Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
Schienbein. Als sich der Jäger zu seinem Messer translozierte, das kurz vor der Kante des Felsvorsprungs zum Liegen gekommen war, grinste er bestialisch.
»Die Sache mit den Magiern ist ja wohl voll in die Hose gegangen. Du stellst dich reichlich dämlich an, um deine Schwester zurückz u bekommen.«
Er wusste auch noch von der Vereinbarung! Der Jäger versuchte, ihn zu reizen und noch wütender zu machen, damit sich Kyrian nicht auf den Kampf konzentrieren konnte.
»Zweifelt der König an meiner Loyalität?« Falls Lothaire ihn abg e schrieben hatte, würde er Myra niemals freikaufen können. Oder wollte der Herrscher ihn loswerden?
Der Elf kicherte nur … und translozierte sich über ihm auf einen anderen Felsvorsprung. Kyr reagierte prompt und veränderte seine r seits die Position. Er materialisierte sich in der Höhle, wo er sich hinter einem Stein zusammenkauerte. Von dieser Position aus hatte er den Eingang gut im Blick.
»Wo bist du, feiger Bolg?«, rief der Jäger.
Kyr warf einen kleinen Stein zum Eingang, woraufhin sich der Elf sofort umdrehte. Langsam schritt er in die Höhle, das Messer kampfbereit in der Hand. Verdammt, Kyr musste etwas tun, um Lothaire milde zu stimmen, zumindest so lange, bis er wusste, was er wegen Myra unternehmen sollte. Für einen winzigen Moment dachte er daran, dem König Jennas Vater oder einen anderen Magier ausz u liefern. Dank Noir kannte er eine Menge solcher Leute, die König Lothaire zu gern ausfragen und foltern würde.
In seine düsteren Gedanken stahl sich Jennas Blick, wie sie ihn a n sehen würde, wenn er das täte. Sie würde ihn verachten. Hassen.
Der Jäger kam näher und bückte sich nach einem Schwert, das auf dem Höhlenboden lag. Da der Kerl nicht verschwand, konnte das nur eines bedeuten: Er wollte Kyrian ausschalten.
»Die Hexe gehört mir«, zischte der Elf, sprang hinter den Vo r sprung und hieb auf Kyrian ein.
Er translozierte sich direkt hinter den Krieger, sodass dieser nur den Fels traf. »Niemals werde ich sie dir überlassen!«
Kyr wandte seine Tricks an, einen nach dem anderen. Geschickt wich er den Schwertattacken aus und blieb auf Abstand, schleuderte seine Klinge auf den Elf, erwischte ihn am Hals und den Armen. Kyr translozierte sich bereits während der Würfe durch die Höhle, um die fliegende Klinge hinter dem Jäger aufzufangen. Da ihn die Du n kelelfen seit jeher verachtet hatten, war sein Training unerbittlich gewesen – was ihm immer wieder zum Vorteil gereichte, auch wenn sein Feind die besseren Waffen besaß. Kyr war einfach schneller und listiger als andere, könnte jeden mit den bloßen Händen töten. Er hätte den Krieger längst umbringen können, doch er wollte Antwo r ten. Daher schnappte er sich eines der Schwerter, die überall auf dem Boden lagen, und parierte einen Angriff. Metall krachte auf M e tall, Funken flogen.
»Sollst du Isla töten?«, fragte Kyr. »Ich dachte, der König wollte sie lebend.«
»Will er auch, aber er hat mir nicht verboten, vorher ein wenig Spaß mit der Kleinen zu haben.«
»Das glaube ich dir nicht. Der König will sie unversehrt!« Kyrs Wut schwoll zu einem Glutball an, obwohl er sich sonst nicht so leicht provozieren ließ. Er translozierte sich hinter den Jäger und schnitt ihm die Kehle durch. Hastig ließ er ihn fallen, um von dem spritzenden Blut nicht getroffen zu werden. Er wartete kurz, bis sich sein Widersacher nicht mehr bewegte und spulte sein Programm ab. Er packte den Krieger an den Haaren und zerrte ihn tiefer in die Höhle, vorbei an Waffen und Rüstungsteilen. Einige seiner Artg e nossen verrotteten hier bereits. Kyrian empfand nichts für sie, bere u te auch nicht, dass sie durch seine Hand gestorben waren. Dennoch hatte er das Töten satt. Nach all den Jahren wurde es Zeit, sich eine neue Aufgabe zu suchen, eine, die ihn erfüllte. Sein Leben als Lothaires Sklave machte ihn müde.
Er begab sich in den hintersten Teil der Höhle, in der ein großes Skelett lag, von dem nur die ledernen Schwingen noch nicht verm o dert waren. Diese hatte Kyrian um die Knochen geschlagen. Den abgetrennten Kopf hatte er so drapiert, als wäre er nie vom Körper getrennt worden.
»So ein Leben hast du dir für mich sicher nicht gewünscht.« In der Stille hallten seine Worte von den kargen Wänden. Seufzend betrac h tete er die Überreste seiner Mutter. Da die versteinert aussehende Haut der Gargoyles aus einer organischen Substanz bestand, verwe s ten sie genauso wie andere
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