Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
mir leid. Wollen wir uns mit den anderen Freunden treffen? Auch heute Abend, wenn es dir passt.« Sie tauschten ihre Telefonnummern aus, und beiden war klar, worum es ging. Noch am selben Abend trafen sie sich alle wieder. Die fröhliche Runde von Forte dei Marmi war wiedervereint, und sie begannen sofort mit ihren Spielchen. Italo fand zu seinem Erstaunen heraus, dass Sercambi kein Italienischlehrer mehr war, sondern ein Monsignore der Kurie. Das hätte er niemals erwartet, wenn er daran zurückdachte, wie Sercambi früher Poker und Billard gespielt hatte. Aber im Grunde amüsierte ihn diese Tatsache.
Eines Abends stellten sie ihm den alten Gattacci vor, der mit den drei Freunden die Sehnsucht nach den vergangenen Zeiten teilte. Italo interessierte sich nicht für Politik, er suchte nur nach der Geborgenheit einer Familie und sexuellem Vergnügen. Auch wenn ihre Spielchen variierten, blieb eine Sache unverändert: Er war immer unten und die anderen oben, und das in jeder Hinsicht. Unterwerfung war seine größte Lust. Und den anderen gefiel es so. Gattacci nahm nur selten an ihren abendlichen Vergnügungen teil, und auch bei diesen Gelegenheiten wurde er nicht aktiv. Er hielt sich lieber abseits, sah zu und masturbierte.
Die Familien von Panerai und Beccaroni hatten nicht die geringste Ahnung, sie dachten, es handele sich um Pokerabende mit Freunden. Sercambi als Priester hatte keine Frau, der er Rechenschaft schuldete, und Gattacci hatte nie geheiratet. So vergnügte man sich mit Sex, Champagner und verschiedenen Drogen.
Nach einigen Jahren begannen die Freunde sich allmählich zu langweilen, und immer öfter kam der Wunsch nach einer neuen »Frau« auf. Italo hatte panische Angst davor, allein zu bleiben, und damit die Gruppe sich nicht auflöste, erbot er sich, für Frischfleisch zu sorgen: Jungs, die sich berufsmäßig verkauften, und vielleicht auch »Gelegenheitsficker«, die ein paar Lire extra gebrauchen konnten. Die anderen waren sofort von seinem Vorschlag begeistert, aber Beccaroni wollte einige Sicherheitsvorkehrungen treffen, um diese dunkle Seite ihres Lebens zu schützen. Er genoss es, seine professionellen Fähigkeiten einbringen zu können, und stellte einige Regeln auf. Keiner durfte ihre wahre Identität erfahren. Ein Skandal würde sie unwiderruflich schädigen, das galt vor allem für Monsignore Sercambi, der sich die Moral auf die Fahnen geschrieben hatte. Daher musste jeder, der für die »Spielchen« angeheuert wurde, mit verbundenen Augen zur Villa gebracht und wieder fortgeschafft werden. Zum Auftreiben des »Frischfleischs« sollte Italo sich ein gewöhnliches Auto zulegen, einen Fiat 500 oder 600. Aber das Wichtigste war: Während ihrer Vergnügungen sollten sie immer Spitznamen benutzen und Karnevalsmasken tragen. Beccaronis Vorschläge wurden einstimmig angenommen, und ein neuerlicher Geheimpakt festigte den Zusammenhalt der Gruppe.
Italo kaufte einen gebrauchten weißen Fiat 600 und machte sich auf die Suche. Da er von seiner Leibrente lebte, konnte er so viel Zeit wie er wollte für diese Angelegenheit aufbringen. Um für sich selbst die Suche aufregender zu gestalten, stellte er sich vor, dass er bestimmte Herausforderungen zu bestehen hatte. Manchmal war er ein Geheimagent auf der Suche nach jungen Kerlen, die er als Spione für gefährliche Unternehmungen anwerben wollte. Dann war er ein Regisseur auf der Suche nach Schauspielern. Am liebsten betrachtete er es jedoch als eine Mission zur Rettung der Gruppe und daher auch zu seiner eigenen Rettung. Er hätte es nie ertragen, sich von den anderen zu trennen. Was sie verband, sollte unauflöslich, ewig sein. Die vier Männer waren seine Familie, die einzige, die er jemals hatte.
Er suchte nach Straßenjungs, nach Ausreißern, die sich für ein paar Tausend Lire verkauften. Leider machte er nur selten einen solchen Fang. In der Zwischenzeit begnügten sie sich mit einem Stricher, den sie sich im Park Le Cascine holten, und manchmal kümmerten sich auch Beccaroni oder Panerai darum. Doch an Italos Rolle veränderte sich nichts. Er unten, sie oben. So sollte es sein.
Einmal konnte er einen wunderschönen, sechzehnjährigen Zigeunerjungen in die Villa mitbringen. Doch die Dinge entwickelten sich nicht so wie geplant, und sie mussten ihn mit Gewalt nehmen. Danach tobte der Junge, drohte, sie abzustechen, und schrie, er würde die Carabinieri rufen. Um ihn zu beruhigen, mussten sie ihm einen Haufen Geld zahlen. Sie waren ein großes
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