Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
Wolkenbruch zu betrachten. Der Regen fiel mit einer unglaublichen Stärke, so dass die Straßen sich in Bäche verwandelt hatten. Ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken, und instinktiv ging seine Hand zu einem Heizkörper. Der war glühend heiß wie eine Pfanne auf dem Herd. Warum war ihm dann kalt? Es musste an den nassen Kleidern liegen und daran, dass sein Körper immer noch die schwere Mahlzeit verdaute. Nachdenklich blies er den Rauch an die Fensterscheibe. Seit Beginn dieses Falles kam es ihm vor, als würde er Schach gegen das Schicksal spielen. Eine falsche Entscheidung genügte, und er würde die Partie verlieren. Jetzt war er am Zug, und zwar mit der Via Luna.
Er schnaubte ungeduldig, wandte sich ab und setzte sich. Er nahm sich die Akte Pellissari und legte sie beinahe wütend auf den Schreibtisch. Als er noch einmal die Fotos der Leiche sah, zog es ihm den Magen zusammen. Giacomos Mörder waren frei, sie aßen, tranken, lebten in Ruhe und Frieden. Den Gedanken konnte er nicht ertragen.
Verdammt, warum meldete sich Ennio nicht? Er drückte die Kippe im Aschenbecher so heftig aus, dass sie unter dem Druck in Krümel zerfiel. Kurz darauf bemerkte er, dass er wieder eine Zigarette im Mund hatte, doch mit größter Willensanstrengung schaffte er es, sie nicht anzuzünden. Seine Kehle war wie ausgetrocknet. Der Schluck Wasser, den er daraufhin trank, schmeckte bitter. Er versuchte, sich Mut zuzusprechen. Es würde schon bald aufhören zu regnen, und dann würde er mit Botta zu diesem Haus gehen und das verdammte Schloss aufbrechen. Er musste nur Geduld haben und warten … wieder warten. Diesmal leistete ihm nicht einmal ein Brummer Gesellschaft. Er fühlte sich müde und niedergeschlagen, sah nur noch schwarz. Wäre ihm in diesem Moment ein Flaschengeist erschienen, hätte er sich von ihm gewünscht, in Lappland wieder auf die Welt zu kommen und dort mit den Rentieren zu leben.
Ein weiterer Schauer fuhr ihm durch den Körper. Seine Schuhe waren vollkommen durchnässt und die Füße eiskalt. Am besten ging er jetzt kurz nach Hause und zog sich um, wenn er nicht krank werden wollte. Er hatte zwar überhaupt keine Lust, sich dieser Wand aus Regen auszusetzen, aber ihm blieb nichts anderes übrig. Als er aufstand, sackten ihm die Beine weg und die Gelenke taten ihm weh. Da begriff er, dass er sich schon etwas eingefangen hatte. Er musste schon leichtes Fieber haben, so ein Mist. Gerade jetzt durfte er nicht krank werden. Er kramte in sämtlichen Schubladen, fand schließlich eine Schachtel Aspirin und schluckte ein paar davon. Manchmal hatten zwei Tabletten schon genügt, um die Erkältung noch im Keim zu ersticken, andere Male hatte sie ihn komplett umgehauen. Vor allem musste er jetzt die nassen Sachen ausziehen. Er stand schon in der Tür, als das Klingeln des Telefons ihn zusammenfahren ließ. Falls das Botta war, hätte er sich keinen schlechteren Moment aussuchen können. Schwankend und bibbernd lief er zum Schreibtisch zurück.
»Dottore, Avvocato Pellissari ist am Apparat. Er möchte Sie sprechen.«
»Gut, gib ihn mir.« Casini setzte sich wieder. Er hörte ein Knacken in der Leitung, und das Rauschen im Hintergrund änderte sich.
»Ja bitte?«
»Commissario Casini?«
»Guten Tag, Avvocato.«
»Sagen Sie mir die Wahrheit, Commissario. Besteht noch Hoffnung, dass dieses Ungeheuer gefunden wird?«
»Wir verfolgen gerade eine äußerst vielversprechende Spur, aber im Augenblick kann ich Ihnen gar nichts sagen.«
»Ich möchte demjenigen in die Augen sehen, der meinen Sohn getötet hat. Ich will ihn fragen, wie er nur …«
»Wir werden ihn fassen, das verspreche ich Ihnen«, sagte Casini und hoffte, dass es die Wahrheit war. Zitternd vor Kälte hörte er geduldig zu, wie Avvocato Pellissari redete und redete, ohne ihn zu unterbrechen. Er hatte nicht den Mut, ihm zu sagen, dass mindestens drei Personen seinen Sohn vergewaltigt haben mussten. Bevor er auflegte, wiederholte er, dass die Tage des Mörders gezählt seien. Er wollte schon aufstehen, da klingelte wieder das Telefon.
»Ja?«
»Hast du gesehen, wie es schüttet?«, fragte Rosa kauend.
»Es regnet seit Wochen, Rosa.«
»Aber doch nicht so. Ist das etwa die Sintflut?«
»Die gab es schon, Rosa. Ich glaube nicht, dass Gott sich wiederholt.«
»Meine Freundin aus Prato … Milena, erinnerst du dich an sie?«, fuhr sie fort, und er hörte, wie sie in einen Keks biss.
»Rosa, ich kann nicht lange mit dir telefonieren.«
»Sie hat
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