Theodor: The Theodor Story (Die Wiedergeburt) (German Edition)
Prolog
5500 Jahre v. Chr.
E s sind noch drei Stunden bis Mitternacht. Dunkle Wolken hängen über dem kleinen Dorf, das am Ufer eines Sees unterhalb des schützenden Gebirges vor wenigen Jahren errichtet worden war. Die Hütten aus Holzstämmen gefertigt, die Dächer mit Stroh bedeckt geben Schutz vor Wind und Wetter.
Vor wenigen 100 Jahren noch lebten die Menschen teilweise in Höhlen, zogen durch das wilde Land, ernährten sich ausschließlich von der Jagd und dem Sammeln von Beeren und Früchten.
Seit nun einigen Generationen sind sie sesshaft geworden und üben sich darin, die Erde fruchtbar zu machen. Feinde zu Gleichgesinnten kennen die Dorfbewohner nicht – sie leben friedlich miteinander und wissen sich gut vor wilden Tieren zu schützen.
Das Ordnungssystem der Dorfbewohner wird bestimmt durch den Dorfältesten und dem Kräftigsten unter den Männern. Zu dieser Zeit gibt es in ihrem Umfeld weder Könige, Kaiser noch Pharaonen. Heute würden wir das Land, in dem sich die einstigen Höhlenmenschen angesiedelt hatten, dem mittleren Europa, genauer noch dem nördlichen Schwarzwald zuordnen.
Ein gellender, markdurchdringender Schrei lässt die schon schlafende Sippschaft aufschrecken; Sekunden darauf das Schreien eines Babys.
Atila der Dorfälteste, ein stämmiger langhaariger vollbärtiger Hüne, gekleidet in einem Lammfell und Lendenschürze, stürmt aus seiner Hütte; im selben Moment durchzuckt ein greller Blitz die schwarzen Wolken, ein mächtiger Donnerschlag lässt die Erde für Augenblicke erbeben. Ehrfürchtig richtet Atila seinen Blick nach oben. Dicke, schwere Regentropfen fallen erst vereinzelt, binnen Sekunden dann in Strömen herab. Das Getöse verschluckt das Schreien des Babys.
Trotz seines hohen Alters rennt Atila zu der Hütte, vor der sich schon einige Dorfbewohner versammelt haben und nun in das Innere drängen, um Schutz vor dem strömenden Regen zu bekommen. Die Erde verwandelte sich in Sekundenschnelle zu einer glitschigen Schlammmasse.
Es ist die Hütte seines jüngsten Bruders, die von einem spärlichen Feuer gewärmt und erhellt wird.
Im selben Moment, in dem er das Innere betritt, verstummt das Schreien des Babys. Die Anwesenden drehen sich ihm zu und treten ehrwürdig beiseite.
Direkt an der Feuerstelle liegt auf einem Strohbett ein junges hübsches, vielleicht gerade mal vierzehnjähriges Mädchen und hält einen gesunden Jungen in den Armen. Vor Ihr befinden sich eine Blutlache und die darin liegende Nachgeburt.
„Medi?“, bringt Atila nur mühevoll hervor. Sein Blick sucht den seines Bruders, der in seiner Nähe regungslos dasteht und auf das Baby starrt.
„Ein – Baby“, spricht Atila ihn an. Die einzigen Geräusche sind der Regen, der etwas nachgelassen hat, und das Knistern des Feuers.
Das Mädchen blickt auf ihren Großvater. „Ich habe es nicht bemerkt“, sagt sie leise und streicht sanft über das schwarze Haar des Babys.
„Wer ist der Vater?“, fragt Atila nur, wobei sich seine Augenbrauen zusammenziehen. Medi schweigt.
Atila wendet sich zu den Neugierigen, die unentwegt auf seine Nichte und das Baby starren.
„Lasst uns allein“, befahl er kurz, worauf sie gehorsam die Behausung verlassen. Zurück bleiben sein Bruder, dessen Weib und Medis vier Geschwister.
Atila kniet sich zu ihr nieder und betrachtet sich das Baby, das sich eng an ihre Brust schmiegt. Keiner vom Dorf hatte ein derartig pechschwarzes Haar. Vorsichtig streicht er über das Gesicht des Babys, das darauf zu lächeln beginnt. Auch die tiefbraune Augenfarbe ist untypisch für seine Sippschaft.
„Wer ist der Vater?“, fragt er erneut und sucht Blickkontakt zum Weib seines Bruders.
„Wir sind so überrascht wie du, Atila“, erwidert sie. Die Fassungslosigkeit ist ihr anzusehen.
„Niemand im Dorf hat diese Ähnlichkeit.“ Atila greift nach dem Baby um es an sich zu nehmen, Medi zuckt zurück.
„Nein“, wehrt sie ängstlich ab. „Nicht wegnehmen. Ich möchte es behalten.“
„Wer ist der Vater?“, fragt er zum dritten Mal. Seine Stimme klingt scharf.
„Ich habe nichts bemerkt“, entgegnet Medi und drückt das Baby sanft, aber fest an sich.
Atila schaut von einem zum anderen. „Wir alle haben nichts bemerkt – oder?“ Er steht auf und verlässt schweigend die Hütte.
Der Regen hat aufgehört, die Wolken lichten sich und der Mond schimmert durch die Wolkenfetzen hindurch.
„Wer ist der Vater?“, wird er auf einmal von der Seite angesprochen. Tinius, der
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