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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Vichi
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den Kopf ans Waschbecken, ich muss Ihnen die Haare waschen.«
    »Wie? Ach so …«, stammelte Casini. Er beugte sich vor und fühlte sich dabei, als würde er den Hals auf die Guillotine legen. Santo shampoonierte ihm zweimal energisch den Kopf. Dann griff er zum Föhn, und innerhalb weniger Minuten waren die Haare trocken. Casini schaute sich im Spiegel an. So gekämmt und geschniegelt erkannte er sich kaum wieder. Der Sizilianer nahm das hellblaue Tuch weg und bürstete ihm mit einem breiten Pinsel den Hals ab.
    »Sie sehen aus wie ein amerikanischer Filmschauspieler.«
    »Hast du mich für heute nicht schon genug aufgezogen?« Casini erhob sich. In diesem Moment kam ein Mann herein, der einen niedergeschlagenen Jungen hinter sich herzog.
    »Einmal Scheren für diesen Schafspelz hier«, sagte der Mann finster.
    »Die sind doch gar nicht lang«, meinte der Junge verzweifelt und schob die Haare hinter die Ohren, um sie zu verstecken. Santo und Casini verfolgten die Szene schweigend.
    »Du siehst aus wie ein Affe«, sagte der Mann empört.
    »Die sind nicht lang«, wiederholte der Junge und schnaubte auf.
    »Zum Henker mit den Bitels …«
    »Es heißt Bitols, nicht Bitels.«
    »Ich muss mich wegen dir ja in Grund und Boden schämen.«
    »Ich will sie so lang …« Jetzt weinte der Junge fast.
    »Aber merkst du denn nicht, dass das grauenhaft aussieht?«
    »Mir gefallen sie so«, murmelte der Junge traurig. Sein Vater verpasste ihm einen Klaps in den Nacken.
    »Jetzt ist Schluss mit den Flausen, setz dich hier hin und sei still!« Er drückte seinen Sohn ohne weitere Umstände in den Frisierstuhl, wobei ihm ein Seufzer der Erleichterung entfuhr.
    »Ein ordentlicher Fassonschnitt, bitte … Zum Henker mit den Bitels.« Dann ließ sich der Mann auf die Bank fallen und schlug die Zeitung auf.
    »Der Metzger ist um zwanzig nach zwölf nach Hause zurückgekehrt, mit einem Hasen und zwei Fasanen.« Piras hatte Ringe unter den Augen, auch in seinem Blick konnte man inzwischen lesen, dass er resigniert hatte. Casini fuhr sich enttäuscht mit der Hand übers Gesicht.
    »Wir jagen Gespenstern nach, Piras.«
    »Aber wir müssen es tun.«
    »Wir beschatten tagelang einen armen Idioten, der Steaks klopft, einen Metzger, der auch heute noch faschistische Propagandalieder singt und allen Frauen, die ihm unterkommen, aufdringlich den Hof macht …«
    »Wir mussten es tun, Commissario.«
    »Meinst du nicht, dass wir endlich damit aufhören sollten?«
    »Und was sollen wir dann tun?«
    »Jedenfalls nicht weiter unsere Zeit verschwenden.«
    »Warten wir noch ein paar Tage, Commissario.«
    »Hat das denn noch Sinn?«
    »Ich weiß es nicht, aber … Denken Sie doch einmal scharf nach. Was würden Sie machen, wenn Sie ein Kind umgebracht hätten? Sie würden sich doch erst einmal ganz ruhig verhalten, nicht wahr? Falls der Metzger wirklich mit dem Mord zu tun hat, würde er nicht riskieren, dass man ihn in einer verfänglichen Situation erwischt. Selbst wenn er nicht weiß, dass er beobachtet wird.«
    »Ach, könnte er das denn?«
    »Das weiß man nie, Commissario. Vielleicht hat er ja etwas bemerkt und tut nun so, als wäre nichts. Vielleicht ist er gar nicht so dumm.«
    »Wir können nicht ewig so weitermachen, Piras.«
    »Noch zehn Tage …«
    »Eine Woche und nicht einen Tag länger. Wenn nichts dabei herumkommt, ist Schluss mit dem Metzger. Wir können anderes tun … Die Pädophilenszene durchleuchten, die Stadt mit Fotos des Jungen zupflastern, eine Belohnung aussetzen …« Wie er nur zu gut wusste, würde das alles keinen Erfolg haben. Er musste sich damit abfinden. Keiner würde für den Mord an dem kleinen Giacomo Pellissari büßen. Er steckte sich eine Zigarette in den Mund, bedeutete Piras aber, dass er sie sich nicht anzünden würde. Das Telefon klingelte. Es war Rosa.
    »Hallo, mein großer Bär, wie geht es dir? Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie groß Krümelchen geworden ist. Sie ist ein richtiger kleiner Teufel, klettert die Vorhänge hoch, springt auf die Betten, zwängt sich überall hinein … Sie ist ein richtiger Schatz, ein kleiner Teufel. Sogar Gedeone hat Angst vor ihr, und dabei ist der doch so groß und fett … Aber was wollte ich dir eigentlich sagen? Ach ja, ich habe beschlossen, dass du mich heute Abend zum Essen ausführst … Und zwar in ein richtig feines Restaurant, in dem man die Weinflasche am Tisch aufmacht. Hol mich um halb neun ab. Aber bitte pünktlich. Ich hasse es, wenn ich auf die

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