Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Vichi
Vom Netzwerk:
langsam die Nase. Casini hob den Hörer vom Telefon und wählte ruhig die Nummer des Präsidiums. Er ließ sich mit Piras verbinden und fragte ihn, wo er gerade sei.
    »In der Via Bolognese, Commissario.«
    »Warte mit dem Wagen draußen vor dem Tor auf mich.«
    »Gut, Commissario.«
    »Bis gleich.« Er legte auf. Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan, doch die Befriedigung darüber, dass er Giacomos Mörder gefunden hatte, konnte nicht die Bitterkeit und den Ekel in ihm auslöschen. Er bedeutete dem jungen Mann, dass sie jetzt gehen würden. Signorini stützte sich mit den Händen auf den Schreibtisch und stand auf.
    »Erst möchte ich Ihnen noch etwas zeigen.«
    »Worum geht es?«
    »Es kostet Sie nur eine Minute«, nuschelte der junge Mann und ging schwankend zur Tür. Casini war neugierig, was er vorhatte. Er folgte ihm die Treppe hoch in den zweiten Stock bis zu Signorinis Schlafzimmer. Der Kommissar blieb in der Tür stehen und wartete, was der junge Mann für ihn hatte. Doch der öffnete das Fenster, drückte die Fensterläden auf und stürzte sich plötzlich schweigend in die Tiefe. Noch ehe Casini auch nur einen Schritt tun konnte, hörte er den dumpfen Aufprall des Körpers auf den Steinen. Er eilte ans Fenster und sah hinunter. Unter Signorinis Kopf breitete sich eine rote Lache aus. Fluchend ballte Casini die Faust und hastete die Treppe hinunter. Verdammt, er hatte sich austricksen lassen wie ein blutiger Anfänger. Wenn Signorini jetzt starb, dann konnte er das Geständnis vergessen …
    Er trat aus der Tür und lief zur Rückseite der Villa. Signorini lag leblos da, die Glieder zu einer unnatürlichen, fast heiter wirkenden Pose verdreht. Seine Augen waren weit aufgerissen, und sein Gesicht wirkte beinahe glücklich. Casini legte zwei Finger an seinen Hals und spürte, dass das Herz nicht mehr schlug. Er setzte sich auf den Rand eines großen Blumentopfes und zündete sich eine Zigarette an. Jetzt war alles beim Teufel. Kein Protokoll, keine Beweise, keine Anklage. Er stand wieder am Anfang, nur dass er jetzt wusste, wer die Mörder waren. So etwas hatte er noch nie erlebt. Sicher, er konnte unter Eid Signorinis Geständnis wiederholen, aber was würde das bringen? Ohne einen Beweis würde ihn selbst ein Pflichtverteidiger in Stücke reißen. Und ein guter Anwalt würde ihn sogar als Lügner hinstellen …
    Was sollte er tun? Das Recht in die eigene Hand nehmen und Panerai, Beccaroni und Monsignore Sercambi persönlich umbringen? Er hätte es mit dem größten Vergnügen getan, aber deswegen war er nicht zur Polizei gegangen. Trotz allem glaubte er noch an den Staat und konnte nicht einfach Selbstjustiz üben. Giacomo Pellissari verdiente ein ordentliches, öffentliches Verfahren, er verdiente es, dass die Namen seiner Mörder in allen Zeitungen standen, er verdiente Gerechtigkeit … nicht nur drei anonyme Pistolenschüsse.
    Piras wartete bestimmt schon eine Weile vor dem Tor auf ihn. Casini warf einen letzten Blick auf den jungen Mann, bevor er in die Villa zurückkehrte. Er ging ins Arbeitszimmer, nahm seine Zigarettenkippen aus dem Aschenbecher und wischte mit einem Taschentuch alles ab, was er berührt hatte. Er legte auch die Beretta wieder an ihren Platz und riss das Fenster auf, damit der Rauch abziehen konnte. Im zweiten Stock beseitigte er ebenfalls seine Spuren, dann verließ er das Haus und zog die Tür hinter sich zu. Ruhig ging er den Kiesweg hinab. Er hatte sich entschieden. Außer Piras würde niemand erfahren, dass Signorini sich vor seinen Augen umgebracht hatte.
    Er würde abwarten, dass jemand die Leiche fand. Das erschien ihm die beste Lösung, um nicht unnötig Staub aufzuwirbeln. Die anderen aus der fröhlichen Runde würden glauben, ihr Freund hätte sich von Gewissensbissen gequält umgebracht, aber das würde sie nicht beunruhigen. Sie würden nicht ahnen, dass ein starrköpfiger Bulle jetzt über sie Bescheid wusste.
    Casini trat auf die Straße, wo Piras bereits im Fiat 1100 auf ihn wartete. Niemand sonst war zu sehen. Er öffnete die Beifahrertür und beugte sich hinein.
    »Ich brauche dich nicht mehr, Piras. Ich gehe zu Fuß.«
    »Bis zur Via Zara?«, wunderte sich der Sarde.
    »Ich muss nachdenken.«
    »Haben Sie mit Signorini gesprochen?«
    »Das erzähle ich dir später, Piras. Warte bitte im Präsidium auf mich.«
    »Gut, Commissario.« Der Sarde hielt seine Neugier zurück. Wenn Casini so ein Gesicht zog, war Nachfragen sinnlos. Piras startete den Motor und fuhr

Weitere Kostenlose Bücher