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Dunkle Verlockung (German Edition)

Dunkle Verlockung (German Edition)

Titel: Dunkle Verlockung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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ab, dass der Pegel jetzt zwischen der zweiten und der dritten Linie lag. Er stieß die Luft aus.
    »Ich wünschte, du hättest dich geirrt, Noel.« Sie überließ ihm das Fläschchen Mitternacht und ging quer durch den Raum, wobei ihre Flügel über das von bernsteinfarbenen Wirbeln durchsetzte Blau des Teppichs schleiften. »Dass der Attentäter in meine Gemächer gekommen ist und es genommen hat, bedeutet zweierlei.«
    »Erstens«, sagte Noel, der die Phiole in den Tresor legte und ihn wieder verschloss, »wusste der- oder diejenige, dass es hier ist.«
    »Genau. Und diejenigen, die das wissen, kann ich an einer Hand abzählen.« In jedem ihrer Worte lag eine verzweifelte Traurigkeit. »Und zweitens heißt es, dass kein anderer mächtiger Engel daran beteiligt war. Dieser Hass stammt nur von einem Täter aus meinen Reihen.«
    Noel versuchte nicht, sie zu trösten, denn er wusste, dass es keinen Trost gab – nicht bevor die Wahrheit ans Licht gekommen und die Motive des Attentäters bekannt sein würden. »Wir brauchen hier jemanden von der Spurensicherung, um herauszufinden, ob es an der Phiole oder dem Tresor Fingerabdrücke gibt, die dort nicht hingehören.«
    Nimra sah ihn an, als spräche er eine ihr unbekannte Sprache. »Die Spurensicherung?«
    »Wir leben tatsächlich im einundzwanzigsten Jahrhundert«, neckte er sie sanft, doch die Brust wurde ihm eng bei dem Gedanken an den Schmerz, den sie bald würde verbergen müssen, wenn sie einmal mehr der Engel sein musste, der unbarmherzig und unmenschlich über sein Territorium herrschte. »So etwas gibt es.«
    Ihre Augen verengten sich. »Du machst dich auf eigene Gefahr über mich lustig.« Doch sie sträubte sich nicht, als er sie in seine Arme zog.
    Er ließ die Hände über ihren Rücken und die schwere Wärme ihrer Flügel gleiten. »Ich kenne da jemanden, dem wir vertrauen können.«
    »Es ist mir nicht angenehm, so jemanden in meinem Hause zu haben.« Als sie den Kopf hob, lag stählerne Entschlossenheit in ihrem Blick. »Aber es muss sein, und zwar bald. Christian fängt an, Fragen über deine Anwesenheit zu stellen, die sich nicht mehr mit Eifersucht erklären lassen, und Asirani beobachtet dich zu genau.«
    Mistkerl oder nicht, Christians Intelligenz hatte Noel nie infrage gestellt. Das einzig Überraschende daran war, dass der männliche Engel so lange gebraucht hatte, um hellhörig zu werden. Zweifelsfrei hatten seine Gefühle für Nimra sein Urteilsvermögen getrübt. Was Nimras Privatsekretärin anging … »Asirani beobachtet mich, um sicherzugehen, dass ich dir nicht wehtue.«
    Nimra stieß sich von seiner Brust ab, und ihre Stimme klang weit entfernt, als sie sagte: »Und du hast keine Angst, ich könnte dir wehtun?«
    Doch. Unwiderstehlich und gefährlich, hatte sie ihn aus dem gefühllosen Zustand erweckt, in dem er sich seit seiner Folterung befunden hatte. Seine Gefühle waren roh, neu und äußerst verletzlich. »Ich bin dein Schutzschild«, sagte er, anstatt die Tiefe seiner Schwäche für sie einzugestehen. »Wenn das bedeutet, dass ich einen Schlag einstecken muss, um dich zu beschützen, werde ich es ohne jedes Zögern tun.« Denn Nimra hatte etwas, das Engel in ihrem Alter und mit ihrem Ausmaß an Macht nur selten hatten: Stärke, ein fühlendes Herz und ein intaktes Gewissen.
    Sie umfing sein Gesicht mit den Händen, und ihr Blick war so intensiv, dass er einer Liebkosung gleichkam. »Ich verrate dir eine geheime Wahrheit, Noel. In all den Jahrhunderten meiner Existenz hat sich noch nie ein Liebhaber für mich eingesetzt.«
    Es war wie ein Schlag, der ihn mitten ins Herz traf. »Was ist mit Eitriel?«
    Sie ließ die Hände sinken und wandte sich zum Fenster. »Er ist ein Niemand.« Ihre Worte klangen endgültig, der leise Befehl eines Engels, der Gehorsam gewohnt ist.
    Noel hatte nicht die Absicht, sie die Grenzen ihrer Beziehung diktieren zu lassen. »Dieser Niemand«, sagte er und schob die Hände in ihr volles, seidiges Haar, damit sie ihn ansehen musste, »steht zwischen uns.«
    Nimra tat, als wollte sie sich ihm entziehen. Er hielt sie fest. Mit vor Ärger düsterer Miene sagte sie: »Du weißt, dass ich mich losmachen könnte.«
    »Und doch stehen wir hier.«

9
    Er war unmöglich, dachte Nimra. Ein solcher Mann würde niemals einen kontrollierbaren Partner abgeben – nein, er würde fordern und drängen und sich Freiheiten nehmen, die ihm nicht zustanden. Er würde sie höchstwahrscheinlich nicht mit der Ehrfurcht behandeln,

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