Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman
eigentlich hatte er auch keine Bedenken, denn eine innere Stimme sagte ihm, dass Rovario aufrichtig gewesen war. Diese Ungeheuer würden nichts erfahren …
Jetzt hatte er sie schon als Mörder abgestempelt. Er musste sich bremsen, durfte sich nicht selbst etwas einreden … Doch er wurde das schreckliche Gefühl nicht los, dass er die Ungeheuer gefunden hatte, die Giacomo Pellissari vergewaltigt und umgebracht hatten. Er blies den Rauch zur Decke, versuchte, seine Gedanken neu zu ordnen, und überlegte, was jetzt zu tun war.
Piras kehrte nach ein paar Minuten mit einem maschinengeschriebenen Zettel in der Hand zurück, den er auf den Schreibtisch legte. Es waren die Informationen über das Kennzeichen des Peugeot. Das Fahrzeug war auf einen Gualtiero Sercambi angemeldet, geboren am 16. Februar 1922 in Parma, wohnhaft seit 1949 im Viale Michelangelo 12A. Keine Vorstrafen.
»Sagt dir der Name was?«, fragte Casini.
»Nein …«
»Geben wir die Beschattung von Gattaccis Wohnung auf, der hat sich nicht mehr blicken lassen. Überwachen wir lieber diesen Sercambi.«
»Was hat der Junge gesagt?«, fragte Piras und blickte angewidert auf den Qualm im Raum.
»Ich gebe dir eine kurze Zusammenfassung …« Casini erzählte, was er von Rovario erfahren hatte, und gestand Piras, dass er das Gefühl hatte, auf der richtigen Spur zu sein.
»Aber selbst wenn das die Mörder sind, wie sollen wir sie überführen?« Piras klang ungewohnt pessimistisch. Der Kommissar dachte ein paar Minuten nach, dann erhob er sich mit knacksenden Gelenken.
»Ich muss darüber schlafen, Piras. Wir sehen uns morgen früh.«
Auf dem Heimweg musste er ständig an die widerliche Party in der Via Bolognese denken. Waren das wirklich die Mörder? War das die Bande von Ungeheuern, die den kleinen Jungen umgebracht hatten? Hatte die Telefonrechnung, die er im Wald gefunden hatte, wirklich ein Wunder vollbracht? War dieser dumme Fetzen Papier wirklich der Faden der Ariadne, der ihn aus diesem Labyrinth herausführte? Was zum Teufel sollte er jetzt tun? Falls er wirklich die Ungeheuer gefunden hatte, brachte eine Überwachung vermutlich keine Resultate. Sie würden sich höchstens weiter Jungs im Park besorgen und mit ihnen Verstecken spielen … Und dann? Zu Hause konnten sie tun und lassen, was sie wollten. Vielleicht war Giacomo Pellissari nur ein zufälliges Opfer gewesen, und nach dem Mord würden die vier Freunde sich hüten, noch einmal so ein Risiko einzugehen. Es half nicht viel, sie zu beschatten, es sei denn, sie entführten noch ein Kind.
Trotz der neuen Entwicklungen musste er immer wieder an Eleonora denken. Wo sie wohl gerade war? Morgen musste er unbedingt die Zeit finden, nach ihr zu suchen. Plötzlich schlug er sich die Hand vor die Stirn … das Öfchen, verdammter Mist. Er hatte es schon wieder vergessen.
Als er über den Ponte della Vittoria fuhr, sah er einige Leute an der Brüstung stehen, die den Fluss betrachteten. Zwei Tropfen Regen hatten genügt, um wieder Angst auszulösen, dabei war der Stand des Arnos inzwischen so niedrig, dass man den Fluss fast nicht sehen konnte. Als er den Viale Petrarca erreichte, ließ er den Fiat 1100 wie üblich an der Stadtmauer stehen. Er lief durch die Dunkelheit, leuchtete sich mit der Taschenlampe den Weg und stellte erleichtert fest, dass die Bagger auch durch San Frediano gekommen waren. Einige Autowracks und Berge von Schutt waren abtransportiert worden.
Casini betrat das Haus, in dem er lebte, und ging hinauf zu seiner Wohnung. Zwanzig nach drei. Er war völlig erledigt und musste sich unbedingt hinlegen. Schwer atmend erreichte er den dritten Stock. Nachdem er die Wohnung betreten hatte, ging er sofort zum Schlafzimmer – und blieb dort überrascht stehen. In seinem Bett lag Eleonora und schlief, mit leicht geöffneten Lippen, die Haare auf dem Kissen ausgebreitet. Er wurde von so heftigen Gefühlen übermannt, dass er in die Küche flüchtete. Dort rauchte er im Dunkeln eine Zigarette und versuchte, sich zu beruhigen. Er hätte nie den Mut aufgebracht, ihr eine solche Überraschung zu bereiten, aus Angst, er könnte unerwünscht sein. Sie dagegen war unbekümmert einfach in die Wohnung gekommen und hatte sich ins Bett gelegt. So waren die Frauen von heute eben.
Plötzlich erschien ihm alles, wovon er vor kurzem kaum zu träumen gewagt hatte, ganz selbstverständlich. Sie schlief in seinem Bett, als müsse es so sein. Casini drückte die Kippe auf einem kleinen Teller aus und ging
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