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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Streichholzschachtel mit dem Kennzeichen des Jaguars heraus: FI176090 . Was so ein Wagen wohl kostete? Casini zündete sich eine Zigarette an, die er am offenen Fens ter rauchte, um Piras’ empfindlichen Geruchssinn nicht über Gebühr zu quälen. Am Himmel zog eine dichte, spärlich vom Mondschein beleuchtete Wolkenherde vorbei. Er sah Eleonora vor sich, wie sie vor Kälte zusammengerollt unter vielen Decken schlief und völlig ahnungslos war, was für Gefühle sie in einem Kommissar kurz vor dem Ruhestand ausgelöst hatte …
    Piras klopfte und öffnete gleich darauf die Tür.
    » Ciao, Piras, ich komme gleich zur Sache. Ich will wissen, wie dieser Herr heißt, was er tut, wo er wohnt und ob er vorbestraft ist«, erklärte Casini und gab dem Sarden die Streichholzschachtel mit dem Autokennzeichen.
    »Wann brauchen Sie das?«
    »Morgen Vormittag genügt.«
    »Kein Problem.«
    »Ich gehe jetzt nach Hause und lege mich ein paar Stunden aufs Ohr.«
    NACH FÜNF TAGEN DRAMATISCHER AGONIE IN FLORENZ UND UMGEBUNG GELANGEN DIE ERSTEN LEBENSMITTEL ZU DEN FLUTOPFERN, DIE SICH AUF DIE DÄCHER GEFLÜCHTET HABEN
    Casini warf die Zeitung auf den Schreibtisch, ließ sich gähnend gegen die Rückenlehne seines Stuhls fallen und las Piras’ mit der Maschine geschriebenen Bericht:
    Moreno Beccaroni, geboren am 9. Juli 1922 in Florenz. Seit 1952 Mitglied der Anwaltskammer. Wohnhaft: Via di Santa Maria a Marignolle 96B. Kanzlei: Via dei Servi 50. Verheiratet seit 1947 mit Maria Migliorini. Eine Tochter mit Namen Claretta, geboren 1949. Trennung 1953. 1955 Anzeige wegen sexueller Belästigung eines Minderjährigen (ein gewisser Gualtiero Cioni, geboren 1939), während des Ermittlungsverfahrens entlastet, da die Anzeige zurückgezogen wurde. Das ist bis jetzt alles. Piras
    »Sieh einer an …«, murmelte Casini und starrte auf das Blatt. Die sexuelle Belästigung gab ihm zu denken. Wahrscheinlich war der Anwalt ein Freund Panerais, und der Metzger hatte eine Telefonrechnung in dem Wald verloren, wo man die Leiche des ermordeten Jungen gefunden hatte. Diese Spur war nur hauchdünn, trotzdem hatte er keineswegs vor, sie außer Acht zu lassen, denn eine andere hatte er nicht. Er rauchte eine Zigarette und dachte nach. Beccaroni kannte sowohl Gattacci als auch Panerai. Diese beiden waren Ewiggestrige, und wenn man Rückschlüsse aus dem Namen seiner Tochter ziehen durfte, musste auch der Anwalt sich nach dem Faschismus zurücksehnen. Also konnte man mit Fug und Recht annehmen, dass zwischen den drei Männern eine Verbindung bestand, daran war nichts merkwürdig. Aber die sexuelle Belästigung stand auf einem anderen Blatt. Entlastet oder nicht, der Schatten dieser Anzeige lastete auf Beccaroni. Es war immer seltsam, wenn eine Anzeige zurückgezogen wurde … und oft steckte eine hübsche Summe Geld dahinter.
    Er musste herausfinden, ob die drei Freunde noch andere Gemeinsamkeiten hatten … ganz spezielle Gemeinsamkeiten. Das musste er versuchen, selbst wenn es einem Roulettespiel glich. In Panerais Vergangenheit gab es keine Hinweise, aber was war mit Gattacci? Über dessen Privatleben wusste Casini nichts. Aufgrund seiner Aktivitäten im Faschismus hatte Gattacci bestimmt deutliche Spuren in den Archiven des Staates und der Geheimdienste hinterlassen. Casini würde wohl wie gewöhnlich seinen Freund Pietro Agostinelli beim Nachrichtendienst SID , Spitzname Fleischkloß wegen seines Leibesumfangs, um einen Gefallen bitten müssen. Sie hatten einander seit Jahren nicht gesehen, dennoch telefonierten sie ab und zu miteinander, für einen kurzen privaten Gruß oder beruflich. Jetzt war es nach halb neun. Casini suchte die Nummer aus seinem Notizbuch heraus und rief in Rom an. Am anderen Ende antwortete ihm äußerst höflich, aber unterkühlt, eine Sekretärin.
    »Es tut mir leid, aber der Admiral ist in einer Besprechung.«
    »Wird es lange dauern?«
    »Das weiß ich nicht. Wenn Sie wollen, sage ich ihm, dass er Sie anrufen soll, sobald er Zeit hat.«
    »Ja, vielen Dank. Sagen Sie ihm, es sei äußerst dringend.«
    »Würden Sie mir bitte Ihren Namen noch einmal nennen?«
    »Commissario Casini.«
    »Und Ihre Telefonnummer?«
    »Die kennt Pietro.«
    »Ich werde den Admiral in Kenntnis setzen. Auf Wiederhören, Commissario.«
    »Auf Wiederhören.« Er legte mit einem ungeduldigen Seufzer auf. Warten, immer musste man warten. Er ging im Zimmer auf und ab und ließ seinen Gedanken freien Lauf, um über die mögliche Bedeutung von zufälligen

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