Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
mir diese Cantuccini aus Prato mitgebracht und Mandelplätzchen.«
»Rosa …«
»Ich hebe dir welche auf, mein großer Bär, keine Sorge. Aber komm nicht heute Abend, ich habe einige Freundinnen zum Essen eingeladen, und wir wollen keine Männer dabeihaben.«
»Rosa, stopp mal kurz.«
»Was ist los?«
»Ich kann nicht so lange mit dir telefonieren. Meine Sachen sind völlig durchnässt, und ich muss schnell nach Hause, um mich umzuziehen.«
»Oooch …«
»Mir geht’s nicht gut, ich glaube, ich habe Fieber.«
»Ach komm, du hast doch nie Fieber. Möchtest du wissen, was ich zu essen mache?«
»Ich ruf dich nachher an«, sagte Casini und legte auf, ohne ihr Zeit für eine Antwort zu lassen. Es ging ihm immer schlechter. Als er die Treppe hinunterging, hielt er sich am Geländer fest wie ein alter Mann. Ispettore Silvis kam ihm entgegen, und der Kommissar sagte ihm, dass er nach Hause gehe, um sich umzuziehen.
»Geht es Ihnen auch gut, Dottore?« Silvis betrachtete ihn aufmerksam.
»Ausgezeichnet … Wie einem Regenwurm, den jemand mit dem Schuh zertreten hat.«
»Wenn ich das sagen darf, meiner Meinung nach haben Sie hohes Fieber.«
»Ach was, vielleicht ein bisschen Temperatur«, knurrte Casini, doch er wusste, dass es nicht stimmte.
»Haben Sie von der Bombe gehört?«
»Welche Bombe?«, fragte Casini.
»Ein anonymer Anruf … Eine Bombe am Busbahnhof. Die Sprengmeister sind auch unterwegs.«
»Das wird der übliche Idiot sein.« Casini setzte seinen Weg fort, und als er in den Hof kam, fühlte er sich wie unter einem Wasserfall. Er hielt sich den Schirm so dicht über den Kopf wie einen Hut und schleppte sich bis zu seinem Käfer. Ungeachtet seines Fiebers und des strömenden Regens fuhr er los. Das Rauschen überdeckte beinahe das Motorgeräusch, und unter den Rädern spritzte das Wasser heftig hoch. Er fühlte sich miserabel. Die Knochen taten ihm weh, er zitterte vor Kälte, und seine Nase lief. Ganz sicher würde er morgen nicht zur Gedenkfeier gehen können. Vielleicht hatte er sich ja die Grippe geholt, um den Feierlichkeiten zum 4. November zu entgehen.
Er fuhr weiter im ersten Gang Richtung Zentrum. Die Scheibenwischer waren absolut nutzlos, und er konnte seinen Weg nur fortsetzen, weil er ihn genau kannte.
Während er am Arno entlangfuhr, fielen dicke Schlammbrocken auf seine Windschutzscheibe, die der Regen jedoch sofort wegspülte. An den Brüstungen am Ufer standen zahlreiche Menschen mit Regenschirmen, die den Fluss beobachteten. Seine Vernunft riet ihm, nicht auszusteigen und noch einmal nass zu werden, sondern direkt nach Hause zu fahren, um sich dort eine Brühe zu kochen, aber er wollte sich dieser blöden Erkältung nicht geschlagen geben. Im Krieg hatte er auf Wiesen, in Ställen, im Schnee geschlafen, da konnte ihn doch so ein bisschen Temperatur nicht schrecken. Er parkte seinen Käfer mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig und stieg aus, den Regenschirm dicht über dem Kopf. Während er sich mit einer Hand die Nase abwischte, stellte er sich an den Arno. Es war eine Szene wie aus der Apokalypse. Massen trüben Wassers schwappten heftig gegen die Brückenpfeiler, und ihr Rauschen war so laut wie eine ganze Fliegerstaffel. Das Wasser reichte so nah an die Brüstung, dass man es beinahe hätte berühren können. Aber das war noch lange kein Anlass zur Sorge. So etwas war schon früher vorgekommen, und die Florentiner waren daran gewöhnt. Vielleicht würden einige kleinere Flüsse im Umland über die Ufer treten und ein paar Hektar Land überspülen. Und in zwei Tagen wäre alles wieder beim Alten.
Casini stieg wieder in seinen Wagen, dann überquerte er den Ponte alla Carraia und fuhr weiter bis zur Via del Campuccio. Er hielt kurz vor Bottas Haus an, aber dort brannte immer noch kein Licht. Mit klappernden Zähnen setzte er sich wieder in Bewegung und fühlte sich erleichtert. Ihm war im Moment überhaupt nicht danach, in die Via Luna zu fahren, doch wäre Botta da gewesen, hätte er der Versuchung nicht widerstehen können.
Casini stellte den Wagen vor dem Haus ab und ging hinein. Er stieg die Treppe hinauf, wobei er tropfte wie ein Baum nach einem Gewitter und seine Nase lief. Endlich war er im Trockenen. Er war selten so froh gewesen, nach Hause zu kommen. Er ließ sich ein Bad ein und tauchte in das heiße Wasser, in der Hoffnung, dadurch die unangenehmen Fieberschauer loszuwerden. In einer Ecke oben an der Decke hing ein Spinnennetz, das er betrachtete. So blieb er
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