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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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ernst.
    »Gefälscht?«
    »Der, der es gekauft hat, hält es für echt.«
    »Und wer ist dieser Glückliche?«
    »Ein Industrieller aus Mailand.«
    »Dann ist es kein Verbrechen«, meinte Casini und nahm einen großen Schluck Wein. Mit Industriellen aus Mailand, die gefälschte Guttusos kauften, empfand er kein Mitleid.
    »Und wer war der geniale Fälscher?«
    »Der sitzt vor Ihnen.«
    »Du?«, fragte Casini verblüfft.
    » C’est moi … Warum sind Sie so erstaunt?«
    »Ich wusste gar nicht, dass du malen kannst.«
    »Ich hatte auch schon mal eine Ausstellung, im Gefängnis von Gorgona.«
    »Dann kannst du vielleicht auch Klavier spielen oder Gedichte schreiben …«
    »Also, Gedichte habe ich noch nie geschrieben, aber manchmal spiele ich ein bisschen Geige. Noch Hunger, Commissario?«
    »Ich gebe mich ganz in deine Hände.«
    »Bin gleich wieder da«, sagte Botta und machte sich auf in die Küche. Er kehrte mit einer Bratwurstpfanne mit Bohnen zurück, und sie mussten noch eine Flasche Wein öffnen. Sie erzählten einander, wie sie den Tag verbracht hatten. Botta hatte einer Familie geholfen, den Schlamm aus ihrer Wohnung zu räumen, und sich erst einmal nicht um seine eigene gekümmert. Gegen Abend hatte er sich am Tankwagen für Wasser angestellt und sich auf die Suche nach etwas Essbarem gemacht.
    Sie beendeten ihr Mahl. Beide waren todmüde, aber hatten noch keine Lust, sofort schlafen zu gehen. Mit den Keksen und dem Vin Santo machten sie es sich auf dem Sofa gemütlich. Im Zwielicht der Kerzen bot die schwarze Silhouette des Fernsehers einen traurigen Anblick. Casini merkte, wie sehr er stank, und träumte von einer heißen Dusche.
    »Jetzt können Sie es mir erzählen«, meinte Botta.
    »Was?«
    »Warum Sie mich gesucht haben …«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass es nichts mehr nützt.«
    »Ich werde nicht schlafen können, wenn ich es nicht erfahre«, äffte Botta ihn nach.
    »Na ja, also, ich wollte dich bitten, eine Tür für mich zu öffnen.« Der Kommissar seufzte.
    »Endlich mal was Neues …«
    »Wenn man Brot will, geht man zum Bäcker.«
    »Ging es um die Sache mit dem ermordeten Kind?«, fragte Ennio. Casini nickte.
    »Das war meine letzte Chance, um eine Spur zu finden, irgendein Indiz … Falls es überhaupt eins gab. Jetzt werden wir es nie erfahren.«
    »Und wo ist diese Tür?«
    »In der Nähe der Piazza Beccaria, aber nun hat sich das Türenöffnen erledigt, das haben bereits die Wassermassen besorgt.«
    »Schade …« Botta war enttäuscht. Er hatte ein teuflisches Vergnügen daran, für den Staat Schlösser aufzubrechen.
    »Keine Angst, Ennio, du wirst sehen, früher oder später werde ich dich wieder brauchen.« Casini lächelte müde. Sie unterhielten sich über alles Mögliche, knabberten dazu Kekse und tranken den Vin Santo. Casini ging immer noch »seine« Verkäuferin durch den Kopf, aber er erwähnte sie nicht. Ennio dagegen ließ sich hinreißen und erzählte von seinem letzten Liebesabenteuer, eine Blondine um die vierzig, die Kassiererin in einem Supermarkt war. Er war ganz verrückt nach ihr gewesen, und auch sie schien sehr in ihn verliebt zu sein. Alles lief bestens. Doch nach einer Weile fing die Blondine an, sich zu beklagen, meinte, sie wären nicht füreinander geschaffen, sie wären zu verschieden … dass sie sich nicht verstehen würden, dass etwas fehlte …
    »Der übliche Mist, den die Frauen erzählen, wenn sie Schluss machen wollen.«
    »Das kenne ich nur zu gut.«
    »Wie auch immer, die Schlampe hat mich einfach fallengelassen«, schloss Botta seine Erzählung und schenkte sich noch einmal nach.
    »Denk nicht weiter daran, Ennio«, sagte Casini, den ihr gemeinsames Schicksal tröstete. Je länger sie tranken, desto mehr Erinnerungen gruben sie aus, bis sie in ihrer Kindheit angekommen waren. Botta nuschelte schon etwas, starrte mit halb geschlossenen Lidern die Decke an und lächelte vor sich hin.
    »Mein Vater kam das erste Mal wegen Zigarettenschmuggel in den Knast. Da war ich zwölf. Meine Mutter konnte mich nicht allein durchbringen, und so landete ich im Heim bei den Nonnen. Schon möglich, dass es wirklich Frauen waren, aber selbst die schönste von ihnen hatte noch einen Schnurrbart wie ein Carabiniere. Sie schlugen sich die Bäuche voll, und uns gaben sie bloß Brühe dünn wie Spülwasser. Diese Bräute des Herrn schwärmten alle wie sie da waren für den Duce. Betet für den Duce, sagten sie immer … Der Duce hat Italien vor den ungläubigen

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