Dunkle Wasser
Schlafzimmertür etwas geschah, was Cal immer wieder zum Bleiben bewog, obwohl Kitty ihn in vieler Hinsicht unterdrückte.
Im Schlafzimmer, hinter verschlossenen Türen, war er Wachs in ihrer Hand. Sie verpaßte ihm kein blaues Auge und schlug auch seine Nase nicht blutig. Was sie tat, ließ seine Augen glänzen und machte seine Schritte leicht.
Am nächsten Morgen – es war Sonntag – verzieh mir Kitty, daß ich ihr Geschirr angeschlagen und den Henkel einer Tasse kaputtgemacht sowie ein teures Messer ruiniert hatte… jetzt, da sie wieder den Daumen auf Cal hatte. Als Cal und ich wartend im Wagen saßen, während Kitty kontrollierte, ob ich alle Arbeiten erledigt hatte, wandte er sich an mich, ohne mich anzusehen. »Ich habe dir versprochen, daß ich alles unternehmen werde, um dir zu helfen, Tom zu finden. Und wenn du soweit bist, deine Verwandten in Boston zu besuchen, werde ich etwas Detektiv spielen oder einen anstellen, um die Familie deiner Mutter zu finden. Es muß eine sehr wohlhabende Familie sein; ich habe mich nämlich erkundigt und erfahren, daß eine Tatterton-Toy-Portrait-Puppe einige tausend Dollar kostet. Heaven, du mußt mir deine Puppe mal zeigen – wenn du mir wirklich vertraust.«
Um ihm zu zeigen, daß ich ihm voll und ganz vertraute, ging ich mit ihm noch an diesem Nachmittag in den Keller, während Kitty oben ein Nickerchen machte. Zuerst mußte ich aber noch Kittys Wäscheberg in die Waschmaschine geben.
Als die Maschine lief, öffnete ich meinen wertvollen Koffer voller Träume und nahm die Puppe liebevoll heraus. »Dreh dich um«, befahl ich, »damit ich ihr Kleid richten und ihre Haare in Ordnung bringen kann. Dann kannst du dich wieder umdrehen und mir sagen, was du von ihr hältst.«
Er schien verdattert, als er die Puppenbraut mit den langen, silberblonden Haaren sah. »Mein Gott, das bist ja du mit blondem Haar«, sagte er. »Wie schön deine Mutter gewesen sein muß. Aber du bist mindestens genauso schön…«
Schnell wickelte er die Puppe wieder ein und legte sie zurück in den Koffer. Aus irgendeinem Grund war ich aufgewühlt.
Seitdem Cal die Puppe betrachtet hatte, sah er mich so an, als hätte er mich nie zuvor gesehen.
Es gab so viele Dinge, über die ich nicht Bescheid wußte. So vieles, was mich nachts in meinem kleinen Zimmer, in dem Kittys Sachen so viel Platz beanspruchten und die sie nicht entfernen wollte, nicht schlafen ließ. Wieder hatten Kitty und Cal meinetwegen Streit.
»Sag nicht immer nein!« sagte Cal gerade mit leiser, aber eindringlicher Stimme. »Gestern nacht hast du mir gesagt, daß du mich jeden Tag und jede Nacht willst. Und jetzt stößt du mich weg. Ich bin dein Mann.«
»Kann’s jetzt nicht zulassen. Sie ist gleich nebenan. Dort, wo du sie haben wolltest.«
»Du hattest sie doch in unser Bett gesteckt! Wenn ich nicht gewesen wäre, läge sie immer noch hier zwischen uns.«
»Ich war in ihrem Zimmer – die Wände sind so dünn. Macht mich verklemmt, wenn ich weiß, daß sie alles hören kann.«
»Deswegen müssen wir deine Sachen wegräumen. Dann können wir ihr Bett an die gegenüberliegende Wand stellen.
Du hast doch einen riesigen Brennofen in deinem Unterrichtsraum. Und das ganze andere Zeug kann man doch auch verstauen.«
»Ist kein Zeug! Nenn es nicht immer so.«
»Na gut. Es ist kein Zeug.«
»Du gehst nur hoch, wenn du sie verteidigst…«
»Mein Gott, Kitty, ich wußte ja gar nicht, daß du es magst, wenn ich hochgehe.«
»Du spottest über mich, obwohl du genau weißt, was ich meine…«
»Nein, ich weiß es eben nicht, und ich wünschte mir bei Gott, daß ich es täte. Ich wünschte mir, ich könnte all deine Gedanken unter dem roten Haar lesen.«
»Ist nicht rot! Ist kastanienbraun! Tizianrot…«, empörte sie sich.
»Nun gut, nenn es, wie du willst. Aber eines kann ich dir sagen: Wenn du Heaven noch einmal schlägst, und ich komme nach Hause und sehe ihre Nase bluten, ihr Gesicht voller Schrammen und ihre Augen angeschwollen… dann verlasse ich dich.«
»Cal! Sprich nicht so zu mir! Ich liebe dich, wirklich! Bring mich nicht zum Weinen… Kann nicht ohne dich leben. Werd’
sie nicht mehr schlagen, ich versprech’s dir. Ich will’s ja selber nicht.«
»Warum tust du’s dann?«
»Weiß nicht. Sie ist hübsch und jung, und ich werde alt. Bald werde ich sechsunddreißig, und das liegt schon nahe bei vierzig. Cal, nach vierzig hat das Leben keinen Sinn mehr.«
»Aber natürlich hat es einen Sinn.« Seine
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