzahnt, ohne sich zu behindern. Nachdem Kyrian kein Wort davon verstanden hatte, hatte er diesen Zustand als gegeben hingenommen und nicht weiter darüber nachgedacht.
Kyrian und der Elfenkämpfer befanden sich nun auf einem Fel s plateau eines hohen Berges, vor dem Eingang der Höhle, in der die Soldaten Myra und ihn einst aufgespürt hatten. Sofort riss er dem kleineren Jäger die Kapuze vom Kopf. Schwarzes Haar kam zum Vorschein und ein zierliches Gesicht mit einer spitzen Nase. Über sein Kinn zog sich eine lange Narbe bis über die Wange. Kyrian kannte den Mann nicht. Er war einer von vielen Jägern, die König Lothaire heimlich ausbilden ließ.
»Falls du dich translozierst, bist du tot«, zischte Kyr.
Alle Dunkelelfen konnten bei Körperkontakt den Energieimpuls spüren, der einer Translokation vorausging. Er hätte dem Kerl die Kehle aufgeschlitzt, noch bevor er sich aufgelöst hätte.
»Ah, der große Kyrian«, sagte der Krieger mit spöttischer Stimme. »Hab schon viel von dir gehört.«
»Warum schnüffelst du mir hinterher?«
»Der König vertraut dir nicht.«
Kyrian knurrte. Genau, wie er gedacht hatte. »Habe ich ihn jemals enttäuscht?«
»Er findet, du bist bereits zu lange bei den Menschen und sie wü r den dich womöglich verweichlichen. Er will Resultate sehen und du hast bis jetzt keine geliefert.«
»Ich habe ihm schon genug Adressen von Magiern genannt und einer anderen Spur bin ich dicht auf den Fersen.« Er drückte das Messer fester an die Kehle des Jägers, obwohl der sich keinen Mill i meter bewegte.
»Die Hexe sieht aus wie Isla. Worauf wartest du?«
Fuck. Lothaire hatte den Kerl also tatsächlich auf dieselbe Fährte gesetzt. Für einen Moment lenkte ihn dieser Schock so ab, dass er zu spät reagierte, als der Dunkelelf den Kopf nach hinten rammte, in Kyrians Gesicht. Zeitgleich trieb er ihm die Ellbogen in die Seiten. Schmerzen explodierten an Kyrians Kinn und in seinen Eingewe i den, doch er hatte gelernt, sie zu ignorieren.
»Hiermit wirst du abgelöst!«
Der Krieger wand sich aus seiner Umarmung, wirbelte herum und warf sein Messer nach ihm. Kyr duckte sich rechtzeitig und trat dem Mistkerl gegen das
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