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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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gesunde Farbe bekommen. Er hatte starke, hohe Wangenknochen und ein verdammt gutaussehendes Gesicht!
    Würde es mir leid tun, wenn er starb? Nein, sagte ich mir, nicht in zehntausend Jahren.
    Es war spät in der Nacht, als ich ihn mit Großvater reden hörte: Er war sehr deprimiert und sprach über sein verpfuschtes Leben und wie ihn seine Kinder davon abhielten, das zu tun, was er sich vorgenommen hatte. »Wenn ich das Geld hab’, Vater, dann wird es nicht zu spät sein. Ich werd’
    das tun, was ich immer wollte und längst schon getan hätt’…
    für sie … und meine Kinder…«
    In dieser Nacht hörte ich auf zu weinen. Tränen halfen nichts.
    Ich betete nicht mehr, daß ich meine Brüder und Schwestern wiedersehen würde, ich machte mir keine Hoffnungen mehr, daß Logan mich retten könnte. Ich rechnete nicht mehr mit einer guten Wendung meines Schicksals. Auch Miß Deale konnte mich nicht retten; ihre Mutter war vielleicht gestorben, und die Rechtsanwälte hielten sie nun zurück. Ich mußte selbst meine Flucht in die Hand nehmen.
    Am Sonntag schien die Sonne. Vater befahl mir, mein bestes Kleid anzuziehen – falls ich eines übrig hätte. Ich glaubte, er habe einen Käufer für mich gefunden, und mein Herz tat einen Sprung. In seinen harten Augen lag Spott, »‘s ist Sonntag, Mädchen, Zeit, in die Kirche zu gehen«, sagte er, als ob nicht schon viele Sonntage vergangen waren, ohne daß die Casteels in der Kirche aufgetaucht wären.
    Bei dem Wort »Kirche« hellte sich Großvaters Miene auf.
    Mit steifen Gelenken und viel Ächzen und Stöhnen gelang es ihm, sich halbwegs ordentlich anzuziehen, und bald hatten wir uns für den Weg nach Winnerrow fertig gemacht.
    Die Glocken der Kirche erklangen hell und klar. Sie gaben mir die Illusion der inneren Ruhe und das unbegründete Gefühl, daß Gott im Himmel und die Welt in Ordnung sei, solange die Kirche stand und die Glocken läuteten, die Leute kamen, sangen und glaubten.
    Vater parkte seinen Lieferwagen weit von der Kirche entfernt (die anderen hatten alle Parkplätze besetzt), und wir gingen den Rest des Weges zu Fuß, während er meinen Arm mit eisernem Griff festhielt.
    Die anderen Gottesdienstbesucher sangen bereits, als wir eintraten.
    »Holt die Garben,
    Holt die Garben,
    Wir werden loben und preisen,
    Und holen die Garben…«
    Singt, singt, singt. Bringt Licht in den dunklen Tag, erwärmt ihn, nehmt ihm seine Schrecken. Ich schloß die Augen und sah das kleine, liebe Gesicht Unserer-Jane vor mir. Ich hielt die Augen weiter geschlossen und hörte Miß Deales glockenreinen Sopran. Ich öffnete die Augen immer noch nicht und fühlte Toms Hand in meiner und Keith an meinem Rock zupfen.
    Dann erscholl eine laute, ehrfurchtgebietende Stimme. Ich öffnete die Augen und starrte zu ihm hinauf: Wie konnte er sich nur ein Kind kaufen und es dann sein eigen nennen?
    »Liebe Gemeinde, wir erheben uns nunmehr und schlagen das Gesangbuch auf Seite 147 auf. Wir singen alle zusammen das Lied, das wir besonders schätzen«, wies Reverend Wise an.
    »Er weist uns den Weg, Und er spricht zu uns, Und er sagt uns, wir sind sein,
    Und den Gesang der Stimme in unseren Ohren, Hat vorher noch niemand vernommen…«
    Das Singen nahm das lastende Gewicht von meiner Brust und machte mich fröhlicher, bis ich Fanny erblickte, die in der ersten Reihe neben Rosalynn Wise saß. Fanny sah sich nicht einmal um, ob ein Mitglied ihrer »früheren« Familie in der hintersten Reihe saß. Vielleicht hatte sie gehofft, daß wir nicht kommen würden.
    Ich holte tief Luft, als ich sie im Profil sah. Wie schön sie aussah in ihrem weißen Pelzmantel und der dazu passenden Mütze sowie einem Muff. Es war zwar drückend heiß in der Kirche, aber Fanny behielt all ihre Pelzsachen an und richtete es so ein, daß jeder hinter ihr mindestens einmal den Muff zu sehen bekam. Das gelang ihr, indem sie von Zeit zu Zeit aufstand, sich aus irgendeinem vorgetäuschten Grund entschuldigte, auf eine kleine, versteckte Kammer zuging, für ein paar Minuten dort etwas erledigte und dann wieder langsam und bedächtig zu ihrem Sitz zurückschlenderte, um sich artig neben ihre neue »Mutter« zu setzen.
    Das gab natürlich jedem Kirchenbesucher die Gelegenheit, genau zu sehen, was Fanny trug, einschließlich der weißen mit Pelz gefütterten Stiefel.
    Als die Messe vorüber war, stand Fanny neben Reverend Wise und seiner großen Frau, um jedem Mitglied der Kirchengemeinde die Hand zu schütteln. Man fühlte sich

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