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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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unglücklichen Menschen etwas zu geben, woran sie sich klammern konnten. Aber als er die Via Barbacane wieder hinunterging, war er sich wie ein Lügner vorgekommen.
    Der Polizeipräsident hatte Gift und Galle gespuckt und Casini unter vier Augen zusammengestaucht, er solle sich gefälligst anstrengen. Als ob er bislang nur Däumchen gedreht hätte, verdammt noch mal. Er wusste nicht, wo er anfangen sollte. Giacomo war hastig in einer nicht besonders tiefen Mulde verscharrt worden. Wer das getan hatte, hatte nicht darauf gehofft, die Leiche für immer verschwinden zu lassen, er wollte sie bloß loswerden. Vielleicht war es besser, dass der Junge tot war. Was wäre das denn für ein Leben gewesen, nach so einer traumatischen Erfahrung?
    Am Fundort hatte der Kommissar lange mit Piras in einem Umkreis von etwa fünfzig Metern rund um die Leiche nach irgendwelchen Spuren gesucht, aber bis auf ein paar leere Patronenhülsen hatten sie nichts gefunden. Zu allem Unglück hatte es beinahe die ganze Woche geregnet, und die dicke Schicht welker Blätter erleichterte die Suche auch nicht gerade.
    Schon vor einer Weile hatte Casini einige Streifenwagen nach La Panca geschickt, um die Einwohner zu befragen und um zu überprüfen, ob man die anderen Wege wirklich nicht befahren konnte. Vielleicht hatte der Jäger ja übertrieben.
    Er hoffte, dass irgendein Zeuge etwas Wichtiges gesehen hatte oder dass Diotivede etwas finden würde, was eine Wende in dem Fall brächte. Er hoffte es, aber im Grunde glaubte er nicht daran.
    »Lass mich eine rauchen, Piras.«
    »Kann ich ein Fenster aufmachen?«
    »Mach, was du willst, aber lass mich jetzt rauchen.« Er zündete sich eine Zigarette an, während der Sarde die Fensterflügel weit aufriss, als ob es Juli wäre. Es hatte wieder angefangen zu regnen.
    »Wir werden das schon hinkriegen, Commissario.«
    »Nicht einmal in deinem Alter war ich so optimistisch.«
    »Ich habe das im Gefühl …«
    »Wir bräuchten einen Wahrsager«, sagte der Kommissar, und bei diesen Worten kam ihm wieder Amelia in den Sinn. Morgen früh … hatte die Kartenlegerin gesagt, ehe sie in Schweigen versank. Um sich abzulenken, erzählte er seinem Assistenten das Erlebnis mit den Tarotkarten, und Piras gestattete sich ein Lächeln.
    »Als ich ein kleiner Junge war, gab es in Bonarcado eine Art Hexe. Man erzählte sich, dass sie jemanden aus großer Entfernung töten konnte, und wenn ich sie auf der Straße sah, bekam ich weiche Knie.«
    Durch das offene Fenster kamen immer wieder feuchte Windböen herein.
    »Ich würde gern etwas versuchen, Piras.«
    »Was denn?«
    »Erzählst du es auch bestimmt nicht weiter?«
    »Ich schwöre es, Dottore.«
    »Ich möchte mich noch einmal mit dieser Wahrsagerin unterhalten«, sagte Casini.
    »In unserer Lage ist es jeden Versuch wert …«
    »Vielen Dank für dein Verständnis.« Der Kommissar nahm den Telefonhörer ab und wählte Rosas Nummer in der Hoffnung, sie zu Hause anzutreffen.
    »Hallo?«, antwortete Rosa nach dem zehnten Klingeln.
    »Hallo Rosa, ich bin’s.«
    »Oh, heilige Jungfrau Maria, ich habe das mit dem Kind im Radio gehört … Was für eine schlimme Geschichte!«
    »Rosa, wie kann ich Amelia finden?«, unterbrach Casini sie.
    »Sie hatte es vorhergesehen. Erinnerst du dich, was sie gesagt hat?«
    »Wie kann ich sie finden, Rosa?«
    »O Gott, ich kann gar nicht klar denken … der arme kleine Giacomo.«
    »Rosa, sag mir jetzt bitte, wo ich Signora Amelia finden kann.«
    »Wer kann nur so etwas Schreckliches getan haben?«
    »Rosa, hörst du mich?« Endlich gelang es ihm, doch zu ihr durchzudringen, und er wiederholte, dass er so schnell wie möglich mit Amelia sprechen wollte.
    »Ich kann versuchen, sie anzurufen«, sagte Rosa und legte auf. Casini und der Sarde warteten schweigend, nur ab und zu schauten sie einander an. Als das Telefon klingelte, schreckten sie beide zusammen. Es war Diotivede.
    »Ich kann dir alles bestätigen: Der Verwesungsprozess hat höchstens vor drei Tagen eingesetzt. Tod durch Erwürgen, und davor wurde er missbraucht … Aber es war nicht nur ein Täter«, sagte der Arzt. Casini spürte einen Stich in der Magengegend.
    »Wie viele?«, fragte er und versuchte, ruhig zu bleiben.
    »Es waren mindestens drei. Und frag nicht, ob ich mir da sicher bin.«
    »Warum sagst du mindestens ? Normalerweise bist du genauer.« Casini sah zu Piras hinüber. Der Gerichtsarzt seufzte laut, bevor er ihm antwortete.
    »Wenn man die Spermaspuren untersucht,

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